Schöne Bescherung, Kommentar zum angekündigten Wechsel an der Spitze der Deutschen Telekom, von Heidi Rohde.
Frankfurt (ots)
Die T-Aktionäre haben den angekündigten Wechsel an der Spitze mehr oder minder mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen. Damit darf sich das langjährige Tandem Obermann und Höttges eine gelungene Bescherung attestieren. Weder jubeln die Anleger - etwa darüber, dass der bisherige Konzernchef endlich abtritt -, noch senken sie den Daumen über die gefundene Nachfolgeregelung. Dies, obwohl der von der Telekom postulierte "geordnete Übergang" das Unternehmen immerhin ein Jahr lang mit einem Vorstandschef auf Abruf konfrontiert. Damit krönt Obermann sein Wirken mit einem etwas zauderlichen Abgang, mit dem er auch quasi selbstredend eingesteht, dass bei der Telekom nach sechs Jahren unter seiner Führung noch einiges im Argen liegt.
Tatsächlich fällt Obermanns Bilanz gemischt aus. So hat er ohne Zweifel insbesondere im Inlandsgeschäft einiges angepackt und erreicht, was zuvor jahrelang von der Konzernführung ignoriert wurde und schließlich zu einer massiven Krise der Telekom im Heimatmarkt geführt hat, die den heute 49-Jährigen Ende 2006 auf den Chefposten beförderte. Zwei milliardenschwere Sparprogramme und ein groß angelegter Umbau der inländischen Organisation, bei der der Konzernchef einen Großkampf mit den Gewerkschaften ausfocht, trugen Früchte: Die Telekom konnte insbesondere ihr traditionelles Festnetzgeschäft stabilisieren und dessen Ertragskraft stärken. Allerdings stehen für die nähere Zukunft die Zeichen schon wieder auf Sturm. Gegen die wachsende Konkurrenz der Kabelgesellschaften hat die Telekom bisher kein Mittel gefunden. Im Mobilfunk nagen Drittanbieter und ein scharfer Wettbewerb am Geschäft.
Weniger positiv fällt das Urteil über Obermanns Portfolio-Management aus. Der als großartiger Überraschungscoup verkündete Verkauf von T-Mobile USA für sagenhafte 39 Mrd. Dollar scheiterte grandios am Veto der Behörden. Der Telekom-Chef muss sich vorwerfen lassen, sein Ohr interessengeleiteten Beratern geliehen zu haben, die einem Deal das Wort redeten, der von Anfang an keine Aussicht auf grünes Licht hatte. Infolgedessen stand die Telekom in den USA vor einem Scherbenhaufen, den sie nun mühsam zusammengefegt hat, um einen neuen Anlauf zum Schulterschluss zu machen. Aber auch dem Merger mit MetroPCS drohen Störfeuer. Auch andernorts im Portfolio brennt's. Der aus heutiger Sicht überteuerte Kauf von OTE ist ein Desaster; ob es gelingt, im Joint Venture in Großbritannien Werte zu heben, muss sich zeigen. Obermann übergibt seinem Nachfolger eine nach wie vor große Aufgabe.
(Börsen-Zeitung, 21.12.2012)
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