Keine Spannung, Kommentar zur Zukunft von Elektroautos in Deutschland, von Ulli Gericke.
Frankfurt (ots)
Während Experten wie Ferdinand Dudenhöffer das Elektroauto schon kurz vor dem Scheitern sehen, gibt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel wieder einmal erfrischend bodenständig. "Wir sind zurzeit dabei, den Garten ordentlich umzugraben und zu säen", antwortet die studierte Physikerin auf Fragen, ob die Zukunft der E-Autos nicht schon abgelaufen sei oder ob ohne Prämien zum Kauf der teuren Wagen überhaupt ein Markt entstehe.
Die Zweifel sind berechtigt. E-Autos sind rund 10000 Euro teurer als herkömmliche - dafür bekommt der Käufer aber eine arg begrenzte Reichweite, weil die Batterie allzu schnell schlappmacht. Kein Zweifel, der Elektro-Hype ist inzwischen restlos verpufft. In Zahlen: Ende vergangenen Jahres waren hierzulande rund 43 Millionen Autos angemeldet, davon 47600 Hybride mit kombiniertem Sprit- und Batterieantrieb sowie 4782 E-Autos. In den ersten acht Monaten 2012 wurden 2,1 Millionen Kfz neu angemeldet - davon 2595 E-Autos, zu denen nicht nur rein batteriebetriebene zählen,sondern auch Plug-ins und Range Extender. Erstere werden per Stromkabel geladen. Beim Reichweitenverlängerer springt ein kleiner Motor an, wenn die Batterie leer läuft.Kein Wunder, dass angesichts dieser mageren Zahlen Dudenhöffer das Regierungsziel von einer Million E-Autos im Jahr 2020 als "weltfremd und naiv" abkanzelt.
Die Kanzlerin dagegen warnt vor voreiligen Schlüssen. Da die hiesige Industrie erst in den kommenden zwei Jahren ihre Offensive mit 15 unterschiedlichen Modellen startet - vom Elektro-Smart über die brennstoffzellengetriebene B-Klasse und den elektrischen 3ern von BMW und Audi bis zum E-Porsche - lässt sich über Erfolg oder Misserfolg erst in Zukunft urteilen. Erst dann lässt sich auch valide beurteilen, welche Technik wirklich geeignet ist.
Bis dahin bedarf es weiterer Milliardeninvestitionen - ohne dass die Autoindustrie einen Return auch nur am fernen Horizont erkennen könnte. 40% aller Investitionen in Motoren fließen derzeit in alternative Antriebe - in eine Technik, der im Jahr 2020 maximal ein Anteil von 5% zugeschrieben wird. Ein krasses Missverhältnis. Doch die Angst steigt, dass Staaten oder Städte wegen der zunehmenden Umweltverschmutzung nur noch CO2-freie Autos genehmigen oder die Konkurrenz mit ihren E-Autos auf und davon fährt. Gleichwohl sollte die Regierung bei ihrem strikten Nein für Kaufanreize bleiben, da sich neue Techniken auch ohne Subventionen durchsetzen müssen und die künftigen Gewinne daraus auch nicht mit dem Staat geteilt werden.
(Börsen-Zeitung, 2.10.2012)
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