Media Service: Heute in der Handelszeitung vom Mittwoch, 28. Januar 2009
Zürich (ots)
Grossbank UBS: Konzernspitze will radikalen Umbau Die Konzernspitze der UBS will mit einem radikalen Umbau der Grossbank endlich den ersehnten Boden unter den Füssen erreichen: Die UBS soll sich von der Vision eines globalen Finanzmulti verabschieden und zu ihren Wurzeln zurückfinden - zurück zum Heimmarkt Schweiz mit einem starken Retailgeschäft und einer rentablen Vermögensverwaltung für eine kapitalstarke, rund um den Globus verteilte Privatkundschaft. Das haben Recherchen der "Handelszeitung" in Führungskreisen der Grossbank ergeben. Zwei voneinander unabhängige Quellen mit Kenntnissen der Geheimpläne berichten der "Handelszeitung" weiter, dass das verlustreiche Investment Banking und das Asset Management, das unter Vermögensabflüssen leidet, zu Zulieferern des Stammhaus degradiert würden. Damit stünde die UBS neu schwergewichtig auf zwei Schweizer Säulen. Darüber hinaus wird die zweite UBS-Führungsriege, das 60-köpfige Group Managing Board, abgeschafft. Auf Anfrage will UBS-Sprecher Christoph Meier die Pläne nicht kommentieren und gibt den Status Quo wieder: "UBS konzentriert sich unverändert auf ihre Kerngeschäfte - die weltweite Vermögensverwaltung, das Privat- und Firmenkundengeschäft in der Schweiz, das institutionelle Anlagegeschäft sowie das Investment Banking. Die Geschäfte werden in eigenständigen Divisionen geführt." UBS habe erst am 12. August angekündigt, dass die Divisionen einen erweiterten operativen Entscheidungsspielraum und verstärkte Ergebnisverantwortung erhielten. Zu möglichen Umbauplänen an der Konzernspitze wollte sich Meier nicht äussern.
Bundesrat Hans-Rudolf Merz: "Nicht in Regulierungswut verfallen" "Wir müssen uns auf unsere eigenen Kräfte besinnen und nicht sämtliches Heil vom Staat erwarten", warnt der Schweizer Bundespräsident im "Handelszeitung"-Interview. "Wir dürfen uns nicht lähmen lassen." Bei allem Realismus dürfe man jetzt nicht in Schwarzmalerei verfallen. Für die Schweiz seien die Voraussetzungen, die Krise zu überstehen und den Aufschwung zu schaffen, nicht schlecht. "So sorgen etwa die tiefe Teuerung im Verbund mit den in weiten Kreisen der Wirtschaft gewährten Lohnerhöhungen und den vom Bund beschlossenen Steuersenkungen dafür, dass 2009 mehr Geld ausgegeben werden kann." Merz räumt ein, dass der Staat im Finanzmarktbereich eine aktivere Rolle wahrnehmen müsse. "Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit erfordert globale, für alle Player gleichermassen verbindliche Spielregeln." Gleichzeitig betont er: "Wir müssen aufpassen, dass wir wegen eines Versagens des Marktes nun nicht in Regulierungswut verfallen." Zur Kritik am Entscheid der Finanzmarktaufsicht über die UBS-Boni wollte sich Merz nicht äussern.
Schweizerische Nationalbank: UBS-Ramschtitel kontaminieren SNB Zum Milliardenverlust der Schweizerischen Nationalbank (SNB) kommt noch die Bürde mit den "toxischen Papieren" der UBS. Die Auffanggesellschaft für die Ramschpapiere der UBS ist in den provisorischen Zahlen der SNB nicht konsolidiert. Die SNB hat per 30. September 2008 von der UBS Risikopositionen im Wert von rund 31 Mrd Dollar sowie zusätzliche Schuldinstrumente von 18 Mrd Dollar übernommen. Ob die Notenbank die Papiere quartalsweise abschreiben muss, liess SNB-Sprecher Werner Abegg gegenüber der "Handelszeitung" offen. "Aus rechtlicher Sicht muss die SNB die normalen Rechnungslegungsstandards anwenden", sagt Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht der Universität Bern. Damit müsse sie in jedem Quartal Abschreibungen vornehmen. Die SNB-Aktie hat seit Mitte Oktober fast 30% verloren. Laut Abegg steht eine Dekotierung nicht zur Diskussion. "Der Handel mit der SNB-Aktie ist transparent. Und die SNB ist mit einer Publikumsaktie besser verankert in der Bevölkerung."
Actelion-CEO Jean-Paul Clozel: "Der Actelion-Kurs spiegelt unsere Erfolge ungenügend" Im Interview mit der "Handelszeitung" gab sich Jean-Paul Clozel mit dem Verlauf der eigenen Aktie unzufrieden. Das Potenzial des Unternehmens zeige sich darin nicht: "Allein wenn Tracleer auch gegen Lungenfibrose wirkt und die Phase III Studien mit Clazosentan sowie Almorexant und Actelion 1 in den Studien gut abschneiden, könnte sich unser Gesamtwachstum verdoppeln oder verdreifachen." Hintergrund der Unzufriedenheit mit der äusserst erfolgreichen Aktie ist die anhaltende Sorge, das Unternehmen könnte angesichts der relativ günstigen Bewertung übernommen werden. "Ein Kauf unseres Unternehmens wäre klar nicht im Interesse der Aktionäre", sagt er.
Von Roll: Industriezulieferer steigt ins Solargeschäft ein Hinter den Kulissen laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren: Am 19. Dezember 2008 liess Von-Roll-VR-Präsident und CEO Thomas Limberger im Handelsregister die «Von Roll Solar AG" mit Sitz im solothurnischen Breitenbach eintragen. Firmenzweck ist die "Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von Materialien zur Gewinnung von elektrischer Energie aus Sonnenstrahlen", heisst es im Handelsregister. Von-Roll-Sprecher Sven Ohligs will die Pläne der Solar-Firma nicht öffentlich machen. Recherchen der "Handelszeitung" haben ergeben, dass Von Roll Solar als Industriepartner mit einer neuartigen, bedruckbaren Solarfolie als kostengünstiger Energiequelle an den Markt gelangen will. Von einem internationalen Wissenschaftlerteam entwickelt, eignet sich das mit einer einfachen Siebdruckmaschine herstellbare, nur 2 mm dünne Solarmodul vor allem für grossflächige Anwendungen - etwa an Gebäudefassaden oder für Solarparks. Das neue Produkt stösst laut einem Unternehmenskenner bereits auf grosses Interesse: Es lägen bereits "Kundenanfragen in Gigawatt-Höhe" vor.
AFG-Chef Edgar Oehler: "Wir werden uns angenehm abheben" Der Chef des Bauausrüsters AFG Arbonia-Forster ist im Interview mit der "Handelszeitung" überzeugt, dass sich seine Firma trotz der Probleme in den industriellen Sparten (Stahltechnik und STI Hartchrom) angenehm von den Mitbewerbern abheben wird. In den angeschlagenen Bereichen werden bis Frühling die Überzeiten abgebaut. "Unser Ziel ist es, Entlassungen wenn möglich zu vermeiden", so Oehler. Von sogenannten Low-Performern will er sich aber trennen. Dank neuen Beschichtungsverfahren und neuen Kundensegmenten soll in den industriellen Sparten der Umsatz mindestens stabilisiert werden. Positive Impulse für die Baubranche und damit auch für AFG verspricht sich Oehler von den staatlichen Konjunkturförderprogrammen.
Valora-CEO Thomas Vollmoeller: "Wir bauen den Kiosk radikal um" Der CEO von Valora will die Kioske verkleinern und sich auf die drei Kernsortimente Tabak, Presse und Lotto konzentrieren. Die grossen Kioske in der Schweiz will er zum Teil in Buch- und Presseläden umbauen: "Das deutsche Modell 'Presse und Buch' wollen wir auch in der Schweiz einführen", sagt er im Interview mit der "Handeszeitung". Im März soll der erste Laden hierzulande eröffnet werden. "Auf 150 Quadratmetern sollen die Leute Raum und Zeit haben, um in Büchern und Presseartikeln zu stöbern." Die Läden sollen an Flughäfen und Bahnhöfen installiert werden und Bestseller, Taschenbücher, Comics und Manga führen. Die Convenience-Shops Avec will Vollmoeller auch in Deutschland einführen. 2009 erwartet er eine leichte Margenverbesserung. "Den grossen Sprung im Ergebnis werden wir erst 2010 erreichen mit einer Ebitmarge von rund 3%."
Detailhandel I: Schweiz bleibt trotz neuen Mitbewerbern eine Hochpreisinsel Der bevorstehende Markteintritt des deutschen Harddiscounters Lidl nährt bei den Schweizer Konsumenten die Hoffnung auf sinkende Preise. Doch Branchenkenner rechnen nicht damit, dass die Hochpreisinsel Schweiz in den nächsten Jahren geknackt wird, wie Recherchen der "Handelszeitung" zeigen: "Ausländische Unternehmen suchten nicht immer den Preiswettbewerb, sie sahen auch die hohe Kaufkraft in der Schweiz und wollten diese nutzen", sagt Peter Balastèr, Ressortleiter im Seco. Eine volle Preisangleichung ans Ausland werde es kaum geben. Promarca-Direktorin Anastasia Li-Treyer glaubt, dass Aldi und Lidl selbst bei einem Marktanteil von 5% die beiden Grossverteiler nicht ins Schwitzen bringen werden, weil die deutschen Discounter nur ein sehr limitiertes Sortiment anbieten.
Detailhandel II: Aldi und Lidl klopfen bei Max Havelaar an "Aldi und Lidl sind auf uns zugekommen", bestätigt Martin Rohner, Geschäftsleiter der Max Havelaar Stiftung, gegenüber der "Handelszeitung". Noch sei nichts entschieden. "Aber wir sind grundsätzlich offen gegenüber allen Marktpartnern." Für Max Havelaar seien die Verkaufsvolumen entscheidend und die Wirkung, die damit im Süden erzielt wird. "Wir zertifizieren mit unserem Gütesiegel Produkte und nicht Unternehmen", meint Rohner. Trotzdem prüft die Stiftung auch das Umfeld ihrer Geschäftspartner.
Cablecom: Keine Entwarnung an der Jobfront Entgegen der im Dezember gemachten Ankündigung von Cablecom, Ende Januar sei klar, wie hoch der Personalabbau ausfallen werde, herrscht für viele Mitarbeiter nach wie vor Unsicherheit. Weitere 50 Angestellte müssen noch mit der Kündigung rechnen. Cablecom-Sprecher Hans-Peter Nehmer erklärt der "Handelszeitung": "Aus Mitarbeitersicht gibt es tatsächlich keine Entwarnung. In einer zweiten Phase stehen noch einmal 50 Stellen zur Disposition." Wann entschieden werde, wie viele Mitarbeiter insgesamt entlassen würden, sei noch offen. Gut voran kommen die Cablecom-Eigner dagegen mit ihrer Suche nach einem neuen Chef für die Schweizer Tochter. Nach Informationen der "Handelszeitung" sind drei Kandidaten in der Endauswahl. Noch vor der Präsentation des Jahresergebnisses Ende Februar, so das interne Ziel, soll der Nachfolger von Rudolf Fischer bekannt gegeben werden können.
Komplementärwährungen: WIR-Geld erlebt eine Renaissance Im Zuge der Finanzkrise lancieren gemäss dem Washingtoner Think Tank, Worldwatch Institute, unzählige Private und Gemeinden eigene Komplementärwährungen, um die Wertschöpfung in ihrer Region zu bewahren. In der Schweiz sind beispielsweise das WIR-Geld, Reka-Geld und der Basler Bon-Netz-Bons hoch im Kurs. Das WIR-Geld wurde während der Depression 1934 von KMU gegründet, um sich gegen die Geldverknappung zu wehren. Heidi Lehner, Komplementärwährungsexpertin vom Zürcher Money Museum, sagt der "Handelszeitung": "Seit der Finanzkrise nehmen wir eine erhöhte Nachfrage nach konkreten Projekten wahr. Die Menschen sind verunsichert und suchen vor allem im sozialen und kulturellen Bereich nach neuen Wegen, die nötigen finanziellen Ressourcen bereitzustellen."
Angst und Management: Die Furcht des Kapitäns vor dem Eisberg Auch in guten Zeiten sind Ängste unter Führungskräften verbreitet, werden jedoch verschwiegen. Seit Jahren geben sich Chefs als souveräne Kapitäne ihres Unternehmensschiffes, die die Lage jederzeit voll im Griff haben. In der Wirtschaftskrise haben sich die Bedingungen für Chefs geändert, der Ausblick ist getrübt. Weise und weitsichtig zu führen erweist sich nun als doppelt schwierig; schon bestehende Probleme spitzen sich zu, die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit vertieft sich. Der Umgang mit Angst und Problemen hängt stark von der individuellen Persönlichkeit einer Führungskraft ab. Wer über ein soziales Netz verfügt und noch andere als materielle Inhalte hat, akzeptiert Ängste eher und verarbeitet Niederlagen besser als Schönredner, Verdränger und Selbstverliebte.
Lean-Methoden: Schlank und effizient durch die Krise Eine neue Studie des Beratungsunternehmens Abegglen Management Consultants belegt: Wer Lean-Methoden konsequent anwendet, ist wirtschaftlich erfolgreicher. In der Studie wurden rund 800 europäische Unternehmen aus Industrie, Dienstleistungssektor und Verwaltung detailliert zu Zweck, Nutzen und Anwendungsbereichen von Lean Management befragt. Es handelt sich um die grösste zu diesem Thema in Europa durchgeführte Studie. Was heisst überhaupt "lean"? Unter Lean ist ein umfassendes Führungskonzept zu verstehen, das jede Form von Verschwendung und Fehlern vermeidet. Fazit der Studie: Der Zusammenhang zwischen Lean-Methoden und Erfolg ist nachweisbar. Die Nachfrage nach entsprechender Beratung dürfte deshalb auch in Krisenzeiten tendenziell wachsen.
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"Handelszeitung" Zürich. Tel: 043 444 59 00