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Presserat rügt "Republik": Belege abgeändert publiziert (Stellungnahme 38/2020)
Ein Dokument
Bern (ots)
Parteien: Frenkel c. "Republik"
Themen: Wahrheit / Quellenbearbeitung / Berichtigungspflicht / Redaktionsgeheimnis
Beschwerde teilweise gutgeheissen
Zusammenfassung
Der Schweizer Presserat heisst eine Beschwerde gegen das Online-Magazin "Republik" teilweise gut. Die "Republik" hatte im Mai 2019 den Recherche-Schriftwechsel eines Journalisten mit der eigenen Redaktion publiziert. Laut Presserat war das in diesem speziellen Fall ohne Rückfrage möglich. Jedoch hat die "Republik" den Schriftwechsel zum Teil unzulässig abgeändert.
Gegen die Publikation des Mail-Schriftwechsels hatte der recherchierende Journalist Beschwerde eingereicht. Die "Republik" habe den Schriftwechsel ohne sein Einverständnis und verfälscht publiziert. Das Magazin hatte ihn als Verteidigung gegen massive Vorwürfe des Journalisten zu einer USA-Reportage geschaltet. Der Journalist warf den Autorinnen Ungenauigkeit, Fehler und erfundene Informationen vor.
Die "Republik" wirft dem Journalisten umgekehrt vor, ihre Autorin mit infamen Unterstellungen in die Nähe des "Hochstaplers und seriellen Lügners Claas Relotius" zu rücken. Wohl seien mehrere kleinere Faktenfehler in der Reportage-Serie, keiner jedoch sinnentstellend. Den Mailwechsel habe man publiziert, um zu belegen, dass die Vorwürfe überzogen seien.
Gemäss Presserat dürfen ganze Recherchegespräche im Grundsatz nicht ohne Zustimmung publiziert werden. Sonst müsse man sie im Vorneherein als Interviews deklarieren. Nachdem nun Teile daraus, verbunden mit massiven Vorwürfen ("Ein Hauch von Relotius") thematisiert worden waren, ist es jedoch legitim, das Gespräch als Beleg für Widersprüche zu publizieren. Dennoch hätte die Redaktion den Betroffenen zuvor benachrichtigen sollen.
Den Mailwechsel hat die "Republik" zum Veröffentlichen redigiert. Dabei fehlte mindestens eine Frage/Antwort. Und eine Änderung war inhaltlich relevant: Aus "Wir bedauern die Unschärfen und Fehler" wurde "Wir bedauern die festgestellten Unschärfen". Dies beurteilt der Presserat als Änderung, die den Eindruck bei der Leserschaft zu beeinflussen vermag. Damit verstiess die "Republik" gegen die Pflicht, Quellen korrekt zu bearbeiten.
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