Media Service: Heute in der "Handelszeitung" vom 16. Juni 2010
Zürich (ots)
Bankiervereinigungs-Präsident Patrick Odier: "Keine Zeit für ein Referendum"
Patrick Odier, Präsident der Bankiervereinigung, ist erleichtert, dass der Nationalrat nun doch noch dem Staatsvertrag mit den USA zugestimmt hat. Das drohende Referendum liegt dem Präsidenten der Schweizerischen Bankiervereinigung aber auf dem Magen: "Als Demokrat bin ich grundsätzlich für das Referendumsrecht. Doch in dieser Situation bin ich dagegen", sagt Odier im Interview mit der "Handelszeitung". "Es fehlt uns schlicht die Zeit." Die Schweiz habe sich verpflichtet, bis Mitte August die Daten zu liefern, sonst drohe eine grosse Gefahr für die Wirtschaft. "Wir müssen jetzt vorwärts schauen und dem Staatsvertrag zustimmen, ob es uns passt oder nicht", so Odier. Der Genfer Privatbankier, der die Vereinigung seit September 2009 präsidiert, zeigt sich zudem zuversichtlich, dass die Abgeltungssteuer in Berlin, Paris, London und Brüssel auf offene Ohren stösst. "Möglicherweise können wir in wenigen Monaten eine konkrete Lösung präsentieren", sagt Odier. Bilaterale Arbeitsgruppen träfen sich regelmässig, so dass die Chancen gut stünden, dass die Abgeltungssteuer kommt. Obwohl die Schweiz in einigen Fragen noch Kompromisse finden muss, wird sie laut Odier in einem Punkt hart bleiben: "Für uns zentral ist, dass die Vergangenheit regularisiert wird." Sonst komme die Abgeltungssteuer nicht in Frage. Die Vereinigung will einen Schlussstrich unter das Thema Schwarzgeld ziehen und die Banken dazu verpflichten, sich künftig nur noch auf steuerkonforme Gelder zu konzentrieren.
Recycling: Neues Sammelsystem für Getränkekartons
Jedes Jahr landen in der Schweiz Abertausende Getränkekartons im Müll - und dies, obwohl in Ländern wie Österreich und Deutschland bewiesen wurde, dass sich diese Kartons rezyklieren lassen. Nun reagiert die Verpackungsbranche: 2011 soll ein Entsorgungssystem stehen. Zusammen mit der SIG Combibloc und der Elopak, den beiden anderen grossen Herstellern von Getränkekarton-Verpackungen in der Schweiz, hat die Tetra Pak die IG Getränkekarton-Recycling gegründet. Sinn und Zweck dieser Interessengemeinschaft: Der Aufbau eines Sammelsystems für Getränkekartons. "Es geht jetzt noch darum, alle Beteiligten mit an Bord zu holen, damit wir 2011 in der ganzen Schweiz flächendeckend starten können", bestätigt Katharina Schenk, Projektleiterin der IG Getränkekarton-Recycling, Recherchen der "Handelszeitung". Die Getränkekartonhersteller stützen sich auf eine Ökoeffizienz-Studie, die sie bei der Basler Firma Carbotech in Auftrag gegeben haben. Die Studie kommt zum Schluss, dass ein Recycling von Getränkekartons ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist.
Telekom: Sunrise macht Jagd auf Orange-Kunden
Nach der Nicht-Fusion gewinnt Sunrise laut CEO Christoph Brand überproportional viele Kunden des ursprünglichen Partners Orange für sich und wächst im Mobilfunk so rasch wie noch nie. "Wir haben in den Monaten März und April 2010 so viele neue Handy-Aboverträge wie noch nie in unserer Firmengeschichte abschliessen können", sagt Brand gegenüber der "Handelszeitung". Nach der Fast-Hochzeit nun wieder gegen den einstigen Fusionspartner Orange im Markt anzukämpfen, damit habe er keine Mühe, sagt Sunrise-CEO Christoph Brand. "Die Fusion wurde auf Aktionärsebenen ausgehandelt. Ich bin für die operative Ebene zuständig und habe da keine Scheuklappen. "Einen neuen Vorschlag bringt Brand auch in die Glasfaser-Diskussion ein: Nachdem verschiedene Elektrizitätswerke zugegeben hätten, dass der geplante Glasfaserbau mit vier Fasern nicht rentabel betrieben werden könne, sollten seiner Meinung nach nur zwei Fasern gelegt werden. Brand sagt. "Wir werden sicher nicht eine Lösung blockieren. Aber ich will eine gewisse Portion Realismus in die Diskussion einbringen."
Züblin-CEO Bruno Schefer: "Das Schlimmste ist hinter uns"
Bruno Schefer, CEO der Immobiliengesellschaft Züblin, ist optimistisch. Das zu drei Vierteln in Europa engagierte Unternehmen habe das Schlimmste hinter sich, sagt er in einem Interview mit der "Handelszeitung". "Die Marktwerte unserer Gebäude werden sich nicht mehr entscheidend verändern, sicher nicht im negativen Sinn. In den nächsten zwei bis drei Jahren wird Züblin darum in der Gewinnzone liegen", schätzt Schefer. Für die Aktionäre gibt es aber nicht nur gute Nachrichten. Schefer will die Eigenkapitalquote von 31 auf 40% steigern. "Solange wir dieses Ziel nicht erreicht haben, wird es schwierig, Dividenden auszuzahlen", erklärt er. Schneller ginge es, wenn Züblin Gebäude verkaufen könnte, die nicht zu ihrem strategischen Bestand gehören. Davon geht er aber nicht aus, "weil wir unsere Objekte nicht zu schlechten Preisen abstossen", so Schefer. Der CEO kann sich darum vorstellen, "dass es während zweier oder dreier Jahren keine Dividende geben wird". Aufwärtspotenzial sieht Schefer aber dennoch: "Je nach Berechnungsart liegt unser Aktienkurs bis zu 40% unter dem inneren Wert des Unternehmens. Das zeigt, dass das Potenzial für den Aktienkurs enorm ist."
Ruag-CEO Lukas Braunschweiler: "Nehmen Änderungen an Strategie vor"
Der bundeseigene Rüstungs- und Technologiekonzern steht mitten in einem Veränderungsprozess, der nun auch zum Abgang von Andreas Herren aus der Konzernleitung geführt hat. In der "Handelszeitung" erklärt Ruag-CEO Lukas Braunschweiler, wie er die Strategie des Konzerns anpasst, etwa im Flugzeugstrukturbau: "Ruag hat für diverse Programme, etwa den A380 und den A350, sehr viel Geld investiert, dementsprechend vollgeparkt war unsere Bilanz. Weil sich die Marktaussichten verschlechtert hatten, mussten wir unsere Bilanz anpassen und Abschreiber vornehmen", erklärt Braunschweiler. Die Ruag habe in den vergangenen fünf Jahren zu optimistisch geplant: "Wir glaubten, dass alle gesprochenen Aufträge realisiert werden und wir unseren Kunden jeden Wunsch erfüllen können." Doch hinterher sei man immer schlauer, so Braunschweiler weiter. Er will nun zwar nicht aus Programmen aussteigen, künftig aber zu anderen Bedingungen liefern. "Damit hat Ruag eine stabilere und nachhaltigere Geschäftsbasis", so Braunschweiler. Die Ruag habe Glück gehabt, dass ohnehin viele Verträge mit Airbus in diesem und im nächsten Jahr auslaufen. "Diese Handlungsoption nutzen wir", so Braunschweiler. Der CEO geht insgesamt davon aus, dass das Geschäftsjahr wie prognostiziert abgeschlossen wird. Den Breakeven werde die Ruag noch in diesem Jahr wieder erreichen.
Comet-Chef Hans Hess: "Umsatzverdoppelung ist realistisch"
Comet, eine Röntgen- und Vakuumtechnikfirma, will gemäss ihrem Interims-CEO Hans Hess bereits in diesem Jahr den Turnaround schaffen. Im Interview mit der "Handelszeitung" sagt Hess: "Wir hatten einen guten Start. Die Auftragseingänge sind erfreulich, und wir gehen davon aus, dass wir 2010 zwischen 15 und 20% wachsen werden." Grösster Wachstumstreiber sind laut Hess zurzeit die Vakuum-Kondensatoren und Matchboxen (VaCap), die primär in die Halbleiterindustrie gehen. Comet soll auch in Zukunft weiter wachsen. Hess erklärt: "Mit den 150 Mio Fr. Umsatz vom letzten Jahr lagen wir deutlich unter unseren Zielen und Erwartungen. Eine Umsatzverdoppelung von diesem Niveau aus ist sicherlich realistisch." Hess hatte Anfang 2010 den Chefposten bei Comet interimistisch übernommen, nach dem Roland Zarske das Unternehmen verlassen hatte. Im Herbst soll der neue CEO bekannt gegeben werden. "Wir sind schon weit im Prozess, haben mit vielen Kandidaten gesprochen", so Hess. Er selbst stehe nicht zur Verfügung. "Ich bin nur interimistisch tätig und werde mich auf mein Verwaltungsratsmandat zurückziehen, sobald wir jemanden gefunden haben."
Derivatebörse Scoach: Es herrscht Andrang
Es kommt wieder Bewegung in den Markt für strukturierte Produkte. Gemäss Christian Reuss, CEO der Derivatebörse Scoach, werden in den nächsten Monaten einige neue Emittenten in den Markt eintreten, wie er der "Handelszeitung" bestätigt. In den Startlöchern steht Exane Derivatives, eine Tochtergesellschaft der französischen Investmentgesellschaft Exane. Gemäss Olivier Mathys, Senior Sales Structured Products, sollen ab Anfang September erste Produkte an der Scoach gehandelt werden. Eigentlich hätte der Startschuss für den Eintritt Exanes schon im Mai fallen sollen, aufgrund technischer Probleme habe sich dieser jedoch etwas verzögert. Auch Timber Hill wird als künftiger Neuling im Schweizer Derivatemarkt gehandelt. Die US-Firma ist in der Branche als Effektenhändler und Market Maker bekannt. "Seit einigen Monaten prüfen wir innerhalb eines Projektes den Markteintritt", bestätigt der Projektverantwortliche Roger Ryff bei Timber Hill. Auch die australische Macquarie will ab August an der Scoach erste Produkte unter dem Namen "Macquarie Oppenheim" listen lassen. Zudem wollen verschiedene bestehende Emittenten ihr Derivategeschäft ausbauen: Darunter die Barclays Bank, Société Générale, Royal Bank of Scotland und JP Morgan.
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"Handelszeitung", Zürich.
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