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Uneins, ob uneins, Kommentar zum Eurosystem von Stephan Balling

Frankfurt (ots)

Es ist grotesk: Bei Gesprächen mit Bundesbankern verschiedenster Hierarchiestufen gewinnt man stets den Eindruck, die deutschen Währungshüter stehen im Eurosystem der Zentralbanken (ESZB) in vielen Fragen alleine da, sind isoliert. Doch dann erklärt EZB-Präsident Mario Draghi jeden Monat auf seiner Pressekonferenz, wie harmonisch alles zwischen ihm und Bundesbankpräsident Jens Weidmann sei. EZB und Bundesbank sind also offenbar sogar in der Frage uneins, ob sie uneins oder eins sind.

"Die Beziehung zu Jens ist exzellent", erklärte Draghi am Donnerstag. Niemand sei isoliert. Der gesamte EZB-Rat stünde für Stabilität. Alle dächten auch über die wachsenden Target-2-Salden nach, also die viele hundert Milliarden Euro schweren Ungleichgewichte im Eurosystem, auf deren Gläubigerseite vor allem die Bundesbank steht. Auch mit Ex-EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark sei alles im Reinen, über dessen Kritik an einer "schockierenden Qualität" der ESZB-Bilanz äußert Draghi Unverständnis. Schließlich habe Stark noch im Dezember für die jüngsten Dreijahreskredite der EZB gestimmt.

Wem soll man nun glauben? Zwar mag auch die Bundesbank nicht immer nur Fairplay und manchmal gar Foul spielen, aber unterm Strich scheint doch vor allem Draghi die Öffentlichkeit an der Nase herumzuführen. Stichwort Stark: Glaubt man dem Ex-Direktoriumsmitglied, wird über geldpolitische Entscheidungen nicht abgestimmt, der EZB-Präsident stellt lediglich "Einstimmigkeit" oder "Konsens" (bei expliziten Gegenstimmen) fest. Stark hat demnach nicht explizit für den Dreijahrestender gestimmt, höchstens nicht dagegen. Noch wichtiger: Die Bundesbank - und wohl auch Stark - haben vor allem dagegen votiert, dass die EZB bei den Langfristgeschäften so laxe Sicherheiten und keinen Zinsaufschlag verlangt. Dass Draghi diese Details weglässt, erinnert an die Chuzpe früherer Bundespräsidenten, die über ihre Kreditbeziehungen befragt wurden.

Aber das kennt man von der EZB: Da werden Staatsanleihen gekauft, was für die meisten Ökonomen eindeutig indirekte Staatsfinanzierung ist. Doch die EZB begründet die Käufe mit einer Störung des geldpolitischen Transmissionsmechanismus, ohne zu erklären, worin konkret diese Störung besteht. Aufgrund dieser Ungereimtheiten in der EZB-Kommunikation genießt die Bundesbank jedenfalls eine wesentlich höhere Glaubwürdigkeit als die EZB. Man sollte folglich eher davon ausgehen, dass die deutschen Währungshüter die Wahrheit sagen und tatsächlich im Eurosystem nicht mehr viele Freunde haben.

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