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Vertigo, Kommentar zu SAP von Stefan Paravicini

Frankfurt (ots)

Der Blick auf das Kurs-Chart von SAP löst derzeit Schwindelgefühle aus. Seit Anfang September, als der Dax-Konzern mit Concur Technologies die bisher größte Übernahme der Firmengeschichte angekündigt hatte, ist die Aktie um gut ein Siebtel abgerutscht. Im Vergleich mit dem Jahreshöchststand im Januar hat der Titel knapp ein Fünftel seines Wertes verloren. Zum Wochenauftakt gab das Papier fast 6% ab, nachdem die Walldorfer die Gewinnprognose gesenkt hatten. Grund sei das rasante Wachstum im Geschäft mit Mietsoftware aus der sogenannten Cloud, das in der kurzen und mittleren Frist auf die Marge drückt. Schon zum Jahresauftakt hatte SAP deshalb ihre Profitabilitätsziele um zwei Jahre nach hinten verschoben.

Vertigo, so der medizinische Fachausdruck für Schwindel, geht im Allgemeinen auf widersprüchliche Informationen für die am Gleichgewichtsempfinden beteiligten Sinnesorgane zurück. Auch die Investoren von SAP haben derzeit damit zu kämpfen. Auf der einen Seite wächst der Konzern rasant im Zukunftsgeschäft mit Cloud-Software, an dem ohnehin kein Weg vorbeiführt. Dass die Walldorfer im dritten Quartal hier um mehr als 40% zugelegt haben, ist eine gute Nachricht, auch wenn das zunächst geminderte Gewinnaussichten zur Folge hat. Auf der anderen Seite meldet der Konzern im traditionellen Lizenzgeschäft Einbußen, was langfristig auch auf die Erlöse mit Wartung und anderen Dienstleistungen drückt, wo SAP die höchsten Margen ausweist.

Die beiden Entwicklungen gehören zusammen, weil kein Unternehmen Softwarelizenzen kauft, wo Applikationen aus der Cloud zum Einsatz kommen. Dass die Anleger bei SAP dennoch mit Schwindelattacken kämpfen, hat denn auch noch mit anderen Nachrichten zu tun, die den Gleichgewichtssinn stören. Etwa die jüngsten Berichte über die neue Datenbanktechnologie aus Walldorf, die als Plattform für Entwickler von neuen Applikationen langsamer als erwartet Fuß fasst. Ohne die Unterstützung von unabhängigen Programmierern hat SAP auf Dauer aber keine Chance gegen Wettbewerber wie Salesforce, die bei der Erweiterung ihres Angebots auf den Erfindergeist der internationalen Entwicklergemeinde setzen.

Die Softwareindustrie befindet sich im Umbruch, und noch ist nicht ausgemacht, dass SAP in der Cloud zu den Gewinnern gehören wird. Investoren kann da schon einmal bange werden. "Hinsetzen und die Beine hochlegen", lautet das bewährte Hausmittel bei Schwindelanfällen. Viele Investoren haben gestern aber erst einmal die Flucht ergriffen.

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