Das eigentliche Drama
Leitartikel von Christine Richter
Berlin (ots)
Keine Lösung in Sicht: Am Donnerstag tagte der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft und beriet über die Brandschutzprobleme, den Lärmschutz, den Eröffnungstermin und die BER-Finanzierung. Danach erfuhr man wenig - vor allem wenig zu den explodierenden Kosten. Wir erinnern uns: Ursprünglich waren für den Airport 2,4 Milliarden Euro veranschlagt, dann wurde - wie es bei solchen Großprojekten leider häufig so ist - alles teurer. Allein das Terminal hat statt 600 Millionen Euro nun schon 1,2 Milliarden Euro verschlungen. Inzwischen, so die offizielle Version der Flughafengesellschaft und der Eigentümer Bund, Berlin, Brandenburg, liegen die Gesamtkosten bei knapp 4,2 Milliarden Euro. Doch das ist offensichtlich nicht die ganze Wahrheit: Wie aus internen Unterlagen hervorgeht, sind es schon 4,7 Milliarden Euro. Was für eine Wahnsinnssumme. Aufsichtsratschef Klaus Wowereit (SPD), der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Matthias Platzeck (SPD) und der Vertreter des Bundesverkehrsministeriums, Staatssekretär Rainer Bomba, wollten am Donnerstag über einen "Brückenkredit" in Höhe von 430 Millionen Euro beraten. Das sollte die Flughafengesellschaft vor der Insolvenz retten, sollte ihr zu neuen Krediten verhelfen und die EU-Kommission dazu bewegen, neue staatliche Beihilfen zu gewähren. Doch das Geld würde nicht reichen, sickerte durch, höchstens bis zum angepeilten Eröffnungstermin 17. März 2013, von dem wiederum jeder weiß, dass der gar nicht mehr zu halten ist, dass es wahrscheinlich Herbst 2013 wird. Und so hieß es ohne Details hinterher auch nur, es werde eine "Finanzspritze" geben. Dem Aufsichtsrat ist es auch deshalb nicht gelungen, den Menschen in der Region zu vermitteln, dass man alles im Griff hat, dass die Probleme nun Schritt für Schritt gelöst werden. Im Gegenteil. Nicht nur der neue Chefplaner - bei dem man das gut verstehen kann -, auch Wowereit & Co. machen den Eindruck, als müssten sie sich noch immer einen Überblick verschaffen. Über die Bau- und Technikprobleme, über die Kosten und möglichen Schadensersatzforderungen, über den nächsten, dann vierten Eröffnungstermin. Die, die sich mit diesem Großprojekt ein Denkmal setzen wollten, wirken immer ratloser. Das spüren auch die Menschen in der Region, die inzwischen deutlich Kritik an Wowereit, dem Aufsichtsratsvorsitzenden, aber auch an Platzeck äußern. Dabei hat die große Mehrheit der Berliner und Brandenburger gar nichts gegen den neuen Großflughafen BER. Sie hätten sich sicherlich auch damit abgefunden, Blamage hin oder her, dass der Eröffnungstermin einmal verschoben werden musste. Die Menschen haben vor allem etwas dagegen, wenn für solch ein Großprojekt wegen eines katastrophalen Managements und immenser Planungsfehler immer mehr Millionen, Milliarden gar ausgegeben werden müssen. Geld, das man so dringend für Kitas, für Schulen oder auch für die Straßensanierung braucht. Die Kosten, die sind das eigentliche Drama.
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