Roland Berger Stiftung dokumentiert Menschenhandel und Sklaverei - Preis für Menschenwürde geht an Somaly Mam aus Kambodscha
München/Berlin (ots)
Sklaverei und Menschenhandel florieren heute mehr denn je. Wie eine Dokumentation der Roland Berger Stiftung zeigt, sind weltweit Millionen Menschen Opfer: Vor allem Kinder und Frauen werden in die Prostitution verkauft oder müssen als moderne Sklaven auf Feldern, in Fabriken, Minen und Manufakturen unter oft miserablen Bedingungen schuften. In den letzten Jahren hat diese Entwicklung sich deutlich verschärft. Das Volumen des Menschenhandels hat sich seit Mitte der 1990er Jahre weltweit mindestens vervierfacht, so dass er heute neben Waffen- und Drogenhandel zu den drei größten kriminellen Betätigungsfeldern gehört. Um gegen die Verletzung der Menschenwürde und Missachtung fundamentaler Menschenrechte ein Zeichen zu setzen, vergibt die Roland Berger Stiftung erstmals den mit einer Million Euro dotierten "Roland Berger Preis für Menschenwürde - zur Förderung eines friedlichen Miteinanders in der Welt". Preisträgerin ist Frau Somaly Mam aus Kambodscha, die sich mit der von ihr gegründeten Somaly Mam Foundation und anderen Organisationen gegen Menschenhandel und die sexuelle Ausbeutung von Kindern und Frauen in Asien und weltweit engagiert. Am 24. November 2008 wird Bundespräsident Horst Köhler ihr den Preis im Rahmen eines Festabends in Berlin überreichen.
"Menschenwürde und Menschenrechte sind ein kostbares Gut, das verteidigt werden muss", begründet Roland Berger, warum er den Preis für Menschenwürde stiftet: "Solange weltweit täglich tausendfach die Menschenwürde verletzt wird, bleibt dieses Thema wichtig." Wie wichtig, zeigt die Dokumentation "Sklaverei und Menschenhandel im 21. Jahrhundert - Verletzungen von Menschenwürde und Menschenrechten in einer globalisierten Gesellschaft" der Roland Berger Stiftung: Der zunehmende weltweite Warenaustausch hat in den vergangenen Jahren nicht nur den Wohlstand der Welt insgesamt gesteigert. Im Windschatten der weltweit immer enger werdenden wirtschaftlichen Verflechtung werden auch immer mehr Menschen wie Güter be- und gehandelt. Seit Mitte der neunziger Jahre hat sich der weltweite Menschenhandel mindestens vervierfacht und zählt heute neben Waffen- und Drogenhandel zu den weltweit größten kriminellen Geschäften.
Ein Vergleich mit der Geschichte verdeutlicht die Dimensionen: Während zwischen 1500 und 1850 etwa zwölf Millionen Afrikaner als Sklaven nach Amerika verschifft wurden, wurden laut UN in den vergangenen 30 Jahren alleine in Asien 30 Millionen Frauen und Kinder Opfer von Menschenhändlern. Heute werden jedes Jahr weltweit zwei bis vier Millionen Frauen und Kinder in die Prostitution verkauft. Wie die Dokumentation der Roland Berger Stiftung zeigt, sind genaue Zahlen jedoch kaum zu ermitteln: Die Internationale Arbeitsorganisation ILO schätzt, dass 12,3 Millionen Menschen von Zwangsarbeit als Form von moderner Sklaverei betroffen sind; andere Organisationen nennen Zahlen zwischen vier und 27 Millionen. Eine weitere ILO-Studie spricht gar von 218 Millionen Kindern, die "illegal" beschäftigt sind.
Konservativ geschätzt beträgt der weltweite jährliche Gewinn durch Sklaverei rund 45 Milliarden US-Dollar; bei über zwei Drittel davon ist Menschenhandel im Spiel. Der Löwenanteil der Gewinne stammt aus Zwangsprostitution in Kombination mit Menschenhandel. Alleine in den Industriestaaten summieren sich die Profite daraus auf mehr als 15 Milliarden US-Dollar pro Jahr - hier werden die höchsten Preise für Prostitution gezahlt. Jedes Jahr werden rund eine halbe Million Frauen aus aller Welt nach Westeuropa verschleppt.
Südostasien: "Hot spot" für Menschenhandel
Gemessen an der Gesamtzahl der betroffenen Menschen bildet allerdings der asiatisch-pazifische Raum das Zentrum des Menschenhandels: Mehr als die Hälfte der weltweiten Opfer stammt von hier. Die meisten werden in der Region selbst, viele aber auch weltweit in die Prostitution verkauft. Sie müssen nicht nur Millionen einheimischen Freiern zu Diensten sein, sondern auch den weltweit jährlich 35 Millionen Sextouristen, darunter Triebtätern und Pädophilen, die die Zwangslage von Frauen und zum Teil selbst Kleinkindern ausnutzen. Die südostasiatischen Staaten Kambodscha, Laos, Thailand und Vietnam sind besonders betroffen. Allein in Kambodscha werden täglich etwa 50.000 Frauen und minderjährige Mädchen Opfer sexueller Ausbeutung. In Laos erleichtern neue Autobahnen den Transport der "Ware Mensch" zu den Zielmärkten des internationalen Frauenhandels. Dazu zählt neben Vietnam vor allem Thailand, wo die Sex-Industrie mit 27 Milliarden Dollar rund 14 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt.
Die Opfer von Menschenhandel und (sexueller) Sklaverei leiden ihr Leben lang unter den Folgen: Wie die Dokumentation der Roland Berger Stiftung darstellt, werden fast alle körperlich misshandelt; drei Viertel der zwangsprostituierten Kinder und Frauen werden durch Vergewaltigungen gefügig gemacht. Viele leiden unter post-traumatischen Stresssymptomen. Dazu kommt die Gefahr von AIDS: Fast 90 Prozent der aus Bordellen in Südostasien befreiten Kinder sind HIV-positiv.
In den vergangenen Jahren haben Regierungen und Organisationen erste Maßnahmen zur Bekämpfung von Menschenhandel und Sklaverei eingeleitet: Die UN hat internationale Initiativen gestartet, unter anderem findet Ende November 2008 der "World Congress III - Against Sexual Exploitation of Children and Adolescents" statt. Mehrere Länder, darunter auch Vietnam, haben Gesetze verschärft oder nationale Task Forces gegründet. Schwach-punkt ist und bleibt jedoch die schleppende Umsetzung der Vereinbarungen. So wurden bisher nur wenige Tausend Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche Täter eingeleitet - weltweit. Angesichts von Millionen Opfern und weiter steigender Zahlen ist das ein ernüchterndes Ergebnis.
In ihrer Dokumentation nennt die Roland Berger Stiftung sechs Hebel zur Bekämpfung von Menschenhandel und Sklaverei: Dazu gehört, den Wohlstand weltweit zu steigern und gerechter zu verteilen, massiv in Bildung zu investieren sowie mit rechtsverbindlichen Standards und deren internationaler Überwachung gegen die Täter vorzugehen. Um den Druck auf die Verantwortlichen zu steigern, gilt es eine kritische Öffentlichkeit zu schaffen und zu mobilisieren. Last not least braucht es Institutionen, die die Opfer beim Ausstieg aus ihrer Zwangslage unterstützen, ihre seelischen und körperlichen Wunden therapieren und ihnen langfristige Perspektiven zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft bieten, vor allem seriöse Verdienstmöglichkeiten.
Preisverleihung durch Bundespräsident Köhler
Der in diesem Jahr erstmals verliehene und mit einer Million Euro dotierte "Roland Berger Preis für Menschenwürde" soll dazu beitragen, diese Maßnahmen in die Tat umzusetzen. Der Preis würdigt und unterstützt Personen oder Institutionen, die sich vorbildlich und erfolgreich für die Achtung, Förderung und den Schutz von Menschenwürde und -rechten engagieren. Wunsch des Stifters ist, dass andere Menschen diesen Vorbildern folgen.
Diesjährige Preisträgerin der Roland Berger Stiftung wird mit Frau Somaly Mam eine engagierte Kämpferin für eine Welt ohne Sklaverei. Sie wird den Preis am 24. November 2008 im Rahmen eines Festabends im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt von Bundespräsident Horst Köhler entgegennehmen. Somaly Mam wurde 1970 in Kambodscha geboren und hat sexuelle Sklaverei am eigenen Leibe erlebt. Seit sie mit viel Mut und Glück diesem Schicksal entronnen ist, engagiert sie sich für die Opfer von Menschenhandel und Sklaverei. Zusammen mit ihren Mitstreitern hat sie tausende Kinder und Frauen in Asien aus der Zwangsprostitution befreit, ihnen geholfen, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern und ein selbstbestimmtes Leben in Würde zu führen. Neben dieser Arbeit vor Ort kämpft Somaly Mam weltweit mit zahlreichen Kampagnen und politischer Lobby-Arbeit furchtlos gegen den Menschenhandel.
"Im Kampf gegen die sexuelle Versklavung von Kindern und jungen Frauen spielen Somaly Mam und ihre Mitstreiter eine wesentliche Rolle", erklärt Dr. Maria Furtwängler die Entscheidung des Preisvergabekomitees. "Der Roland Berger Preis soll diese Arbeit unterstützen und ihr öffentliche Aufmerksamkeit verschaffen." Die Jury, der neben Dr. Furtwängler der Stifter des Preises Prof. Dr. h.c. Roland Berger, Ex-Außenminister Dr. h.c. Joschka Fischer, der Chef des Bundespräsidialamts, Staatssekretär Dr. Gert Haller, sowie die Friedensnobelpreisträger Prof. Muhammad Yunus, Dr. h.c. Kofi Annan und Dr. Shirin Ebadi angehören, hatte eine schwierige Wahl zu treffen: "Es gibt so viele Personen, Initiativen und Organisationen, die es verdient hätten, mit dem Roland Berger Preis für Menschenwürde ausgezeichnet zu werden", sagt Joschka Fischer. "Stellvertretend für sie alle bezeugt Somaly Mam den Mut und die Unerschrockenheit, mit der Menschen weltweit dafür kämpfen, dass Menschenwürde und Menschenrechte geachtet, gefördert und geschützt werden."
Die Roland Berger Stiftung ist eine rechtsfähige öffentliche Stiftung des bürgerlichen Rechts mit Sitz in München. Sie wurde von Prof. Dr. h.c. Roland Berger am 27. März 2008 gegründet. Die Roland Berger Stiftung ist mit einem Stiftungskapital von zunächst 50 Millionen Euro dotiert und verfügt über einen Vorstand und ein Kuratorium. Der Stiftungszweck ist ein zweifacher: Die Roland Berger Stiftung verpflichtet sich der Achtung, der Förderung und dem Schutz der Menschenwürde und Menschenrechte weltweit. Hierzu wird jährlich der mit einer Million Euro dotierte "Roland Berger Preis für Menschenwürde - zur Förderung eines friedlichen Miteinanders in der Welt" verliehen. Die Roland Berger Stiftung fördert zudem begabte junge Menschen aus sozial benachteiligten Schichten. Das Roland Berger Stipendium soll ihnen eine hochwertige Ausbildung und dadurch ein selbstbestimmtes Leben in Würde ermöglichen. Darüber hinaus werden entsprechende Bildungsprojekte aufgelegt und finanziert.
Weitere Informationen sowie Bildmaterial zum Download finden Sie unter: http://www.rolandbergerstiftung.org http://www.somaly.org
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