Media Service: Heute in der Handelszeitung vom 25. Februar 2009
Zürich (ots)
Ex-Botschafter Thomas Borer: "Risiko von Klagen gegen andere Schweizer Banken besteht" Der frühere Botschafter und Chef der Taskforce "Schweiz-Zweiter Weltkrieg" warnt davor, dass nach der UBS auch andere Banken - etwa die CS - von den USA mit Klagen eingedeckt werden könnten. "Das Risiko besteht. Die UBS war eine natürliche Zielscheibe, weil sie ohnehin unter Reputationsproblemen litt", sagt Borer im Interview mit der "Handelszeitung". Aber es geht den Klägern nicht um eine einzelne Bank, sondern um ein Signal an alle Banken: Helft US-Bürgern nicht bei Steuerhinterziehung oder -betrug."
Privatbankiers sind uneinig über Vorgehen Der Kniefall der Schweizer Regierung vor den USA habe Signalwirkung für die europäischen Länder. "Wir dürfen keine einseitigen Zugeständnisse machen", sagt Michel Dérobert, Geschäftsführer der Vereinigung der Schweizerischen Privatbankiers, gegenüber der "Handelszeitung". "Der Erste, der sich bewegt, hat verloren." Voreilige Vorschläge von Seiten der Schweizer Regierung würden von den anderen Staaten als gegeben hingenommen, um dann in den Verhandlungen mehr zu verlangen. Anders sieht dies Jacques Rossier, Partner von Lombard Odier, der im Leitenden Ausschuss Internationaler Finanzplatz Schweiz (LAIF) der Bankiervereinigung die Interessen der Privatbanken vertritt: "Wir müssen uns auf eine realistische Rückzugslinie einigen." Nein zum automatischen Informationsaustausch, den die grossen EU-Staaten anstreben, dafür Ja zur Amtshilfe auch bei Steuerhinterziehung. "Diesen Weg geht Liechtenstein mit den USA, er könnte auch uns helfen."
Finanzmarkaufsicht: Bürgerliche Politiker fordern Klärung Sie ist noch nicht einmal zwei Monate tätig - und schon überholt. Würde man die Eidgenössische Finanzmarkaufsichtsbehörde (Finma) heute schaffen, sähe sie nach Meinung von Nationalrat Pirmin Bischof, dem finanzpolitischen Sprecher der CVP-Fraktion, ganz anders aus. "Weil die Allfinanzidee, die eine Konzentration der Aufsichten zur Folge hatte, mittlerweile gestorben ist, würde man die Regulierung von Banken und Versicherungen nicht mehr unter einem Dach zusammenfassen", meint Bischof gegenüber der "Handelszeitung" und verweist auf England und die USA. Dort werden Banken und Versicherungen weiter getrennt kontrolliert. "Was es in der Finma braucht, sind klar mehr Kompetenz und praktische Erfahrung auf dem Finanzplatz", sagt Nationalrat Hans Kaufmann, finanzpolitischer Experte der SVP. Zudem müsste man die strategischen und operativen Kompetenzen in der Finma klarer als heute voneinander trennen. Bischof hält es überdies für dringend nötig, die Rolle der Finma zu klären: "Agiert sie nun als Anwalt der Kunden, wie es ihre Aufgabe ist, oder ist sie jetzt der Anwalt der Steuerzahler, was sie seit dem UBS-Entscheid vom vergangenen Oktober macht?" Für letztere Rolle sei die Finma überhaupt nicht gerüstet, kritisiert Bischof.
Unternehmenssteuern: Bund und Kantone rechnen mit Ausfällen in Milliardenhöhe Wegen der Finanzkrise erwarten die Kantone Steuerausfälle in der Höhe von total mehreren Milliarden Franken. Das zeigt eine "Handelszeitung"-Umfrage beim Bund und bei allen kantonalen Finanzdirektionen. Allein UBS und CS haben für 2008 über 11 Mrd Fr. Steuergutschriften verbucht, die sie in den nächsten Jahren abtragen können. Bis sie dem Fiskus wieder einen Obolus abliefern, dürften Jahre vergehen. Für den Bund und das Finanzzentrum Zürich bedeutet dies Ausfälle bei den Unternehmenssteuern in der Höhe von 3 Mrd Fr. Das lässt sich aus den aktuellen Zahlen der eidgenössischen Steuerverwaltung ableiten. Steuerausfälle verursachen auch die übrigen Unternehmen, die aufgrund der Krise weniger oder keine Gewinne schreiben. Insgesamt erwarten die kantonalen Finanzdirektionen für 2009 und 2010 Ausfälle in Milliardenhöhe. "Für 2009 erwarten wir Steuerausfälle von 100 Mio Fr., die ab dem Jahr 2010 weiter ansteigen werden", sagt etwa Patricia Kettner, Sprecherin des Aargauer Finanzdepartements. Besonders massiv einbrechen dürften die Unternehmenssteuern. Auch im Kanton Bern werden die Steuereinnahmen 2009 um rund 100 Mio Fr. schwinden. Bis 2012 rechnet die Berner Regierung mit Mindererträgen von 300 Mio Fr. Deshalb wird die Regierung laut Gerhard Engel von der Berner Finanzdirektion über die Bücher gehen. Für 2009 erwarten die Kantone Zürich, Schwyz, St. Gallen, Basel-Land, Neuenburg und Tessin ein Defizit. Alle übrigen Finanzdirektoren rechnen - noch - mit schwarzen Zahlen.
PostFinance-CEO Jürg Bucher: Bereit für Einstieg ins Kreditgeschäft Während der Vertrauensverlust in die Grossbanken die Befürworter einer Banklizenz für die Postbank weiter stärkt, bereitet PostFinance-CEO Jürg Bucher den Einstieg ins Kreditgeschäft vor, wo er sich mit attraktiven und wettbewerbsfähigen Angeboten landesweit positionieren will. PostFinance wolle nicht die Rolle einer Grossbank übernehmen. "Aber wir könnten mithelfen, die Abhängigkeit der KMU von den Grossbanken zu reduzieren", sagt Bucher der "Handelszeitung". Konkurrent und Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz warnt vor Risiken einer Postbank: "Ich bezweifle, dass es für den Steuerzahler sinnvoll ist, für den grössten Teil der Banken in der Schweiz zu haften."
Pensionskassen: Mehr Konkurse wegen Sanierungen Wegen den schweren Börsenverluste droht 2009 vielen Pensionskassen die Sanierung. Das haben Recherchen der "Handelszeitung" ergeben. Die kostspieligen Massnahmen könnten die Kassen und Arbeitgeber jedoch überfordern: "Es ist gut möglich, dass wir vermehrt mit Anfragen für Insolvenzleistungen konfrontiert werden", sagt Daniel Dürr, Geschäftsführer des Sicherheitsfonds BVG. Der Sicherheitsfonds garantiert die gesetzlichen BVG-Leistungen für Versicherte im Falle einer Insolvenz der Kasse oder des Arbeitgebers.
Swiss-Life-CEO Bruno Pfister: "Wir bleiben selbständig" "Unsere Strategie ist richtig und wir sind auf dem richtigen Weg", sagt Bruno Pfister, Chef des Lebensversicherers Swiss Life, im "Handelszeitung"-Interview. Da der Konzern gut aufgestellt sei, geht Pfister davon aus, dass Swiss Life selbstständig bleibe. Die eingeleiteten Massnahmen zur Stärkung der Bilanz genügten. Zudem werde Swiss Life vom wachsenden Bedarf an finanzieller Vorsorge überdurchschnittlich profitieren.
Starrag-Heckert-CEO Frank Brinken: "Bis im Juni arbeiten wir Überzeit" Frank Brinken, CEO des Maschinenbauers Starrag Heckert, ist für 2009 optimistisch. Er geht davon aus, den Umsatz bei 300 Mio Fr. und damit auf Vorjahresniveau halten zu können. Gelingt dies, dürfte auch die Ebit-Marge zweistellig bleiben, sagt Brinken im Interview mit der "Handelszeitung". Im 1. Halbjahr 2009 wird Starrag Heckert noch damit beschäftigt sein, den Auftragsbestand, der sich derzeit auf 200 Mio Fr. beläuft, termingerecht abzuarbeiten. "Das beschäftigt uns bis im Juni. Bis dahin arbeiten wir Überzeit", sagt Brinken. In den nächsten Monaten erwartet der CEO erste Dämpfer beim Bestellungseingang, vorwiegend im Transportbereich und Maschinenbau. Positive Signale empfängt Brinken dagegen aus der Luft- und Raumfahrtindustrie sowie aus dem Energiesektor, den beiden anderen Kerngeschäften von Starrag Heckert. "Das lässt uns hoffen, dass es uns in diesen beiden Segmenten nicht so stark erwischt", erklärt Brinken.
Meyer-Burger-CEO Peter Pauli: "2009 wird ein hartes Jahr bleiben" Der CEO des Spezialsägenherstellers Meyer Burger muss wegen Verschiebungen von Lieferungen Kurzarbeit einführen. Dennoch sieht Peter Pauli auch Positives: "Die weltweiten Konjunkturpakete mit Investitionen in die Infrastruktur sind für uns klare Lichtblicke." Bereits im 2. Halbjahr 2009 sollen die Auswirkungen für sein Unternehmen spürbar sein, sagt Pauli im Interview mit der "Handelszeitung". Von der Politik wünscht er sich aggressivere Zielsetzungen in Bezug auf erneuerbare Energien.
Mobilfunk: Gerangel um Handy-Antennen Noch bis Ende Februar läuft die Anhörung für die Revision der Verordnung, welche die Mobilfunkstrahlung festlegt. Nicht gesetzlich geregelt ist bisher die Frage, ob Antennen auf benachbarten Gebäuden den Anlagegrenzwert je für sich allein oder gemeinsam einhalten müssen. Je mehr Antennen im Umfeld eines Sendemastes mitgerechnet werden, desto tiefer darf die einzelne Antenne noch strahlen. Swisscom-Sprecher Sepp Huber erklärt: "Seit 1999 hat sich eine verschärfte Praxis etabliert: Als Anlage werden alle Antennen aller Betreiber auf demselben Mast oder Dach sowie in einer Distanz betrachtet, die bis 100 m weit reichen kann. Damit wird die ursprüngliche Zielsetzung untergraben." Auch Michael Burkhardt, Mobilfunkexperte bei Sunrise, sagt: "Der Anlagegrenzwert sollte eigentlich für die Immissionen einer einzelnen Anlage gelten. Nun sind aber in einigen Fällen auch Antennen der Konkurrenz, die hundert Meter entfernt stehen, zu berücksichtigen. Dies kommt einer indirekten Verschärfung gleich." Und Orange-Sprecherin Therese Wenger ergänzt: "Der gleich durch mehrere Antennen einzuhaltende Anlagegrenzwert wird faktisch zu einem strengeren Immissionsgrenzwert für eine Antennengruppe 'umfunktioniert'."
Hotelleriesuisse-Präsident Guglielmo Brentel: "Luxushotellerie würde auch ohne Mäzene funktionieren" Wie stünde die Schweizer Luxushotellerie ohne finanzkräftige einheimische Investoren da? Darauf antwortet Guglielmo Brentel, Präsident des Verbands Hotelleriesuisse: "Da sich nur ein kleiner Anteil der Luxushotels in den Händen von Schweizer Investoren befindet, würde es auch ohne Mäzene funktionieren." Die "Handelszeitung" befragt im Gegenzug Schweizer Milliardäre wie Urs E. Schwarzenbach und Thomas Straumann, warum sie sich trotzdem engagieren. Thomas Schmidheiny, Hauptaktionär des Grand Resort Bad Ragaz, erklärt stellvertretend: "Das Engagement ist eine auf nachhaltigen Ertrag angelegte Investition."
Patchworker: Mehrgleisig fahren will wohl überlegt sein Fester Job, garantierter Lohn, Sicherheit - davon haben sich Patchworker verabschiedet. Sie bestreiten ihren Lebensunterhalt aus mehreren Einkommensquellen, kombinieren oft Teilzeitjobs mit freiberuflicher oder selbstständiger Arbeit auf Honorarbasis. Wer sich als Selbstständiger einen Namen schaffen will, braucht aber Ausdauer und Durchhaltewillen. Zudem muss man die Erkenntnis verkraften, dass der Markt nicht auf einen gewartet hat. Sich abgrenzen, nicht rund um die Uhr schuften und sich nicht aufreiben lassen - das sind die heiklen Punkte des geteilten Arbeitsmodells. Wer Patchworker werden will, sollte unbedingt abklären, welche Konsequenzen die neue Arbeitsform hat. Sonst zieht man den Kürzeren - bei der Altersvorsorge zum Beispiel.
Special: MBA hat an Glanz verloren Die eine Seite der Medaille: Die alte MBA-Ausbildung hat letztlich die aktuelle Wirtschaftskrise mitverschulet. Die andere Seite: Die Schulen gestalten ihre Lehrpläne neu und rechnen deshalb mit steigendem Interesse. Die hiesigen Kaderschmieden setzen darauf, dass als Konsequenz der angespannten Arbeitsplatzsituation viele Bewerber veranlasst werden, sich beruflich für ihre Zukunft besser zu wappnen und in die Weiterbildung zu investieren.
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Nähere Auskunft erteilt Ihnen gerne Herr Martin Spieler, Chefredaktor
"Handelszeitung" Zürich, Tel. 043 444 59 00