AlixPartners Global Automotive Outlook 2017 (EMEA)
Elektrifizierung gewinnt weiter an Momentum - steigender Investitionsbedarf und neue Partnerschaften in der Automobilindustrie
München (ots)
- E-Auto-Verkäufe steigen innerhalb von knapp zwei Jahren um 170 Prozent; globaler Marktanteil erreicht 1 Prozent
- Wechsel auf Hybrid- und reine Elektrofahrzeuge kann bis 2030 in Europa rund 25.000 neue Arbeitsplätze bei den Automobilherstellern schaffen; diese Arbeitsplätze könnten wieder wegfallen, sobald vollelektrifizierte Fahrzeuge ab Ende der nächsten Dekade zum Normalfall werden
- Insgesamt gute Wachstumsaussichten für die weltweite Automobilindustrie - bei teilweise deutlichen regionalen Unterschieden
- Investitionen in "Connectivity", autonomes Fahren, "Sharing" und Elektrifizierung ("C.A.S.E.") auf Rekordhoch; C.A.S.E.-Partnerschaften machen knapp 60 Prozent aller neuen Partnerschaften der Automobilhersteller aus
- Asiatische Investoren dominieren M&A-Aktivitäten; zunehmender Fokus auf die Akquisition europäischer Unternehmen
Die Automobilindustrie hat 2016 weltweit 92 Millionen Autos verkauft und das profitabelste Jahr seit mehr als einer Dekade erlebt. Und die Aussichten sind weiter gut: Bis zum Jahr 2024 soll das durchschnittliche jährliche Wachstum der Branche bei 2,7 Prozent liegen, leicht unter dem globalen Wirtschaftswachstum von 3 Prozent. 2024 könnte die Zahl der verkauften Fahrzeuge demnach die Marke von 114 Millionen erreichen. Trotz dieser positiven Perspektiven muss die Branche an ihrer Zukunftsfähigkeit arbeiten. Vor allem die stark voranschreitende Elektrifizierung des Antriebsstrangs stellt die Automobilindustrie in Sachen Fertigungsstrategien und Zukunftsinvestitionen vor Herausforderungen. Dies sind Ergebnisse aus dem jährlichen "Global Automotive Outlook" des weltweit tätigen Beratungsunternehmens AlixPartners.
"Ankündigungen einzelner Automobilhersteller zur Beschleunigung der Umstellung auf Elektro- oder Hybridantriebe, das Vorhaben Frankreichs, bis 2040 den Verkauf von Benzin- und Dieselautos zu verbieten, sowie die deutsche Debatte um Fahrverbote für Dieselfahrzeuge belegen, dass sich der Trend zur langfristigen Abkehr vom klassischen Verbrennungsmotor weiter fortsetzt", sagt Elmar Kades, Automobilexperte und Managing Director bei AlixPartners. Dies korrespondiert mit den aktuellen Marktzahlen, nach denen der Vormarsch des elektrischen Antriebsstrangs deutlich Schwung aufgenommen hat: Zwischen dem ersten Quartal 2015 und dem vierten Quartal 2016 legte der weltweite Verkauf von Elektroautos einschließlich der Plug-In-Hybride um 168 Prozent auf 252.000 Fahrzeuge zu. Deren weltweiter Marktanteil wuchs somit innerhalb von weniger als zwei Jahren von 0,4 Prozent auf über 1 Prozent. In diesem Zeitraum stieg auch die durchschnittliche rein elektrische Reichweite der verkauften Fahrzeuge von 169 Kilometer auf 181 Kilometer. Mehr als die Hälfte der elektrischen Fahrzeuge wurde in China verkauft, was auf das bereits breite Angebot nationaler Hersteller in China zurückzuführen ist.
Bis 2030 werden Hybride und Fahrzeuge mit rein elektrischem Antriebsstrang in Europa voraussichtlich 65 Prozent aller neu verkauften Fahrzeuge ausmachen. Während sich der langfristige Ausblick somit nicht geändert hat, zeichnet sich heute ab, dass sich elektrische Antriebe schneller durchsetzen werden als noch vor kurzer Zeit von vielen Marktteilnehmern angenommen. Die kurz- bis mittelfristigen Herausforderungen für die Automobilindustrie, gerade im Bereich der Investitionen, werden sich dadurch weiter verstärken.
Neue Fertigungsstrategien erforderlich
Die E-Wende wird auch Auswirkungen auf die Beschäftigtenzahlen haben. AlixPartners geht davon aus, dass aufgrund der in der Übergangszeit steigenden Marktanteile von Hybrid-Fahrzeugen bis zum Jahr 2030 in Europa rund 25.000 neue Arbeitsplätze in der Automobilindustrie geschaffen werden. Grund hierfür ist die längere Arbeitszeit, die zur Montage der Antriebsstränge von Plug-In-Hybriden benötigt wird - sie liegt mit durchschnittlich neun Stunden um 50 Prozent über dem Wert für traditionelle Verbrennungsmotoren.
Spätestens gegen Ende der nächsten Dekade, wenn das rein elektrisch betriebene Auto voraussichtlich zum Normalfall wird, werden diese neu geschaffenen Arbeitsplätze wieder verschwinden. Ohne einen Ausgleich durch den Aufbau europäischer Fertigungen von Elektrofahrzeug-Komponenten könnte der entsprechende Rückgang sogar sehr deutlich ausfallen. Allein bei den europäischen Autoherstellern - also ohne Zulieferer - könnte die Beschäftigtenzahl in der Montage der Antriebsstränge beträchtlich unter das heutige Niveau von 110.000 gedrückt werden.
"Eine der größten Herausforderungen der Automobilindustrie ist es weiterhin, die enorme Last der erforderlichen Zukunftsinvestitionen zu stemmen - in elektrische Fahrzeuge, Vernetzung, autonomes Fahren und Mobilitätsdienstleistungen - und dabei auf die 'richtigen Karten' zu setzen, sei es in der Allokation beschränkter Investitionsbudgets oder in der Auswahl externer Partner", erklärt Jens Haas, Managing Director bei AlixPartners. "Dazu ist eine flexible Fertigungsstrategie erforderlich, die es ermöglicht, die mittelfristige Hybrid-Phase zu bewältigen und gleichzeitig einen flexiblen Übergang in die rein elektrische Zukunft zu gewährleisten."
China bleibt Wachstumslokomotive
Die mittelfristigen Geschäftsaussichten für die Branche sehen laut AlixPartners-Analyse inzwischen wieder recht vielversprechend aus. So war 2016 mit 92 Millionen verkauften Autos beinahe ein Rekordjahr für die weltweite Automobilindustrie. 2024 könnte die Zahl der verkauften Fahrzeuge die Marke von 114 Millionen erreichen und das durchschnittliche jährliche Wachstum der Branche bis dahin bei 2,7 Prozent liegen, leicht unter dem globalen Wirtschaftswachstum von 3 Prozent.
Es gibt allerdings auch künftig regionale Unterschiede: Während der globale Automobilmarkt weiterhin von einem robusten Wachstum in China angetrieben wird - die Prognose zeigt ein durchschnittliches jährliches Plus von 5,2 Prozent bis 2024 - ist für Nordamerika nach dem zyklischen Hoch in 2016 eine Abwärtsbewegung um durchschnittlich jährlich 3,6 Prozent zu erwarten. Europa könnte bis 2024 ein moderates Wachstum um im Schnitt 1,7 Prozent im Jahr erreichen, wobei Westeuropa dabei eher stagnieren und Osteuropa die größten Zuwachsraten erzielen wird. Dagegen scheint in Brasilien und Russland die Talsohle des Automobilabsatzes erreicht; diese Märkte versprechen Wachstumsraten zwischen 1 und 5 Prozent bis 2024.
Zukunftsinvestitionen auf Rekordhoch
Auch in Bezug auf Absatz, Umsatz und Profitabilität ragt das Jahr 2016 heraus: Es war das profitabelste Jahr seit über einer Dekade. Die Autohersteller haben in den letzten Jahren intensiv an Kostensenkungen durch Effizienzsteigerungen gearbeitet. Die Anzahl der für die Montage von 1.000 Fahrzeugen durchschnittlich benötigten Mitarbeiter sank in den vergangenen fünf Jahren um 6 Prozent auf derzeit rund 45 Mitarbeiter.
Nicht zuletzt diese Effizienzsteigerungen haben es den Autoherstellern erlaubt, allein im letzten Jahr mehr als 180 Milliarden Euro in Investitionen sowie Forschung & Entwicklung zu stecken. Für jedes verkaufte Fahrzeug im Volumensegment wurden durchschnittlich 2.000 bis 2.500 Euro investiert, pro Premium-Auto sogar 4.500 bis 5.000 Euro.
Der größte Teil dieser Investitionen betrifft die vernetzte ("connected"), autonome, "shared" und elektrische Zukunft des Autos - von AlixPartners mit C.A.S.E. abgekürzt. "Diese Investitionen sind die einzig richtige Antwort auf die aktuellen Herausforderungen und werden in Zukunft noch weiter steigen müssen", sagt Automobil-Berater Haas.
Von den 266 Kooperationen und Partnerschaften, die die Automobilhersteller im Jahr 2016 eingegangen sind, standen fast 60 Prozent im Zusammenhang mit C.A.S.E.-Themen. In rund 70 Prozent dieser C.A.S.E.-bezogenen Partnerschaften kommen die Partner dabei nicht aus der Automobilbranche. AlixPartners erwartet, dass sich dieser Trend in den kommenden Jahren verstärken wird.
Eine Reihe von Autoherstellern konnte zwar erhebliche Effizienzsteigerungen erzielen. Dies half ihnen dabei, kurzfristig verstärkt in Zukunftsthemen zu investieren. Langfristig biete dies jedoch keine nachhaltige Position, so Elmar Kades: "Effizienzsteigerungen und eine positive Marktentwicklung werden alleine nicht ausreichen, den auch künftig steigenden Investitionsbedarf zu decken. Man kann deshalb davon ausgehen, dass es zu einer weiteren Konsolidierung kommen wird."
Europa im Visier asiatischer Investoren
Die M&A-Aktivitäten in der Automobilindustrie werden weiterhin von asiatischen Investoren dominiert (Anteil bei 54 Prozent) und richten sich vor allem auf den Kauf von Zulieferern.
Derzeit zeigt sich ein weiter zunehmendes Interesse an der Akquisition europäischer Unternehmen, die im letzten Jahr 46 Prozent des weltweiten Transaktionsvolumens ausmachten, nach 32 Prozent im Jahr 2015. Nordamerikanische Übernahmeziele scheinen dagegen weniger attraktiv zu sein (Anteilsrückgang von 43 auf 24 Prozent), während asiatische Unternehmen weiterhin begehrt sind (von 25 auf 31 Prozent). Elmar Kades: "Wir glauben, dass die Automobilindustrie auch künftig attraktiv für Investoren bleibt, insbesondere da zunehmende Investitionen in C.A.S.E. die M&A-Aktivitäten und die Bildung von Partnerschaften vorantreiben."
Über die Studie
Die Studie "AlixPartners Global Automotive Outlook 2017" basiert auf Experten-Interviews und Bilanzanalysen der mehr als 300 bedeutendsten Automobilzulieferer und Autohersteller weltweit.
Über AlixPartners
AlixPartners steht als global tätiges Beratungsunternehmen für die ergebnisorientierte Unterstützung namhafter Unternehmen in komplexen Restrukturierungs- und Turnaroundsituationen und für die Umsetzung anspruchsvoller Ertragssteigerungsprogramme. Branchenexpertise und weitreichende Erfahrung in Geschäftsprozessen in Verbindung mit tiefgreifendem Know-how der finanziellen und operativen Restrukturierung ermöglichen es AlixPartners, auf Herausforderungen in Konzernen, Großunternehmen sowie bei mittelständischen Unternehmen einzugehen. In zahlreichen Fällen haben erfahrene Manager von AlixPartners bei herausfordernden Unternehmenssanierungen interimistisch Führungsfunktionen übernommen.
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