Alle Storys
Folgen
Keine Story von hörenschweiz mehr verpassen.

hörenschweiz

Hörgeräteversorgung: Gemeinsam für Qualität und Wirksamkeit

Bern/Zürich (ots)

Gemeinsame Medienmitteilung von:
  • pro audito Schweiz, Organisation für Menschen mit Hörproblemen
  • Schweizerische Gesellschaft für Oto-Rhino-Laryngologie, Hals- und Gesichtschirurgie (SGORL)
  • hörenschweiz, Kommunikationsplattform der Hörgerätebranche, Trägerorganisationen: Akustika, HSM, HZV
Kein Kahlschlag auf Kosten der Betroffenen: Hörbehinderte, Ärzte 
und Hörgerätebranche wehren sich gemeinsam gegen den Abbau von 
Qualität in der Hörgeräteversorgung und gegen die Einladung zum 
Missbrauch auf Kosten der IV.
Am vergangenen Freitag informierte das BSV über das ab 1. Juli 
2011 geplante System für die Hörgeräteversorgung in IV und AHV. Das 
BSV will den Versicherten gegen Vorweisung einer Rechnung eine 
Pauschale für Gerät, Anpassung und Service entrichten. Es ist den 
Versicherten überlassen, wie und wo sie die Pauschale einsetzen. 
Betroffene, Ohrenärzte und Hörgerätebranche wurden über die Details 
des neuen Systems informiert. Während in bisherigen Aussprachen das 
System der Pauschalen evaluiert und grundsätzlich akzeptiert wurde, 
alle Parteien auch dem Sparwillen des BSV entgegenkommen wollten, 
sind wir nun völlig überrascht und tief besorgt, dass durch das neue 
System nun die über viele Jahre gewachsenen Qualitätsnormen in der 
Hörgeräteversorgung abgeschafft werden sollen.
Unverantwortlicher Verzicht auf Qualität
Das BSV stellt neu keine Mindestanforderungen an das finanzierte 
Hilfsmittel und die Personen, welche die Dienstleistung erbringen. 
Das BSV will auch technisch minderwertige Hörhilfen bezahlen - und 
zwar unbesehen von deren Preis mit bis zu 1650.- Franken. Damit 
leistet das geplante System neuem Missbrauch auf Kosten der IV 
Vorschub. "Es ist unverantwortlich, dass Menschen mit einem 
medizinischen Problem von der IV einfach irgendwelchen Leuten ohne 
Fachwissen und nachfolgende Qualitätskontrolle ausgesetzt werden", 
meint Ohrenärztin Dr. med. Claudine Gysin, Präsidentin der SGORL. 
Nach den Vorstellungen des BSV werden mit IV-Geldern Hilfsmittel 
bezahlt, deren Nutzen für die Integration fraglich ist. Die 
Leidtragenden sind die hochgradig Hörbehinderten und jene 
Betroffenen, die danach sechs Jahre lang keine Versorgung mehr 
erhalten.
Keine Fachpersonen mehr: Gefahr für die Gesundheit
In ganz Europa gilt die Anpassung von Hörgeräten als 
"gefahrengeneigtes Handwerk". Sie darf nur von Fachpersonen 
ausgeführt werden, die eine je nach Land 3- bis 4-jährige Ausbildung 
hinter sich haben. Das stellt die fachmännisch richtige und für die 
Gesundheit ungefährliche Anpassung der Geräte sicher. Ein Hörgerät 
ist keine Sehbrille, sondern ein aktives System, das individuell 
programmiert und auch gegen zu hohe Schallpegel abgesichert werden 
muss. Das BSV will, dass künftig jedermann Hörgeräteanpassungen 
vornehmen kann - unbesehen seiner Ausbildung und ohne Anforderungen 
an die Qualität der Gehörmessung oder der audiologischen Einrichtung.
Bei falscher Untersuchung oder Anpassung durch Laien besteht jedoch 
die Gefahr, das Gehör irreparabel zu beschädigen oder einen 
bleibenden Tinnitus auszulösen. Das BSV drückt sich um seine 
Verantwortung für die Versicherten. Bei jedem anderen Gewerbe oder 
Dienstleistung (Apotheker, Drogerist, Physiotherapeut, etc.) gibt es 
zum Schutz der Konsumenten minimale Anforderungen hinsichtlich der 
Ausbildung. Ausgerechnet beim Kauf eines Gerätes zur Wiedererlangung 
eines der wichtigsten Sinnesorgane und der Integration ins 
Berufsleben, können sich die Kunden nach den Plänen des BSV zukünftig
nicht mehr sicher sein, dass sie von einer Fachperson korrekt beraten
und betreut werden.
"Qualitätsabbau auf Kosten der Betroffenen"
Eine derartige "Marktfreigabe" wird die Anzahl über IV und AHV 
bezogener Hörgeräte weiter steigern - und damit den erhofften 
Spareffekt für die IV verfehlen. Werden dazu minderwertige 
Hörverstärker zugelassen, wird die Wiedereingliederung der 
Betroffenen gefährdet. Für Barbara Wenk, Zentralpräsidentin von pro 
audito schweiz ist klar: "Dieser Qualitätsabbau geht auf Kosten der 
Menschen mit hochgradigem Hörproblem, da sie von niemandem mehr 
fachkundig kontrolliert werden, beziehungsweise die Mehrkosten selber
übernehmen müssen. Die Finanzierung von Billighörhilfen führt zu 
einem Leistungsabbau auf dem Buckel jener Betroffenen, welche ohne 
qualitativ hochstehende Versorgung nicht in Beruf und Gesellschaft 
integriert werden können."
Gemeinsame Anstrengung für Qualität und Gesundheit
Ein Pauschalen-System bringt mehr Wettbewerb und damit tiefere 
Preise. Der nun vom BSV vorgeschlagene Weg ist weder im Sinne der 
Versicherten noch der Beitragszahler der IV. Die 
Betroffenenorganisation pro audito schweiz, die Gesellschaft der 
Hals-, Nasen- und Ohrenärzte und die Verbände der Hörgerätebranchen 
wollen in den nächsten Monaten mit dem BSV diese problematischen 
Auswirkungen besprechen und minimale Anforderungen für Gerät und 
Dienstleistung in der geplanten Verordnung verankern.

Kontakt:

pro audito schweiz
Frau Barbara Wenk, Zentralpräsidentin
Tel.: +41/62/723'67'52

ORL-Gesellschaft (SGORL)
Frau Dr. med. Claudine Gysin, Präsidentin
Tel.: +41/44/266'81'72

Hörzentralen-Verband der Schweiz
Christian Rutishauser, Präsident
Mobile: +41/79/420'34'70

Akustika, Schweizer Fachverband der Hörgeräteakustik
Stefan Born, Präsident
Mobile: +41/79/408'53'93

Hearing Systems manufacturers HSM
Dr. Luca Mastroberardino, phonak Schweiz
Mobile: +41/79/541'71'94

Weitere Storys: hörenschweiz
Weitere Storys: hörenschweiz
  • 21.05.2010 – 15:49

    6. IV-Revision: Hörgerätebranche befürchtet Leistungsabbau

    Bern (ots) - Die Hörgerätebranche bedauert den Entscheid der Sozial- und Gesundheitskommission des Ständerates, im Invalidenversicherungsgesetz eine Rechtsgrundlage für eine staatliche Beschaffung vorzusehen. Damit schlägt die Kommission dem Ständerat eine Bevormundung der Betroffenen vor, welche zu massivem Leistungsabbau führen wird. In Grossbritannien sind gerade noch 14 verschiedene ...

  • 24.02.2010 – 11:36

    IV-Revision: Hörgerätebranche gegen Hilfsmittelmonopol

    Bern (ots) - Der Bundesrat schlägt dem Parlament in der Invalidenversicherung ein staatliches Hilfsmittelmonopol vor. Internationale Erfahrungen zeigen, dass dies zu Leistungsabbau für die Betroffenen führt. Eine nachhaltige Sanierung der IV-Finanzen ist damit nicht zu erreichen. Die Lösung wäre eine Pauschale an die Versicherten. Der Bundesrat hat heute die 6. IV-Revision (erstes Massnahmenpaket) ...