Das Blatt bessert sich, Kommentar zur Entwicklung des deutschen Bruttoinlandsprodukts, von Reinhard Kuls.
Frankfurt (ots)
Es war ein sehr schwieriges Jahr, in dem sich Deutschland zu behaupten hatte. 2012 stand die Existenz des Euro auf dem Spiel, und in das Währungsgebiet gehen fast 40% der Exporte Deutschlands, einer Volkswirtschaft, die ohnehin sehr stark von ihren Ausfuhren lebt.
Der Euroraum befindet sich in der Rezession. Dass Deutschland dieses Schicksal vermeiden, dabei seine Ausfuhren in die übrigen Absatzmärkte außerhalb der ebenfalls von der Euro-Krise tangierten EU-Staaten lenken und dabei insgesamt auch noch steigern konnte, nötigt aber Respekt ab. Dies umso mehr, als in den nicht zur EU gehörenden Drittländern die Konjunktur ebenfalls nicht rund lief.
Ganz freimachen konnte sich Deutschland freilich auch nicht von all den bremsenden Effekten in seinen Absatzmärkten, sondern ist im Schlussquartal unter die ökonomische Wasserlinie gerutscht. Mag das saisonbereinigte Quartalsminus von rund 0,5% auch etwas größer sein, als man sogar nach den zuletzt enttäuschenden Monatsdaten zum Auftragseingang und zum Ausstoß der Industrie angenommen hatte - Grund zur Panik ist dies alles nicht.
Zum einen bietet bereits der gestern von den Wiesbadener Statistikern vorgelegte BIP-Datenkranz Anlass zu vorsichtiger Zuversicht. Denn das deutsche Wachstum im Gesamtjahr gebremst hat allein die Ausgabenzurückhaltung der Unternehmen. Wer die eigene Währung kurz vor der Implosion weiß, investiert nicht. Inzwischen hat sich das Euro-Blatt aber gebessert, auch wenn weitere Phasen vorübergehender Verunsicherung nicht ausgeschlossen werden können. Die Firmen dürften jedoch wieder investieren.
Konjunkturell stabilisiert hat dagegen im vergangenen Jahr neben den oben erwähnten Erfolgen der deutschen Exporteure die Konsumnachfrage. Die Verbraucher haben sich dem realen Geldschwund aufgrund der Mickerzinsen weitgehend verweigert. Geholfen haben der Arbeitsmarkt mit Rekordbeschäftigung und die realen Lohnerhöhungen. Die Sparquote liegt auf einem Zehnjahrestief. Angesichts noch immer guter Beschäftigungsaussichten spricht nichts gegen eine weiterhin robuste private Konsumnachfrage.
Und auch die Schwellenländer, Konjunkturmotoren der Weltwirtschaft, scheinen langsam aus ihrer Wachstumsdelle herauszufinden. So könnte das schwache Schlussquartal 2012 die Talsohle gewesen sein, aus der es für die deutsche Konjunktur wieder aufwärts geht - auch wenn das Wachstum zunächst nur verhalten in Gang kommen dürfte.
(Börsen-Zeitung, 16.1.2013)
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