Um Ruhe bemüht, Kommentar zur Erneuerung des Managements bei der britischen Barclays Bank, von Carsten Steevens.
Frankfurt (ots)
Auch wenn UBS und Royal Bank of Scotland von Aufsehern schon höhere Strafen für ihre Beteiligung an den jahrelangen Manipulationen von Interbankenzinssätzen wie dem Libor erhielten: Barclays hat der Skandal zweifellos am stärksten getroffen. Das britische Institut feuerte auf Betreiben der Notenbank seinen Vorstandschef, der Verwaltungsratsvorsitzende übernahm die Verantwortung für Defizite in der Unternehmenskultur und ging ebenfalls. So dringend wie keine andere Großbank musste Barclays aufgrund der Reputationsschäden Besserung geloben und Geschäftsprinzipien neu definieren. Dass sie nun die Trennung von ihrem Investmentbankchef bekannt gegeben hat, passt zu dem Versuch, die vergangenen Jahre, in denen die Bank mehr mit hohen Vergütungen für die Mitglieder ihrer Führungsetage als mit Geschäftserfolgen auf sich aufmerksam machte, hinter sich zu lassen.
Unter die Ära des geschassten amerikanischen Konzernchefs Bob Diamond, einem der meistgehassten Banker in Großbritannien, zieht Barclays mit dem Abschied seines langjährigen Adjutanten personell einen Strich. Nach dem flamboyanten Rennpferdesammler Rich Ricci, der noch im März mit Erlösen von fast 18 Mill. Pfund aus dem Verkauf von Aktien an beste City-Zeiten erinnerte, sollen nun ein landläufig kaum bekannter Händler und ein Transaktionsspezialist eine Doppelspitze in der nach wie vor bedeutsamen Investmentbanksparte bilden. Diese trug 2012 rund 60% zu dem um Sonderfaktoren bereinigten Vorsteuerergebnis des Konzerns bei. Erkennbar wird das Bemühen der Bank, für Ruhe zu sorgen und Angriffsflächen zu verringern.
Die Abstinenz allzu negativer Schlagzeilen benötigt Barclays in den kommenden Jahren mehr denn je. Zwar ist der Aktienkurs seit dem Abgang Diamonds Anfang Juli vorigen Jahres um 70% sehr viel stärker gestiegen als etwa der des größeren Rivalen HSBC. Das verschafft Luft. Doch wurden lediglich hohe Abschläge auf den Buchwert aufgeholt. Das erneuerte Management um Vorstandschef Antony Jenkins, einen Retailbanker, muss jetzt zeigen, dass Kapitalkosten verdient werden können in Zeiten, in denen die von Regulierern verlangte Isolierung des Privatkundengeschäfts die Kosten der Investmentbanksparte steigen lässt und in denen von Regulierern festgestellte Kapitallücken für Anleger möglichst schonend zu schließen sind. Das neue Management wird unter diesen Umständen jedoch vor allem zu beweisen haben, dass das Versprechen einer neuen Unternehmenskultur nicht bloß schöne Rhetorik war.
(Börsen-Zeitung, 19.4.2013)
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