Zur Sache bitte! Kommentar zum IWF von Mark Schrörs
Frankfurt (ots)
Wenn ein Jubilar seinen 70. Geburtstag zelebriert, gibt es meist viele warme Worte und Geschenke. Im Fall des Internationalen Währungsfonds (IWF), der wie die Weltbank dieses Jahr 70 wird, ist das etwas anders: Vor der IWF-Frühjahrstagung Ende dieser Woche gab es zuletzt vor allem seitens einiger Euro-Notenbanker beißende Kritik am Fonds, und so mancher von ihnen reist mit einigem Frust statt Geschenken nach Washington.
Schuld daran ist die Debatte, ob der Eurozone eine Deflation droht und die EZB alle Geldschleusen öffnen sollte. IWF-Chefin Christine Lagarde und EZB-Präsident Mario Draghi haben sich in der Frage gar öffentlich beharkt. Das ist nicht gut und beide Seiten sollten die Sache nicht weiter eskalieren - sonst nehmen am Ende alle Schaden.
Der IWF attestiert der Eurozone ein erhebliches Risiko einer Deflation - so steht es auch im neuen Weltwirtschaftsausblick. Das schmeckt nicht jedem, und es gibt tatsächlich vieles, was gegen diese Einschätzung spricht. Der IWF ist aber eine, wenn nicht die wichtigste Institution der Weltwirtschaft und nach der Krise zusehends als Frühwarnsystem gefragt: Es ist sein gutes Recht, zu warnen. Genauso richtig ist aber, dass er die Weisheit nicht mit Löffeln gegessen hat. Eine interne Untersuchung hat jüngst ergeben, dass er mit seinen Prognosen - wie andere auch - öfter mal danebenliegt.
Auf der anderen Seite haben die Euro-Währungshüter jedes Recht auf eine andere Sicht der Dinge. Es gibt viele gute Gründe dafür, warum die Inflation aktuell niedrig ist, und dagegen, dass das ein Vorbote einer Deflation ist. Richtig ist aber auch, dass der IWF etwa das Ausmaß der Finanzkrise früh erahnt hatte. Es macht deshalb nun Sinn, sich den Argumenten des IWF in Sachen Deflation zu stellen und sie zu entkräften, statt die Einwürfe etwas dünnhäutig abzutun.
Beide Seiten sollten sich nun auf jeden Fall darauf besinnen, was den IWF auch gegenüber anderen internationalen Organisationen auszeichnet: die sachliche Zusammenarbeit. Sonst drohen nicht nur beide an Reputation einzubüßen. Es bestünde auch die Gefahr, dass die Fortschritte, die es - bei allen bestehenden Risiken - im Euroraum eben auch gibt, überschattet werden. Daran kann keinem gelegen sein.
Zudem drohte der Streit zu verdecken, dass es auch andernorts Probleme und Risiken gibt: in vielen Schwellenländern, in Japan, aber auch in den USA. Den Verantwortlichen dort würde das zupasskommen. Aber sie dürfen nicht aus der Verantwortung entlassen werden. Es gibt noch viel zu tun, ehe die Weltwirtschaft aufatmen und feiern kann.
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