Media Service: Sika-Deal: Statt 2,8 nun 3,3 Milliarden für Gründerfamilie
Zürich (ots)
Von Urs Paul Engeler
Im erbitterten, auch öffentlich ausgetragenen juristischen Streit um den Verkauf der Kontrollmehrheit des Baustoff-Konzerns Sika durch die Schenker-Winkler-Holding (SWH) der Gründerfamilie Burkard an die französische Firma Saint-Gobain ist es in letzter Zeit erstaunlich ruhig geworden. Umso intensiver verhandelten die drei Parteien hinter den Kulissen. Heute in den frühen Morgenstunden schliesslich unterzeichneten in Zürich die Vertreter der Sika AG, der SWH sowie der Hofjurist von Saint-Gobain einen Deal, der alle Beteiligten finanziell, unternehmerisch und prestigemässig zufrieden stellt. Gleichzeit sollen alle laufenden oder angestrengten Gerichtsverfahren beendet werden. Man spricht von einer "win-win-win"-Situation. Gemäss dieser Vereinbarung verkauft die Holding der Familie Burkard ihre Sika-Anteile (16,7 Prozent des Aktienkapitals und rund 52 Prozent der Stimmrechte), wie bereits 2014 vertraglich fixiert, an Saint-Gobain. Der ursprünglich ausgehandelte Preis von 2,8 Milliarden Franken für das Paket wird dabei, mit Blick auf den gestiegenen Aktienkurs, auf 3,3 Milliarden Franken erhöht. Der französische Konzern Saint-Gobain seinerseits verkauft aus dem erworbenen Paket knapp sieben Prozent der Aktien zu einem Preis von 2,08 Milliarden Franken an das Unternehmen Sika; diese sieben Prozent der Namensaktien werden, mit den Ziel, den Kurs zu stützen, vernichtet. Saint-Gobain behält so für eine Frist von mindestens zwei Jahren rund 10 Prozent der Aktien im eigenen Besitz und wird damit grösster Aktionär des Schweizer Unternehmens. An einer Generalversammlung, deren Datum noch nicht fixiert ist, soll anschliessend die gesamte Aktienstruktur grundlegend umgestaltet werden: eine Einheits-Namensaktie wird eingeführt; die Inhaberaktien werden abgeschafft; ebenso fallen die Vinkulierungsgrenze von fünf Prozent und die Möglichkeit eines Opting-Outs (Verkauf eines Aktienpakets, ohne andern Aktionären ein Angebots zu unterbreiten). Die drei Vertreter der Gründerfamilie, darunter der Sprecher der Familie, Urs Burkard, verlassen den Verwaltungsrat. Wer sie ersetzen wird, ist noch nicht bekannt. Möglich gemacht hat diese einvernehmliche Lösung insbesondere der markant gestiegene Börsenkurs. So kann die Gründerfamilie den Vertrag mit Saint-Gobain nicht nur formal einhalten, sondern sogar mit einem deutlich höheren Gewinn abschliessen. Saint-Gobain darf dabei einen Teil dieser Aktien zum stolzen Preis von über zwei Milliarden Franken an die Sika weiter verkaufen, hat somit für zehn Prozent der Sika-Beteiligung lediglich 1,22 Milliarden Franken bezahlt, ein Betrag, der gut 600 Millionen Franken unter dem aktuellen Börsenwert liegt. Das Sika-Management schliesslich, das diese Lösung nicht selbst entwickelt hat und den teuren Zwei-Milliarden-Deal mit Hilfe der UBS über Wandelanleihen und eventuell über eine spätere Kapitalerhöhung finanzieren will, kann sich nun rühmen, die Eigenständigkeit des schweizerischen Unternehmens gesichert zu haben. Um den Deal finanziell stemmen zu können, stehen die Sika-Organe allerdings unter gesteigertem Druck, den Aktienkurs hoch zu halten. Und die neue Aktienstruktur (frei handelbare Inhaber-Aktien ohne Vinkulierung macht die Firma künftig anfällig für Avancen anderer Grossinvestoren und somit für neue Übernahmeversuche.
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