The Mountain Research Initiative
5. Internationaler Tag der Berge: Dem Wandel auch in der Schweiz ins Auge sehen
Bern (ots)
In der Schweiz ist das Wissen über die absehbaren Folgen des Klimawandels im Berggebiet gross, es fehlen aber die entsprechenden Anpassungsstrategien. Die Interakademische Kommission für Alpenforschung der Akademie der Naturwissenschaften, das Centre for Development and Environment der Uni Bern und die internationale Mountain Research Initiative fordern anlässlich des 5. internationalen Tages der Berge zum Handeln auf.
Der diesjährige Tag der Berge steht unter dem Motto "Facing Change: Climate Change in Mountain Areas". Berggebiete sind vom Klimawandel besonders betroffen. Gletscher schmelzen oder sind gar schon verschwunden, Permafrosthänge geraten ins Rutschen, der Schnee bleibt aus, Überschwemmungen und andere Naturgefahren häufen sich. Damit wird die Lebensgrundlage der Bevölkerung in den Bergregionen bedroht. Gleichzeitig hängen auch wir von den Berggebieten ab: das Wasser, das als Regen in den Bergen fällt, oder als Schnee und Eis gespeichert wird, ist Lebensgrundlage für über die Hälfte der Weltbevölkerung.
In der Schweiz haben wir gute wissenschaftliche Grundlagen, um auf den Wandel reagieren zu können: So zeigt eine Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee, und Landschaft (WSL), dass die durchschnittliche Erwärmung im Alpenbogen 0.57 Grad pro Dekade beträgt, d.h. doppelt so hoch ist, wie in der nördlichen Hemisphäre insgesamt.
Unter den zukünftigen Klimaszenarien zeigt sich in der Schweiz ein ähnliches Muster wie in vielen Berggebieten der Nordhalbkugel, von den Alpen über Zentralasien, zur Amerikanischen Westküste: Klimaforscher der Uni Genf sagen zu viel Wasser im Winter und im frühen Frühjahr voraus, dafür einen Wassermangel im späten Sommer.
Dies beeinflusst - unter anderem - die Schadenanfälligkeit der Stromerzeugung: Hydrologin Bettina Schäfli zieht auf Grund einer Studie in einem Walliser Einzugsgebietes den Schluss, dass unter verschiedenen Klimaszenarien der Niederschlag lediglich um 8 Prozent abnimmt, die vergletscherten Flächen jedoch beinahe total verschwinden. Dies führt zu einer 36-prozentigen Reduktion des produzierten Stroms. Die Vulnerabilität - zu deutsch die Anfälligkeit für Schäden und ungewollte Entwicklungen - nimmt in diesem Fall um ein Dreifaches zu.
Noch ist das Wissen, wie sich die Trends regional auswirken gering. Gezieltere Anstrengungen seitens der Forschung sind notwendig, um die lokalen Ausprägungen des Klimawandels auf die Berg-Ökosysteme zu verstehen.
Ein ebenso grosser Handlungsbedarf besteht bei der strategischen Planung von Anpassungsmassnahmen. Die Wintersport-Industrie reagiert mit Schneekanonen, Höherlegung der Skigebiete oder Diversifizierung. Was fehlt ist eine langfristige Planung für wärmere Winter, getragen von Verwaltung, Verbänden und Privatwirtschaft. Mit einem sich ändernden Klima intensivieren sich die Naturgefahren. Bund und Kantone stellen heute teilweise die nötigen Instrumente - wie zum Beispiel die Karte der potentiellen Permafrostverteilung des Bafu - zur Verfügung, damit Gemeinden und Regionen planen können. Es ist dringend nötig, die Forschungsresultate und Klimaszenarien auch in anderen Bereichen der Risiko-Verminderung einzubeziehen, und ein konsequentes regionales und lokales Risikomonitoring zu etablieren.
Die grosse Herausforderung besteht heute darin, sich langfristig auf die Veränderungen vorzubereiten.
Der internationale Tag der Berge ruft aber nicht zur zum nachträglichen Reagieren auf - er erinnert auch daran, dass der Klimawandel menschgemacht ist, und dass es in unseren Händen liegt, den Schaden kleiner werden zu lassen.
Kontakt:
Claudia Drexler
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