Studie: Schlechtere Zahlungsmoral erhöht Finanzierungsbedarf
ZÜRICH, May 14 (ots/PRNewswire)
- Allgemeine Zahlungsmoral in Europa sinkt, nach Ansicht internationaler Geschäftspartner haben Schweizer Unternehmen die beste Zahlungsmoral
- Auch deutsche Unternehmen zählen zu den schnellsten Zahlern, jedoch hat sich dort die Zahlungsmoral schrittweise verschlechtert
- Jeder Tag Zahlungsverzögerung erhöht den Finanzierungsbedarf eines mittelständischen Unternehmens erheblich
Unternehmen aus der Schweiz und aus Australien haben aus Sicht internationaler Geschäftspartner die beste Zahlungsmoral. Entgegen dem allgemeinen Trend hat sich die Zahlungsmoral in diesen beiden Ländern gegenüber dem Herbst 2008 sogar verbessert. So hat sich zum Beispiel die durchschnittliche Zahlungsdauer der Schweizer Unternehmen in diesem Zeitraum von 29 auf 27 Tage verkürzt und Zahlungsverzögerungen kommen noch seltener vor. Dies ergab eine aktuelle Umfrage von Atradius, einem der weltweit führenden Kreditversicherer, unter 1.800 Unternehmen in neun europäischen Ländern.
Das Zahlungsverhalten in Deutschland dagegen hat sich im Vergleich zum Sommer 2008 schrittweise verschlechtert. 55 Prozent der befragten Unternehmen zufolge ist die inländische Zahlungsmoral nur "mittelmässig". Zwar bewerten nur 8 Prozent die deutsche Zahlungsmoral als "schlecht", mittlerweile weicht die Zahlungsdauer (28 Tage) aber bereits vier Tage vom Zahlungsziel (24 Tage) ab. Noch im Sommer 2008 wurde mit nur einem Tag Differenz fast pünktlich gezahlt. Auch nach Einschätzung ausländischer Geschäftspartner ist die Zahlungsmoral deutscher Unternehmen schlechter als im Sommer 2008. So hat sich die Zahlungsdauer deutscher Unternehmen gegenüber ihren Lieferanten im Ausland um sieben Tage von 36 auf 43 Tage erhöht - eine Steigerung, die nur durch Italien und Südamerika übertroffen wird.
Deutlich erhöhter Finanzbedarf
Nach Ansicht von Michael Karrenberg, Leiter Risikomanagement für Atradius Deutschland, Mittel- und Osteuropa hat gerade die kurzfristig zugenommene Zahlungsdauer erhebliche Auswirkungen. "Selbst für gut geführte Unternehmen ist es eine echte Herausforderung, die Zahlungsdauer ihrer Geschäftspartner um einen Tag pro Jahr zu verkürzen. Dies verdeutlicht, wie lange es dauern wird, drei oder gar sieben Tage wieder aufzuholen, um die sich die Zahlungsdauer durchschnittlich in nur sechs Monaten verlängert hat", sagt Karrenberg. Die Folgen: Ein über Jahre deutlich erhöhter zusätzlicher Finanzierungsbedarf für die Unternehmen. "Ein grösseres mittelständisches Unternehmen hat bei nur einem Tag längerer Zahlungsdauer in sonst schnell zahlenden Abnehmerbranchen einen zusätzlichen Finanzbedarf von einer Million Euro pro Jahr und mehr", sagt Karrenberg.
Allerdings müsse laut Karrenberg bei der Bewertung der Zahlungsmoral berücksichtigt werden, dass die europäischen Länder zum Teil deutlich unterschiedliche Zahlungsziele haben. Im europäischen Vergleich ist Deutschland bei der absoluten Zahlungsdauer noch immer am schnellsten und zuverlässigsten, denn hier liegt das durchschnittliche Zahlungsziel mit 24 Tagen zum Teil weit unter dem anderer Länder. So haben Unternehmen im zweitplazierten Schweden bereits 30 Tage und Spanien als Schlusslicht 75 Tage Zeit, ihre Rechnungen zu begleichen. Unternehmen in Italien (11 Tage), Belgien (10 Tage) sowie in Frankreich und Grossbritannien (jeweils 9 Tage) überschreiten die vereinbarten Zahlungsziele innerhalb ihrer Länder am deutlichsten.
Insolvenzwelle in der zweiten Jahreshälfte erwartet
Auf den ersten Blick überraschend sind die Ergebnisse der Zahlungsausfälle in den befragten neun europäischen Ländern. Im Befragungszeitraum Mitte Januar 2009 bis Mitte Februar 2009 sind die Zahlungsausfälle innerhalb eines Landes gegenüber dem Sommer 2008 lediglich in den Niederlanden, Belgien und Frankreich gestiegen. In Grossbritannien, Spanien und Schweden dagegen sind sie sogar recht deutlich gesunken. Eine Entwarnung kann Risikoexperte Karrenberg aufgrund des Befragungszeitraums allerdings nicht geben, denn sie spiegeln die tatsächlichen Insolvenzfälle noch nicht wider. "Wir gehen davon aus, dass insbesondere im zweiten Halbjahr die Zahl der Insolvenzen stark steigen wird und dementsprechend auch die Zahlungsausfälle deutlich zunehmen".
Je nach Land ergreifen 56 bis 70 Prozent aller Unternehmen Massnahmen zum Schutz vor Forderungsausfällen. Dabei setzen mit 45 Prozent der befragten Unternehmen die meisten auf Vorkasse. Dahinter folgt mit 35 Prozent die Kreditversicherung. Lucien Hofmann, Atradius Country Manager für die Schweiz, beobachtet, dass sich vor allem kleine und mittelgrosse Unternehmen in der Schweiz verstärkt für eine Kreditversicherung interessierten. Bei Atradius seien die Anfragen von Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu 50 Millionen CHF in den vergangenen Monaten um 50 Prozent gestiegen. "Das zeigt, dass die Unternehmen deutlich höhere Risiken erwarten und daher bereit sind, in zusätzliche Schutzmassnahmen zu investieren", so Hofmann. Welche Auswirkungen Forderungsausfälle haben können, zeige ein einfaches Zahlenbeispiel: "Um einen Forderungsausfall von 10.000 CHF auszugleichen, muss ein Unternehmen mit einer Umsatzrendite von 2,5 Prozent einen Mehrumsatz von 400.000 CHF erwirtschaften."
Über die Studie
Das "Atradius Zahlungsbarometer" wird jedes Jahr von Atradius herausgegeben. Für die Studie zum Zahlungsverhalten europäischer Unternehmen vom Frühjahr 2009 wurden etwa 1.800 leitende Mitarbeiter aus Unternehmen in den folgenden neun europäischen Ländern befragt: Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Grossbritannien, Italien, Niederlanden, Spanien und Schweden. Die Online-Befragung fand im Zeitraum vom 20. Januar 2009 bis zum 11. Februar 2009 statt.
Die Studie kann kostenlos auf unserer Homepage http://www.atradius.ch heruntergeladen werden.
Über Atradius
Die Atradius-Gruppe bietet weltweit Kreditversicherung, Bürgschaften und Inkasso-Dienste an und ist in 40 Ländern vertreten. Mit einem Umsatz von rund 1,8 Milliarden Euro und einem weltweiten Marktanteil von 31 Prozent unterstützt die Atradius-Gruppe Unternehmen auf der ganzen Welt, indem sie sie vor Zahlungsrisiken aus Verkäufen von Waren und Dienstleistungen auf Ziel schützt. Atradius hat mit 160 Büros Zugang zu Bonitätsinformationen über 52 Millionen Unternehmen weltweit und trifft täglich mehr als 22.000 Kreditlimitentscheidungen.
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