Media Service: Heute in der "Handelszeitung" vom 31. März 2010
Zürich (ots)
Schweizer Wirtschaft in Angst: Der Franken wird immer stärker
Innert eines Jahres hat die Schweizerische Nationalbank ihre Devisenreserven Fr. auf 108 Mrd. Fr verdoppelt, weil sie gegen den starken Franken interveniert hat. Doch genutzt hat es angesichts der Schuldenprobleme in Griechenland und anderen europäischen Ländern wenig. Der Franken steigt und steigt. "Bei einer institutionellen Krise in der Eurozone sind die Möglichkeiten unserer Zentralbank nun einmal beschränkt", erklärt Martin Leber, Senior Investment Strategist der Bank Vontobel. Eine Umfrage der «Handelszeitung» unter Währungsexperten zeigt: Die Schweizer Wirtschaft muss damit rechnen, dass sich der Euro vorerst bei 1.40 Fr. einpendelt - mit allen negativen Folgen: "Die Währungsentwicklung macht uns zu schaffen. Materialien kaufen wir zu hohen Teilen im Euroraum ein, das Gros der Löhne zahlen wir in Schweizer Franken", erklärt Jakob Schmidheiny, VR-Präsident des Mischkonzerns Conzzeta, vor den Medien. "Das ist ein echtes Problem für uns." Swissmem-Präsident Johann N. Schneider-Ammann warnt: "Kurzfristig droht der Industrie der Verlust ihrer Konkurrenzfähigkeit". Auf die Nationalbank darf die Wirtschaft nicht hoffen, sie tut laut Schneider-Ammann bereits ihr Möglichstes. Und laut Experten ist für die Exportfirmen ohnehin nicht der Wechselkurs die wichtigste Grösse, sondern das Wirtschaftswachstum in ihren Absatzländern. Weil dort die Aussichten laut CS-Währungsanalyst Sven Schubert gut sind, kann die Exportbranche "trotzdem mit Wachstum rechnen".
Von Roll: Industriezulieferer steht vor diversen Übernahmen
Thomas Limberger, der Chef des Industriezulieferers Von Roll, will in diesem Jahr das Geschäft mit Wasseraufbereitung und Solarenergie vorantreiben. Der Konzern soll sich mit Zukäufen ein Firmenportfolio aufbauen. Genug Geld habe Von Roll, sagt Limberger im Interview mit der «Handelszeitung»: "Mit einer Eigenkapitalquote von 72% sind wir finanziell solide aufgestellt", betont er. Riskante Grossinvestitionen kämen dabei aber nicht in Frage, sondern "kleine Akquisitionen mit hohem Entwicklungspotenzial". Von Roll ist Anfang März über einen Zukauf ins Wassergeschäft eingestiegen. Marktkreisen zufolge soll der Eintritt ins Solargeschäft im Mai bekannt gegeben werden.
Pharmabranche: Anbieter profitieren dank Obama
Schweizer Firmen profitieren von der US-Gesundheitsreform, wie eine Umfrage der «Handelszeitung» zeigt: Kein einziges der angefragten Unternehmen befürchtet unter dem Strich negative Auswirkungen. Einzelne rechnen gar mit Vorteilen: "Wir werden davon profitieren, dass für die ganze Bevölkerung eine allgemeine Krankenversicherung eingeführt und so der Zugang zu medizinischen Leistungen verbessert wird", sagt Roche-Sprecher Alexander Klauser. Optimistisch ist auch Novartis: "Dank unserer diversifizierten Aktivitäten in einer Anzahl Segmente im Gesundheitsmarkt sind wir für die Zukunft gut positioniert", sagt Konzernsprecher Satoshi Sugimoto. Für andere Firmen wie den Orthopädiekonzern Synthes wird sich wenig ändern. Zwar schmälert die Gesundheitsreform-Steuer von 2,3% wohl ihren Gewinn. "Auf der positiven Seite wäre zu vermerken, dass durch die erhöhte Anzahl der Versicherten eine bessere Leistungserbringung für diese zusätzlichen Patienten neuerdings in Frage kommt", sagt Synthes-Sprecher Gilgian Eisner.
Fastweb-Debakel: Swisscom-Chef Schloter will Schaden begrenzen
Nach dem Rücktritt von Fastweb-Gründer Silvio Scaglia prüft Swisscom-CEO Carsten Schloter eine Aufspaltung von Fastweb sowie mögliche Rückstellungen. Am 7. April soll in Italien eine Anhörung vor Gericht in Sachen Fastweb stattfinden. Im Vorfeld feilt Telekomanbieterin Swisscom, der Fastweb seit 2007 grossmehrheitlich gehört, an ihrer Verhandlungstaktik - sie versucht zu retten, was noch zu retten ist. Fastweb und die Telecom-Italia-Tochter Sparkle stehen im Zentrum von Ermittlungen wegen mutmasslicher Mehrwertsteuerbetrugs und Geldwäscherei von Dritten. Die Untersuchungsbehörde beantragt dem Gericht die Bestellung eines Kommissars gegenüber Fastweb. Nach Informationen der «Handelszeitung» wollen die Fastweb-Anwälte dem Gericht vorschlagen, den Bereich Wholesale organisatorisch anzupassen, sprich, ihn rechtlich abzuspalten. Die Sparte Wholesale verkauft Telekomdienstleistungen an alternative Anbieter und steht im Zentrum der Steuerbetrugsermittlungen. Gemäss Brancheninsidern will die Swisscom für Fastweb zudem Rückstellungen bilden. Dabei geht es einerseits um die Mehrwertsteuerguthaben in Höhe von 70 Mio Euro, die man womöglich nicht mehr zurückerhält. Andererseits muss die Swisscom damit rechnen, dass Fastweb gebüsst wird. Offiziell heisst es bei der Swisscom dazu nur: "In Verbindung mit diesem Verfahren besteht ein finanzielles Risiko in der Höhe von rund 70 Mio Euro exklusive allfälliger Bussen. Es wird nun geprüft, ob diesbezüglich Rückstellungen notwendig sind."
Heimelektronik: Online-Shopping boomt
Der Online-Marktanteil im Handel mit Heimelektronik-Produkten hat sich in den letzten drei Jahren von 8,1 auf 15,3% knapp verdoppelt. Media Markt und M-Electronics leiden unter der Online-Konkurrenz wie Digitec und sind unter Zugzwang, wie die «Handelszeitung», berichtet. "Wir arbeiten an diesem Thema", heisst es bei der Migros-Tochter M-Electronics. Und Media Markt testet derzeit den Online-Handel in Österreich und Holland mit einer eigenen Verkaufsplattform. "Der stationäre Handel spürt die Konkurrenz aus dem Internet", bestätigt Patrick Kessler, Präsident des Verband des schweizerischen Versandhandels. Preistransparenz, Produktevergleich und Bewertungen im Internet würden diesen Trend auch 2010 stützen "und die stationären Händler nötigen, den Online-Handel ebenfalls in Betracht zu ziehen".
Migros Bank: CEO Harald Nedwed will Kleinkredit-Volumen innert Jahresfrist verdoppeln
Die Migros Bank will mit tiefen Zinsen den Markt für Kleinkredite knacken. "Wir können uns gut vorstellen, dass wir das heutige Volumen von rund 600 Mio Fr. innert Jahresfrist verdoppeln", sagt CEO Harald Nedwed im Interview der «Handelszeitung». Die 5,9%, mit denen die Bank in doppelseitigen Zeitungsinseraten wirbt,seien bestimmt kein Dumping-Angebot. "Wir werden diesen Satz konstant halten und verdienen auch Geld damit", sagt Nedwed. Er kritisiert, dass die Kreditgeber die Konditionen trotz anhaltender Tiefzinsphase nicht anpassen, während bei den Hypotheken seit Monaten ein vehementer Preiskampf herrsche. "Das ist nicht fair. Die Branche glaubt weiterhin, dass bei den Privatkrediten kaum Preissensitivität vorhanden ist. Anlässlich unserer zweimonatigen Testaktion im letzten Sommer haben wir aber einen grossen Ansturm erlebt. Das beweist das Gegenteil."
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Nähere Auskunft erteilt Ihnen gerne Herr Martin Spieler, Chefredaktor
"Handelszeitung" Zürich, Tel. 043 444 59 00.