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Media Service: Schweizer Presserat: «Blick» verletzt Privat- und Intimsphäre, publiziert unüberprüfte Gerüchte und hört Angeschuldigten nicht zu Vorwürfen an; Stellungnahme 10/2016 (presserat.ch/_10_2016.htm)
Ein Dokument
Bern (ots)
Parteien: Hürlimann c. «Blick»
Thema: Wahrheitspflicht / Anhörung bei schweren Vorwürfen / Privatsphäre
Beschwerde teilweise gutgeheissen
Zusammenfassung
Presserat zur Zuger Sex-Affäre zum Zweiten
«Blick» verletzt Privat- und Intimsphäre, publiziert unüberprüfte Gerüchte und hört Angeschuldigten nicht zu Vorwürfen an
Der Schweizer Presserat hat eine Beschwerde des Zuger Politikers Markus Hürlimann gutgeheissen. «Blick» hat mit seiner Berichterstattung über die sogenannte Zuger Sex-Affäre den Journalistenkodex in mehreren Punkten verletzt.
«Blick» berichtete zwischen dem 24. Dezember 2014 und dem 6. Januar 2015 in mehreren Artikeln über die Affäre. Hürlimann erhob dagegen beim Schweizer Presserat Beschwerde.
Der Journalistenkodex verlangt, dass Journalistinnen und Journalisten die Privatsphäre der einzelnen Personen respektieren, sofern das öffentliche Interesse nicht das Gegenteil verlangt. Dieser Schutz gilt selbstverständlich auch für Prominente. Und er gilt ganz besonders für die Intimsphäre. Der Presserat hält fest: Vom Moment an, in dem sich die beiden Kantonspolitiker anlässlich der Landammannfeier zurückzogen, sei es im selben Lokal, sei es ausserhalb, wählten sie eine Privatsphäre, die es unbedingt zu respektieren gilt. Was hinter verschlossenen Türen stattfand, kann nicht Gegenstand der medialen Berichterstattung sein. Unabhängig davon, ob die beiden Beteiligten wissen oder nicht wissen, zu welchem Grad von Intimität es zwischen ihnen gekommen ist: Es ist ausschliesslich deren Privatsache und hat dies auch zu bleiben. Der «Blick»-Bericht vom 24. Dezember 2014 verletzte somit die Privat- und Intimsphäre von Markus Hürlimann. Ob und in welcher Art sich dieser in der Folge selbst in der Öffentlichkeit und namentlich Medien gegenüber zur Sache äusserte, kann nicht im Nachhinein als Rechtfertigung für solche Verletzungen beansprucht werden.
Hingegen durfte «Blick» darüber berichten, dass Markus Hürlimann, Präsident einer Kantonalpartei, vorübergehend wegen des Verdachts auf ein Sexualdelikt inhaftiert wurde. Dies ist ohne Zweifel von öffentlichem Interesse. Hingegen hätte der Beschwerdeführer zu diesen schweren Vorwürfen angehört werden müssen. Dass Hürlimann über Nacht in Haft war, ist kein ausreichender Grund, auf die Anhörung zu verzichten.
Am 6. Januar 2015 stellte «Blick» selbst fest, dass es trotz Gerüchten keine Augenzeugen für den angeblich beobachteten Geschlechtsverkehr gebe. «Blick» hat auch mit der ungeprüften Weiterverbreitung dieses unbestätigten Gerüchts den Kodex verletzt.
Mit den Aussagen, Markus Hürlimann habe anlässlich der Landammannfeier mit Jolanda Spiess-Hegglin Sex gehabt sowie Zeugen hätten die beiden «in flagranti» erwischt, verletzte «Blick» zudem die Wahrheitspflicht.
Der Presserat hält fest, dass scheinbar offene Fragen («Hat er sie geschändet?») sehr viel mehr insinuieren, als sich mit der Unschuldsvermutung vereinbaren liesse. Der sprachlich unsaubere Wechsel zwischen Tatsachenbericht und Kolportage («Dort passierte es».... «Blick weiss: ... Hürlimann soll...»; «Für alle Anwesenden war offensichtlich, was da passiert» etc.) schafft genau diesen Verdacht, der geeignet ist, den Ruf einer Person ungeachtet der Unschuldsvermutung nachhaltig zu beschädigen.
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