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Lieber altbacken als sexy, Kommentar zu den Bilanzpressekonferenzen von Helaba und BayernLB, von Bernd Wittkowski.

Frankfurt (ots)

Wenn's dem Esel zu wohl wird, geht er auf's Eis. Die Helaba hat 2011, der Staatsschuldenkrise und anderen Widrigkeiten zum Trotz, ein Rekordergebnis erzielt. Und nun ein Umbau des Vorstands? Ist das Hybris, vielleicht auf der Trägerseite? An der Leistung im abgelaufenen Geschäftsjahr kann es kaum liegen, wenn die Vertragsverlängerungen für den stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Johann Berger und Vorstandsmitglied Gerrit Raupach bisher nicht erfolgt sind, obwohl es dafür an der Zeit wäre. Solche Signale des Verwaltungsrats oder einer Mehrheit des Gremiums - im Fall der Helaba 36 Mitglieder, davon ein Drittel Arbeitnehmervertreter - werden ja in aller Regel nicht unabsichtlich oder zufällig gesetzt.

Da alle Beteiligten schweigen oder dementieren, nicht einmal verraten wollen, um wen es überhaupt gehen könnte, lässt sich über die Hintergründe nur spekulieren. Dass im September die Verträge von Immobilienvorstand Berger (52) und Marktfolgevorstand Raupach (51) auslaufen, kann man gerade noch an fünf Fingern abzählen. Aber was haben sie ausgefressen, das gegen eine Verlängerung sprechen könnte? Hat der von der HypoVereinsbank/Unicredit zur Helaba gekommene Berger den Stallgeruch der Sparkassen nicht ausreichend angenommen? Hängt Raupach seine Vergangenheit bei der SachsenLB noch in irgendeiner Form nach?

Solche Sorgen hätte die BayernLB gerne. Die beiden Landesbanken haben am Donnerstag das erwartete Kontrastprogramm präsentiert. Die Münchener liegen ihren Eigentümern - der Freistaat mit 94% und die regionalen Sparkassen mit 6% - einmal mehr auf der Tasche. Nebenbei: Wenn die Commerzbank die stillen Einlagen des Staates nicht bedient, wird das von den Sparkassen schon mal als Wettbewerbsverzerrung angeprangert. Der gleiche Vorwurf im Fall der mit 10 Mrd. Euro vom Staat gestützten BayernLB lässt noch auf sich warten. Die Helaba musste derweil schon reichlich Pauschalwertberichtigungen bilden und vermutlich an weiteren Stellen Reserven legen - und konnte den eigentlich nicht so recht in die Zeit passenden Rekordgewinn doch nicht vermeiden. Damit haben die Frankfurter im Feld der Landesbanken eindrucksvoll die Führungsposition übernommen.

Aber ganz unabhängig von Erfolg oder Misserfolg: Die Gewinn-und-Verlust-Rechnungen nach internationaler Rechnungslegung kann man fast nicht mehr ernst nehmen. Spaß machen sie freilich auch nicht, weder dem externen Betrachter noch den bedauernswerten Menschen, die sie erstellen müssen. "Natürlich ist diese IFRS-Rechnungslegung alles andere als hilfreich", meint Helaba-Chef Hans-Dieter Brenner, der immerhin auf über zwei Jahrzehnte Erfahrung als Wirtschaftsprüfer zurückblicken kann.

Der neueste (sicher nicht der letzte) Schrei, der Bilanzierung noch mehr als bisher zur reinen Glückssache macht, nennt sich "Cross Currency Swaps" - Derivate im Zusammenhang mit der Refinanzierung von Fremdwährungsgeschäften. Die nun zu allem Überfluss um eine Liquiditätskomponente erweiterte Marktbewertungspflicht sorgt dafür, dass sich die ohnehin extreme Volatilität in den Zahlenwerken nochmals potenziert. Da kann es, zumal in Zeiten von Marktverwerfungen, schon bei einer mittelgroßen Bank über einen Stichtag schnell mal um einen zusätzlichen dreistelligen Millionenbetrag rauf- oder runtergehen. Die nachhaltige Aussagekraft solcher Bilanzen bleibt dann doch recht überschaubar.

An den zwischen BayernLB und Helaba stark divergierenden Grundtendenzen ändern allerdings auch die Haarspaltereien der Standardsetzer nichts. Und hier zahlt sich nun für das Spitzeninstitut der hessischen und thüringischen, bald wohl auch der nordrhein-westfälischen und brandenburgischen Sparkassen aus, dass es in der Vergangenheit "etwas altbacken" war. Sexy fanden andere Landesbanken, nicht zuletzt die BayernLB, ihre fantasievollen, risikofreudigen, auf Expansion angelegten Geschäftsmodelle.

Die verheerenden Folgen sind seit Beginn der Finanz- und anschließend der Staatsschuldenkrise zu besichtigen und werden dazu führen, dass in der Landesbankenlandschaft kaum ein Stein auf dem anderen bleibt. Die bevorstehende Zerschlagung der WestLB ist nicht der Anfang, aber auch längst nicht das Ende des Bereinigungsprozesses. Auch in München läuft es ja auf eine Zerschlagung hinaus, wiewohl die Bank, anders als in Düsseldorf, nicht ganz von der Bildfläche verschwinden wird. Aber wie eine auf Geheiß der EU-Kommission auf die Hälfte ihrer Ausgangsgröße schrumpfende BayernLB - ihre Bilanzsumme wird dann etwa dem um die WestLB-Verbundbank angereicherten Volumen der Helaba entsprechen - in Zukunft das Geld verdienen soll, um in überschaubarer Zeit einen angemessenen Teil der Staatshilfe zurückzuerstatten, das fällt noch unter das bayerische Landesbankgeheimnis. Die Optionen, die Vorstandschef Gerd Häusler dazu aufzeigt, scheinen in mancher Hinsicht doch eher Hoffnungswerte zu sein. Hinzu kommt: Teure Kostgänger wie die ungarische Tochter MKB werden die Weiß-Blauen zumindest auf die Schnelle nicht los.

Die Helaba aber hat, wenn sie sich nicht durch überflüssige Manöver selbst ein Bein stellt, beste Chancen, auch dauerhaft zu den Gewinnern der Umwälzungen zu gehören. Ihre strategische Aufstellung und die Erfolgsrechnungen nicht nur des vergangenen Jahres sind ein hervorragendes Fundament, auf dem sich aufbauen lässt. In der Tat kann sich die Bank mit ihrem Vorsteuerergebnis von fast einer halben Mrd. Euro, wie Brenner sagt, "in der deutschen Kreditwirtschaft sehen lassen". So viel Stolz darf sein.

(Börsen-Zeitung, 30.3.2012)

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