Bis zur letzten Instanz, Kommentar zur Causa Leo Kirch von Bernd Wittkowski,
Frankfurt (ots)
Rund 1 Mrd. Euro hat die Deutsche Bank 2011, jenseits der in der Erfolgsrechnung zu Buche stehenden Aufwendungen, zulasten des Eigenkapitals für Rechtsrisiken reserviert. Entsprechende Händel hat sie in Hülle und Fülle, aber nun scheint klar, worauf sich der verklausulierte Hinweis von Vorstandschef Josef Ackermann auf der Jahrespressekonferenz zumindest auch bezog: auf die Causa Leo Kirch. Ein Vergleich in der Größenordnung von 800 Mill. Euro mit den Erben des Medienunternehmers ist offenbar konkret im Gespräch. Doch sollte sich niemand zu früh freuen: Noch ist nichts in trockenen Tüchern, und sollte noch etwas dazwischenkommen, wäre es in der vor zehn Jahren und zehn Tagen mit einem Interview des Ackermann-Vorgängers Rolf Breuer losgetretenen Auseinandersetzung nicht der erste gescheiterte Vergleichsversuch.
Wer hätte überhaupt Grund zur Freude? Die Kirch-Seite gewiss, auch wenn 800 Mill. Euro weit weg wären von den einst geforderten Milliardenbeträgen. Freuen würden sich - wenn sie nicht sogar treibende Kräfte hinter den Einigungsbemühungen sind - Ackermanns designierte Nachfolger Jürgen Fitschen und Anshu Jain. Dass sie sich nach Übernahme der Führung nicht noch weitere Jahre mit diesem nicht nur Legionen von Juristen auslastenden, sondern auch jede Hauptversammlung der Bank strapazierenden Thema herumschlagen wollen, wäre zweifellos verständlich.
Aber was hätten die Aktionäre der Bank davon? Hat diese nicht immer steif und fest behauptet, im Recht zu sein? Hat Ackermann nicht stets betont, die Bank werde sich in solchen Fällen "mit allen gebotenen Mitteln zur Wehr setzen"? Haben die Bank und Breuer, der in seinem Interview 2002 ja tatsächlich etwas ausgesprochen hatte, das man vorher in der Zeitung lesen konnte, in den Dutzenden von Kirch angezettelten Prozessen nicht wichtige Etappensiege erreicht? Liefe das Eingehen auf einen so teuren Vergleich dann nicht auf ein Schuldeingeständnis und darauf hinaus, Geld zum Fenster rauszuwerfen?
Und welche Garantie hätte die Bank überhaupt, dass die Sache damit wirklich ausgestanden wäre? Mit einem zivilrechtlichen Vergleich kann sie sich nicht von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Ackermann und andere freikaufen. Sie wäre auch nicht dagegen gefeit, dass Trittbrettfahrer, die angeblich gar nichts mit Kirch zu tun haben, das Thema weiter für ihre eigenen Spielchen nutzen und allen drei Organen der Bank auf die Nerven gehen.
Die Deutsche Bank muss die Causa Kirch, so lästig sie ist, ausfechten - bis zur letzten Instanz.
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