Schweizer Presserat - Conseil suisse de la presse - Consiglio svizzero della stampa
Media Service: Schweizer Presserat; Stellungnahme 51/2009 Parteien: Minelli c. «News» (Nichteintreten)
Interlaken (ots)
Berichtigung und Entschuldigung
Stellungnahme des Schweizer Presserates 51/2009 vom 14. Oktober 2009
I. Sachverhalt
A. Am 9. April 2009 berichtete «News» unter dem Titel «Richter bremsen Sterbehelfer», Dignitas dürfe ein für die Sterbehilfe verwendetes Medikament weder selber beziehen, lagern noch verabreichen. Dies habe das Bundesgericht entschieden. Dignitas brauche deshalb weiterhin einen Arzt, der das tödliche Medikament verschreibt. Weiter schreibt «News»: «Dignitas sorgte erst vergangene Woche für Schlagzeilen: Minelli sagte, Dignitas wolle eine sterbewillige, aber gesunde Frau mir ihrem krebskranken Mann in den Tod begleiten. Der Bund klärt nun ab, ob es neue Gesetze braucht. Er will verhindern, dass Gesunde Sterbehilfe erhalten.» Illustriert war der Bericht mit einem kleinen Porträtbild von Ludwig A. Minelli. Die Bildlegende lautete: «Bereit, Gesunde zu töten: Ludwig A. Minelli.»
B. Am 10. April 2009 gelangte Ludwig A. Minelli mit einer Beschwerde an den Presserat. Er rügte, die Legende «Bereit, Gesunde zu töten: Ludwig A. Minelli» verstosse in schwerwiegender Weise gegen die Ziffern 1 (Wahrheit) und 7 (Persönlichkeitsschutz) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten». Die Tötung von Menschen sei nach schweizerischem Recht ein schweres Verbrechen. Er streite für das Recht Gesunder, bei einem Suizid Hilfe Dritter in Anspruch nehmen zu können, um nicht die schweren Risiken von unbegleiteten Suizidversuchen in Kauf nehmen zu müssen.
C. Am 17. April 2009 veröffentlichte «News» unter dem Titel «Falsche Bildlegende bei Dignitas-Artikel» folgende Berichtigung: «Die Bildlegende zum Artikel 'Richter bremsen Sterbehelfer' im 'News' vom 9. April war überspitzt formuliert und letztlich falsch. 'News' entschuldigt sich bei Dignitas-Chef Ludwig A. Minelli. Richtig ist, dass sich Dignitas bereit erklärt hat, eine sterbewillige, aber gesunde Frau mit ihrem krebskranken Mann in den Tod zu begleiten.»
D. Gleichentags entschuldigte sich der Rechtsdienst der Tamedia AG im Namen der Chefredaktion von «News» bei Ludwig A. Minelli persönlich in aller Form für die «missratene Bildlegende». «Es ist klar und kann und soll nicht wegdiskutiert werden, dass die von Ihnen beanstandete Legende in einer Art und Weise überspitzt formuliert wurde, dass sie einen beleidigenden, falschen Eindruck erwecken konnte.»
E. Auf Anfrage des Presserats teilte der Beschwerdeführer am 23. April 2009 mit, weder die Publikation einer öffentlichen Entschuldigung noch die persönliche Entschuldigung ihm gegenüber scheine ihm für eine derartige Verletzung auszureichen. Deshalb halte er an der Beschwerde fest.
F. Am 13. Mai 2009 beantragte die durch den Rechtsdienst der Tamedia AG vertretene Redaktion «News», auf die Beschwerde sei nicht einzutreten. Es sei unbestritten, dass die missratene Legende nicht stimmte, gegen das Wahrheitsgebot verstiess und dass sie eine ungerechtfertigte Anschuldigung enthielt. Bei allem Verständnis für den Ärger des Beschwerdeführers sei das Vorgefallene aber nicht so gravierend, wie es auf den ersten Blick erscheinen möge. Vor allem habe «News» den Fehler eingesehen und darauf so reagiert, wie es dem Kodex und dem journalistischen Anstand entspreche. Deshalb sei gestützt auf Art. 10 Abs. 1 des Geschäftsreglements des Presserats nicht auf die Beschwerde einzutreten.
G. Am 19. Mai 2009 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt., bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsidentin Esther Diener-Morscher und Vizepräsident Edy Salmina.
H. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 14. Oktober 2009 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Gemäss Art. 10 Abs. 1 seines Geschäftsreglements tritt der Presserat unter anderem dann nicht auf eine Beschwerde ein, wenn sich die betroffene Redaktion bei einer Angelegenheit von geringer Relevanz bereits öffentlich entschuldigt und/oder Korrekturmassnahmen ergriffen hat.
2. Zwar wiegt der von «News» in der beanstandeten Bildlegende gegenüber dem Beschwerdeführer wohl unabsichtlich erhobene Vorwurf schwer, er sei bereit, Gesunde aktiv zu töten. Dies gilt selbst dann, wenn das Publikum diesen Wortlaut wohl kaum zum Nennwert nahm. Insoweit ist die Angelegenheit zwar nicht von geringer Relevanz. Trotzdem macht die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens nach Auffassung des Presserates keinen Sinn, wenn die betroffene Redaktion den Fehler - und insbesondere auch die vom Beschwerdeführer gerügten Verletzungen der «Erklärung» - ausdrücklich anerkannt und sich zudem direkt beim Betroffenen als auch öffentlich dafür entschuldigt hat. Der Presserat könnte höchstens noch einmal feststellen, worüber sich die Parteien ohnehin einig sind.
III. Feststellung
Der Presserat tritt auf die Beschwerde nicht ein.
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