Schweizer Presserat - Conseil suisse de la presse - Consiglio svizzero della stampa
Kritik ja, aber nur mit Belegen oder wenn erkennbar ist, dass es sich um eine Minderheitsposition handelt
Bern (ots)
Parteien: X. und Y. c. "NZZ"
Themen: Wahrheitspflicht / Unterschlagen von Informationen
Beschwerde gutgeheissen
Zusammenfassung
Am 9. Oktober 2023 veröffentlichte die "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ) einen Beitrag, in dem die Sendungen des Schweizer Fernsehens der vergangenen 35 Jahre zur Klimathematik beschrieben wurden. Der Artikel trug den Titel "Das Schweizer Fernsehen schürt seit 35 Jahren Klimapanik - oft wider die Wissenschaft und gerne auch vor den Wahlen". Der Autor schrieb, in den Sendungen werde seit vielen Jahren Alarm geschlagen, obwohl eine wissenschaftliche Grundlage für diesen Alarmismus fehle.
Gegen diesen Artikel gingen beim Presserat zwei Beschwerden ein. Ein Beschwerdeführer sah im Satz "Die Wissenschaft sieht noch heute keine Trends zu mehr Extremereignissen" eine Verletzung von Ziffer 3 (Unterschlagen wichtiger Informationselemente).
Der Presserat hält fest, dass es nicht die Aufgabe des Presserats ist, wissenschaftliche Aussagen zum Klimawandel auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Seine Aufgabe ist es jedoch zu prüfen, ob die im Journalistenkodex festgehaltene Wahrheitssuche befolgt wurde. Er beschäftigte sich deshalb mit der Frage, ob im Artikel wichtige Elemente von Informationen unterschlagen wurden. Dabei beschränkte er sich auf den beanstandeten Satz "Die Wissenschaft sieht noch heute keine Trends zu mehr Extremereignissen".
Der Presserat kam zum Schluss, dass die Debatten in der Wissenschaft Teil des Erkenntnisprozesses sind - und deshalb für die Wahrheitssuche fundamental wichtig. Doch hält er es für wichtig zu betonen, dass die Rolle des Weltklimarats IPCC nicht eine gewöhnliche ist. Der IPCC kann nicht als eine der vielen Positionen innerhalb einer Bandbreite von Meinungen und Erkenntnissen erachtet werden. Der IPCC gilt als Goldstandard der Klimaforschung, weil er eine Synthese aller Studien macht.
Journalistinnen und Journalisten dürfen und sollen einen allgemein anerkannten Forschungsstand kritisch betrachten und hinterfragen. Wenn sie diesem aber widersprechen, sollten sie dazu Belege liefern oder zumindest sagen, dass es sich um eine Minderheitenposition handelt. Der Presserat rügt deshalb den beanstandeten Artikel.
Stellungnahme 52/2024
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