EASL European Association for the study of the Liver
EASL-Kongress Wien, 27. April - Hepatitis C: Das Virus überlistet das Immunsystem
Wien (ots)
Die Mehrheit der mit Hepatitis C infizierten Menschen - fast 85 Prozent von ihnen - sind nach einer akuten Infektion chronisch infiziert, und etwa 20% von diesen Patienten entwickeln in der Folge Zirrhose und Leberversagen. Da das Immunsystem unfähig ist, das Virus zu eliminieren, gibt dies Anlass zur Annahme, dass das HCV immunomodulatorische Wirkungen ausüben könnte. Außerdem ist das Immunsystem ein doppelseitiges Schwert, denn eine Immunantwort ist erforderlich, um das Virus loszuwerden, eine fehlgeschlagene Immunantwort ist aber auch der Hauptfaktor, der den Leberschaden und die Zirrhose begünstigt. Auf dem EASL Kongress in Wien wurde eine getrennte Fortbildungsveranstaltung dem HCV und der Immunantwort gewidmet.
Die adaptierte Immunantwort scheitert
Die effektive Eliminierung einer viralen Infektion erfordert die koordinierte Aktion verschiedener Armeen des Immunsystems, d.h. der angeborenen Immunantwort und des adaptiven Immunsystems. "Mehrere Studien zeigten, dass das Interferonsystem ebenso wie die adaptive Immunantwort im Fall des HCV versagen", erklärte Dr. Margaret James Koziel von der Harvard Medical School. Um dieses Versagen besser zu verstehen, muss man den Fokus auf natürliche Killerzellen (NK) und natürliche Killer-T-Zellen (NKT) als Elemente der angeborenen Immunantwort richten. Gewisse NKT-Zellen sind nämlich in großen Mengen in der Leber vorhanden, obwohl ihre Rolle laut Professor Koziel erst noch völlig erforscht werden muss. Dr Moretta berichtete, dass diese Zellen entweder pro- oder anti-entzündliche Wirkungen haben können, je nachdem, wie sie aktiviert werden und wie sie mit anderen Zellen in Wechselwirkung treten, insbesondere mit dendritischen Zellen, von denen angenommen wird, dass sie eine zentrale Rolle beim Auftreten und Fortbestehen der Hepatitis durch die chronische HCV-Infektion spielen.
Gedächtnisverlust des Immunsystems
Um den Zustand einer chronischen Infektion zu erreichen, muss das HCV auch die dendritischen Zellen in der Leber manipulieren. Diese spielen eine wesentliche Rolle in der Antigendarstellung und Bildung der adaptiven Immunantwort auf ein spezifisches Virus. Es ist nachgewiesen, dass dieser Mechanismus in Anwesenheit des HCV spärlich funktioniert und dass dadurch die Eliminierung des Virus nach akuter Infektion ebenso wie die Entwicklung eines wirksamen Impfstoffs verhindert werden. "Neue Erkenntnisse über die Rolle der dendritischen Zellen bei der HCV-Infektion hätten große Bedeutung für die Therapie ebenso wie für die Entwicklung eines Impfstoffs", betonte Dr. Pablo Sarobe, Abteilung für Hepatologie und Gentherapie bei CIMA, Universität Navarra, Spanien.
Immuntherapie - eine Hoffnung für die Zukunft
Eine HCV-Infektion ruft zunächst eine massive Reaktion seitens der HCV-spezifischen CD4-positiven und CD8-positiven T-Zellen hervor. Somit liegt anfangs eine ausgeprägte Reduzierung der Virämie vor und das Virus ist mindestens vorübergehend unter Kontrolle. Die kleine Minderheit infizierter Personen, bei denen es gelingt, eine permanente Eliminierung des Virus zu erzielen, halten die spezifische CD4-positive und CD8-positive Antwort auf das HCV aufrecht, während bei der Mehrheit der Patienten das Immungedächtnis für das Virus verloren geht, erklärt Dr. Diepolder, Universitätskrankenhaus München-Großhadern. "Die wichtigste aufregende Frage ist nun, ob eine spezifische und/oder unspezifische Immuntherapie in der Lage sein wird, die Lähmung des Immunsystems zu überwinden, die durch das HCV verursacht wird, und ob dieser Ansatz uns in die Lage versetzen wird, das Virus dauerhaft zu eliminieren."
Pressekontakt:
www.easl.ch
Pleon Publico Vienna, mailto:manuela.bruck@pleon-publico.at
Rückfragen bitte an:
Manuela Bruck, +43 1 71786-108