Media Service: Gigi Oeri vor dem Start in die neue Saison
Basel (ots)
«WIR KöNNEN FRISCH ZUSAMMENWACHSEN»
FCB-Präsidentin Gigi Oeri im Interview mit der Basler Zeitung vor dem Start in die neue Saison
Interview: Marcel Rohr
Nur vier Tage nach dem WM-Final startet der FC Basel morgen mit dem Uefa-Cup-Heimspiel gegen Tobol Kostonay (20.00 Uhr) in die Saison 2006/2007. Gigi Oeri sieht der neuen Saison mit gemischten Gefühlen entgegen die Krawallnacht vom 13. Mai und der verpasste Meistertitel im Spiel gegen den FC Zürich sind auch an der Präsidentin nicht spurlos vorübergegangen.
baz: Ist die Annahme richtig, dass Sie eine unruhige, kurze Sommerpause hatten?
GIGI OERI: Sie war gleich lang wie immer und unruhig ja das stimmt natürlich. Ich habe in Deutschland einige WM-Spiele live verfolgt, aber ich hätte sie lieber in Ruhe geniessen wollen. Trotzdem war es eine gute Abwechslung.
baz: Der 13. Mai steht für den schwärzesten Samstag in der FCB-Geschichte. Was hat Ihnen in der Aufbereitung der Ereignisse am meisten zu schaffen gemacht?
GIGI OERI: Die Kausalhaftung ist das grösste Ärgernis. Ist der TCS für jeden fehlbaren Autofahrer verantwortlich? Wir müssen hart büssen, obwohl den FCB nachweislich keine Schuld trifft, was den 13. Mai anbelangt.
baz: Wir denken, an diesem Samstag haben alle Parteien Polizei, Basel United, FCB keine gute Figur abgegeben
GIGI OERI: Wir haben das Bestmögliche gemacht vor dem Spiel, um Ausschreitungen zu verhindern. Es hat nicht gereicht. Man kann im Leben nicht immer alles verhindern.
baz: Welche Reaktionen haben Sie persönlich erhalten?
GIGI OERI: Ganz unterschiedliche. Der Tenor jener Fans, die nichts gemacht haben, ist klar sie sind sauer, dass sie in Zukunft stärker kontrolliert werden. Diesen Unmut verstehe ich. Jeder echte Fan hat doch sowieso Interesse, dass die Krawallbrüder nicht ins Stadion dürfen. Also trifft es viele Unschuldige.
baz: Gab es auch positive Reaktionen?
GIGI OERI: Ja, viele Leute haben mir Mut zugesprochen und mich aufgefordert, weiterzumachen Gesten, auf die ich im Prinzip gerne verzichtet hätte. Man sagt ja, dass immer alles seinen Sinn hat. Vielleicht kennen wir den Sinn vom 13. Mai im nächsten Jahr.
baz: Der FCB hat in letzter Sekunde den Meistertitel verspielt. Wie stark schwingt das noch nach?
GIGI OERI: Wir haben den Meistertitel nicht abonniert, und wir haben den Meistertitel dumm verloren und zwar nicht im Match gegen den FCZ, sondern schon vorher. Es lief viel gegen uns.
baz: Wie meinen Sie das?
GIGI OERI: Ich will weiss Gott nichts schönreden und die Schuld bei anderen suchen. Aber wird sind benachteiligt worden. Ich denke da zum Beispiel an einige Schiedsrichter-Entscheidungen in St. Gallen oder gegen Aarau. Oder an die verschobenen Xamax-Spiele, den viel zu engen Terminkalender mit den vielen Matches die Liga ging nicht auf uns ein, auch nicht, als wir im Uefa-Cup bis in den Viertelfinal kamen. Aber wir haben uns nie öffentlich beklagt, alles geschluckt. Es lief viel gegen uns und der FCZ-Match war die Krönung.
baz: Unmittelbar nach dem verpassten Saisonziel reisten Sie mit der Mannschaft nach Malta ins Regenerationscamp. Was lief in diesen Tagen am Mittelmeer?
GIGI OERI: Malta war geplant, schon länger. Wir wollten die Ereignisse sofort aufarbeiten und uns nicht einfach nach dem Saisonfinale in alle Himmelsrichtungen zerstreuen. Hätten wir das gemacht, wäre die Aufarbeitung erst im Juni im Camp in St. Moritz erfolgt. Die Spieler hatten in Malta viel Freizeit. Die Stimmung war relaxt, auch wenn ein paar harte Worte fielen. Und ich brauchte auch Zeit für mich persönlich, denn ich musste mir klar werden: Mache ich beim FCB weiter und wenn ja, in welcher Form?
baz: Sie dachten an Rücktritt?
GIGI OERI: Ich habe immer gesagt, dass ich den Club niemals im Stich lassen werde. Den Bettel hätte ich nie hingeschmissen. Ich habe gesagt, ich mache weiter, ich trage die Bussen, die ein riesiges Loch in unsere Kasse reissen werden; aber ich will nun auch Zeichen spüren.
baz: Von wem?
GIGI OERI: Von allen. Von Basel United, von der Polizei, den Politikern, den Fans, den Medien, den Spielern. Alle müssen nun beim FC Basel mithelfen und anpacken. Ich bin kein Abramowitsch, der bei Chelsea allein sein Ding durchzieht. Ich brauche die Gruppe. Das habe ich immer betont.
baz: Welche Zeichen erhielten Sie bereits?
GIGI OERI: Die erste Reaktion kam von zwei FCB-Teamärzten, die auf zwei Drittel ihres Honorares für die Saison 2006/2007 verzichten. Das finde ich grossartig. Jetzt zeigt sich, wer wirklich ein rotblaues Leibchen trägt oder nicht. Es braucht alle, damit wir diese schwere Situation meistern können, alle.
baz: Beeinflusst der 13. Mai die Arbeit von Christian Gross?
GIGI OERI: Diese Frage muss er beantworten. Wir sind alle etwas verunsichert.
baz: Gibt es Meinungsverschiedenheiten zwischen Ihnen und Gross was die Verstärkung der Mannschaft betrifft?
GIGI OERI: Nein, die gibt es nicht. Wir haben mit Matias Delgado keinen schlechten Deal gemacht. Aber dieses Geld wird wieder investiert. Das weiss der Trainer, da sind wir uns einig.
baz: Mit welchen Erwartungen steigen Sie nun in die neue Saison?
GIGI OERI: Mein oberstes Ziel ist, den Club am Leben zu erhalten. Dazu wollen wir natürlich den Titel zurückholen.
baz: Den Club am Leben erhalten das tönt dramatisch
GIGI OERI: Aber so ist es, und ich präzisiere: Den Club am Leben erhalten, so, wie wir ihn in den letzten Jahren geführt haben. Sehen Sie: Wir haben in Basel ein Wohlstandsproblem. Wir waren zu erfolgsverwöhnt, ich inklusive. Wenn wir jetzt die Chance nutzen, können wir frisch zusammenwachsen. In diesen Zeiten zwischen Bussen und Geisterspielen unterscheiden sich die echten von den unechten Freunden. Das ist immer auch eine Chance.
baz: Was haben Sie sich als Präsidentin für die neue Saison vorgenommen?
GIGI OERI: Ich habe in den letzten vier Jahren nicht viele Dinge anders gemacht als jetzt, das Volumen hat auch nicht stark zugenommen. Vielleicht gibt es die eine oder andere Sitzung mehr in Bern, okay.
baz: Und mit wie vielen Zuschauern rechnet die Präsidentin für das Uefa-Cup-Heimspiel gegen Tobol Kostanay?
GIGI OERI: Ich hoffe, es kommen ein paar. Eine Zahl zwischen 15 000 und 16 000 wäre schön in den Sommerferien. Wie ich gesagt habe: Es braucht alle.