Sprung in neue Dimension, Kommentar zur Allianz von Michael Flämig
Frankfurt (ots)
Nettogewinn verdoppelt und operatives Ergebnis um ein Fünftel nach oben geschraubt - was will man mehr in diesen Zeiten? Die Allianz hat am Donnerstag Zahlen für das Jahr 2012 vorgelegt, die mit hohen Steigerungsraten aufwarten. Doch die Reaktion des Kapitalmarktes fiel unterkühlt aus. Die Investoren schickten die Aktie in den Keller. Noch bemerkenswerter: Auch Allianz-Chef Michael Diekmann wählte ein eher nüchtern-zurückhaltendes Vokabular, um das Jahresergebnis einzuordnen. Wie sind diese Reaktionen zu gewichten?
Die Tagesform der Allianz-Aktie sollte nicht überbewertet werden. Schließlich war das Papier sogar mit einem leichten Plus in den Handel gestartet. Der spätere Einbruch ist auch Ausdruck der allgemeinen Schwäche des Finanzsektors. Aber zugleich löste die Allianz sich wieder einmal nicht vom allgemeinen Trend. Immer noch ist das Schicksal des Titels eng an die Entwicklung im Euroraum gekettet - die Münchner können keine eigene Börsenkonjunktur kreieren. Dabei spielt es aber auch eine Rolle, dass die Ausschüttungspolitik genauso konservativ angelegt ist wie die Unternehmenskultur. Es drängt sich sogar der Eindruck auf, dass der Vorstand manche Polster etwa in dicken Rücklagen für das Finanzamt bildet, damit ein zu hohes Nettoergebnis nicht zu einem Aufschlag bei der Dividende zwingt. Angesichts der Kapitalstärke der Münchner wird sich diese Politik im nächsten Jahr nicht wiederholen lassen. Zudem sind die Liquiditätszuflüsse durch das Asset Management gewaltig, geht doch das ganze Geld abseits notwendiger Investitionen an die Allianz.
Die zurückhaltende Beurteilung des Allianz-Chefs dagegen wurzelt in dem Vertrauen: Das Unternehmen kann noch viel mehr. Tatsächlich ist der Gewinnanstieg 2012 abseits des Asset Management ausschließlich durch externe Faktoren getrieben. Die Kapitalmärkte waren so freundlich, keine Wertberichtigungen in relevanter Größenordnung zu erzwingen. Dagegen haben die Lebens- und Sachversicherung noch keine großen operativen Fortschritte gezeigt. Derartige Erfolge sind aber zumindest in der Sachversicherung absehbar. Auf dem Heimatmarkt Deutschland hat die Allianz im vierten Quartal eine sensationell niedrige Schaden-Kosten-Quote von knapp 93% erreicht. Damit deutet sich an, dass die gesetzten Ziele in Reichweite sind. Für die Allianz kommt es nun darauf an, den Sprung in eine neue Dimension nicht durch Nachlässigkeiten in der Umsetzung zu gefährden. Operative Disziplin ist gefragt.
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