Kraftpakt, Kommentar zum Freihandelsabkommen von Detlef Fechtner
Frankfurt (ots)
Barack Obama hat sich bei seinem ersten Besuch von Europas Hauptstadt darum bemüht, den Verhandlungen über den umstrittenen transatlantischen Handelspakt neuen Schwung zu verleihen. Und er hat sich dabei recht geschickt angestellt. Denn der Amerikaner in Brüssel ist geradezu wie ein Europäer aufgetreten. Keine großspurigen Ansagen, keine schönfärberischen Prognosen, keine kraftmeierischen Grüße an das heimische politische Publikum.
Vielmehr hat Obama die Vorbehalte, die es unter Europas Bürgern aus Sorge vor einer Verwässerung von Umweltstandards und Verbraucherschutz gibt, ohne Häme aufgegriffen. Er werde kein Abkommen unterzeichnen, das den Verbraucher- und Umweltschutz schwäche, versprach der US-Präsident. Diese generelle Zusage allein wird zwar die Kritiker des Abkommens nicht verstummen lassen. Aber sie könnte dazu beitragen, die aufgeheizte Debatte über die vermeintliche Erpressung von Staaten durch klagewütige Unternehmen zu versachlichen. Insofern dürfte sie EU-Kommissar Karel De Gucht das Leben etwas erleichtern.
De Gucht steht vor einer ausgesprochen schwierigen Aufgabe. Einerseits hat er versprochen, die Einwände der Kritiker ernst zu nehmen. Andererseits will er am Investorenschutz festhalten. Das dürfte allenfalls gelingen, wenn er - wie er es vorhat - die Transparenz der Verfahren erhöht und das Risiko für Firmen vergrößert, falls sie Staaten vor Gericht zerren. Und wenn die Amerikaner, indem sie Geduld und Verständnis zeigen, in der Öffentlichkeit wieder stärker als Partner denn als Gegner wahrgenommen werden.
Obama hat zugleich ein kluges Erwartungsmanagement betrieben. Er hat signalisiert, dass nach seinem Verständnis Handelsabkommen Zeit brauchen - und deshalb alle Beteiligten Geduld. Zuletzt gab es immer wieder Spekulationen über ein baldiges Scheitern oder über kurzfristige Durchbrüche der Verhandlungen, die sich auf das tagespolitische Umfeld bezogen. Nach dem Motto: Der Datenskandal mache einen Pakt unmöglich. Oder die Ukraine-Krise werde gewiss die Freihandelsgespräche beschleunigen.
Solche Mutmaßungen haben einen zu kurzfristigen Horizont. Das Freihandelsabkommen wird schwierig und langwierig. Der Pakt wird ein Kraftakt - ein Kraftpakt. Ein Abkommen solchen Umfangs braucht Jahre, nicht Monate - aber zugleich die ständige und immer wieder erneuerte politische Unterstützung. Auch die hat Obama gestern bekräftigt - und damit das Vorhaben ein Stück befördert.
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