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Leopold Museum

Leopold Museum gelingt sensationelle Entdeckung: Verschollener Schiele nach mehr als 100 Jahren wieder aufgetaucht

Leopold Museum gelingt sensationelle Entdeckung: Verschollener Schiele nach mehr als 100 Jahren wieder aufgetaucht
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Wien (ots)

Das Gemälde "Leopold Czihaczek am Klavier" von Egon Schiele (1890-1918), ein bedeutendes Frühwerk des Künstlers, ist künftig als Dauerleihgabe im Leopold Museum zu sehen.

"Das 1907 entstandene und bislang als verschollen geltende Schiele-GemäldeLeopold Czihaczek am Klavier hat sich in Privatbesitz in äußerst gutem Zustand erhalten. Die Besitzer*innen erklärten sich bereit, das Gemälde dem Leopold Museum als Dauerleihgabe zur Verfügung zu stellen. Nach der Reinigung und Restaurierung wollen wir das Gemälde in derWien 1900-Dauerpräsentation der Öffentlichkeit zugänglich machen. Das Werk wird auch als NFT (Non Fungible Token) geminted und ein Bonus-Highlight zu jenen Werken sein, die wir für den bevorstehenden NFT Launch von Schiele-Werken der Sammlung Leopold ausgewählt haben. Der Erlös soll nicht nur die Restaurierung finanzieren, sondern im Idealfall auch den Ankauf des Czihaczek-Bildnisses ermöglichen."Hans-Peter Wipplinger, Direktor des Leopold Museum

Leopold Czihaczek, Onkel und Vormund Schieles

Das Gemälde zeigt den Onkel und Vormund Egon Schieles, Leopold Czihaczek (1842-1929), beim Klavierspiel. Czihaczek hatte das Bild, vermutlich ein Auftragswerk, direkt von seinem Neffen und Mündel Egon Schiele erhalten. Schiele porträtierte seinen Onkel in den Jahren 1907 und 1908 mehrmals. Nach dem frühzeitigen Tod von Egons Vater Adolf Schiele (1850-1905) hatte Czihaczek, der mit Marie – einer Schwester des Vaters – verheiratet war, im Jahr 1906 die Vormundschaft über Egon Schiele übernommen. Der Beamte Leopold Czihaczek war Ministerialrat und Oberinspektor der Kaiser Ferdinands-Nordbahn der k.k. österreichischen Staatsbahnen. In seiner Wohnung in der Zirkusgasse in der Wiener Leopoldstadt befand sich ein großes Musikzimmer mit zwei Klavieren, wie Otto Kunst im Beitrag Egon Schiele und seine Tante in der TageszeitungDer Wiener Tag vom 21. März 1937 berichtete.

Egon Schieles Akademiejahre

Egon Schiele überlegte ursprünglich, an die Wiener Kunstgewerbeschule zu gehen. Die Zeichnungen, die er dort vorwies, zeugten von seinem großen Talent und man empfahl ihm, sich an der Akademie der bildenden Künste zu bewerben. Am 3.10.1906 telegrafierte Leopold Czihaczek an seine Frau Marie: "Egon glänzend durch". Das Verhältnis Schieles zu seinem damals bereits 68-jährigen Akademie-Professor Christian Griepenkerl (1839-1916), der auch Carl Moll, Richard Gerstl und Anton Faistauer unterrichtete, war ein schwieriges und führte im Frühjahr 1909 zum Austritt Schieles und einiger seiner Kollegen aus der Akademie.

"Stilistisch greift das Gemälde im Pinselduktus impressionistische Tendenzen auf und zeigt die gedeckte Farbpalette des Frühwerks. In kompositorischer Hinsicht schlägt Schiele eine Differenzierung in beleuchtete und verschattete Bildpartien vor, die ihn das ungewöhnlich große Querfomat trotz der gewählten Perspektive dramaturgisch bewältigen lassen. Die Nahsicht auf den Klavierspielenden, das Hinterfangen seines im verlorenen Profil gezeigten Kopfes durch die hellen Fensterscheiben und der Fokus, der dadurch auf die Notenblätter gelegt wird, vermitteln den Eindruck größter Versunkenheit in die Musik. Diese wird von den bewusst unscharf wiedergegebenen Händen, gleichsam abgekoppelt vom Rest des Körpers, zum Erklingen gebracht."Verena Gamper, Leopold Museum Forschungszentrum

Vorzeichnung, farbige Skizze, Gemälde

Bisher kannte man das Gemälde nur aus Vorstudien und über eine Schwarz-Weiß-Fotografie einer Raumaufnahme, in der das Gemälde an der Wand hängt. Weder die Technik noch die Maße waren bis dato bekannt. Eine erste Vorzeichnung zum Gemälde ist mit "Schiele 17.IV.07" datiert, eine darauf folgende farbige Skizze (Rudolf Leopold 1972, Nr. 31; Jane Kallir 1998, P35) ist undatiert. Diese 23,9 × 36,7 cm große Gouache auf Karton befindet sich heute in der Sammlung des Wien Museum. Das 60,2 x 100,7 cm große Gemälde schließlich (Rudolf Leopold 1972, Nr. 31 a) ist rückseitig am Keilrahmen mit "begonnen 21.IV.07" bezeichnet sowie auf der Vorderseite rechts unten signiert und datiert mit "Schiele 12.V.07". Schiele malte das Gemälde also im Alter von 16 Jahren, kurz vor seinem 17. Geburtstag.

Das Gemälde befindet sich im Originalrahmen, die Leinwand ist auf dem Keilrahmen original aufgespannt mit alter Nagelung. Dieser Originalrahmen ist auch auf jener Fotografie zu sehen, die als Vorderseite einer Ansichtskarte von Gustav Huber (1878–1945) an Marie Czihaczek dient, versandt Anfang Dezember 1930 und eigenhändig datiert mit "6/XII 30". Gustav Huber, den Leopold Czihaczek nach dem frühen Tod der Eltern ebenso wie Schiele finanziell unterstützte, besaß das Bild bis zu seinem Tod im Jahr 1945. Seitdem befand es sich auch weiterhin in Privatbesitz.

Lückenlose Provenienz

Die Provenienz des Werkes ist vollständig geklärt: Von Leopold Czihaczek, Wien (ab 1907) ging das Werk an Gustav Huber, Wien (vor 1930–1945) über und blieb auch danach in österreichischem Privatbesitz. Laut Auskunft von Melanie Schuster, der älteren Schwester Egon Schieles, an Rudolf Leopold waren Gustav Huber und Leopold Czihaczek über den Vater Hubers miteinander bekannt. Czihaczek übernahm die Kosten für das Jus-Studium Hubers. Anlässlich der Ernennung zu einem Direktor der Bundesbahnen Österreich – wann genau diese erfolgte, ist nicht bekannt – soll Huber sich das GemäldeLeopold Czihaczek am Klavier gewünscht haben.

Pressekontakt:

Leopold Museum-Privatstiftung
Mag. Klaus Pokorny und Veronika Werkner, BA
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