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Kein Grund für Übermut/Über die SPD im Umfragetief und einen möglichen Stimmungsumschwung

Berlin (ots)

Eine einzige Enttäuschung. Für die Partei wie für sich selbst. Wie viele Eigentore der beim Start noch hochgelobte, ja hochgejubelte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in den letzten Wochen geschossen hat, spottet fast jeder Beschreibung. Sein Absturz in den Umfragen ist die logische Konsequenz. Und dass er die Partei mitreißt, lässt die Stimmung unter Sozialdemokraten noch zweifelnder werden, ob sie wirklich den richtigen Herausforderer gegen Angela Merkel aufgestellt haben. Die erreicht immer bessere Umfragewerte für sich und ihre Partei, obwohl die bürgerliche Koalition dieses Land wahrlich nicht glänzend regiert, ihre Wahlversprechen von vor vier Jahren allenfalls marginal eingelöst hat und intern ständig neue Streitereien entfacht. Angesichts dieser Lage ist es für die SPD besonders bitter, dass ihre und des Kandidaten Talfahrt auch in den neuesten Umfragen des ZDF-"Politbarometers" und des Deutschlandtrends der ARD nicht endet. Verschärft werden die düsteren Perspektiven dadurch, dass dieser Trend schon seit Wochen anhält, sich also verfestigt hat. Für zusätzlichen Verdruss sorgt, was sich Klaus Wowereit und Berlin mit dem BER leisten. Für den Rest der Republik Anlass für Hohn und Spott, die bundespolitisch auch noch zulasten der ohnehin gebeutelten SPD gehen. Doch halt! Umfragen sind Momentaufnahmen. Stimmungen in unserem emotionsgeladenen Land schlagen rasant schnell um. Zudem entscheiden sich die Wähler immer kurzfristiger. Von der Auflösung traditioneller Parteibindungen ganz zu schweigen. Am Abend des 20.Januar könnte die Stimmung schon wieder umschlagen und die scheinbar ermatteten Sozialdemokraten beflügeln. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen wird uns bei der Wahl in Niedersachsen vorausgesagt. Alles steht auf des Messers Schneide, zumal noch knapp die Hälfte der Wähler unentschlossen sind, wem sie ihre Stimme geben sollen. Angesichts einer stark schwächelnden FDP ist es also gar nicht so unwahrscheinlich, dass in Hannover eine weitere CDU-geführte Landesregierung abgewählt und durch eine rot-grüne ersetzt wird. Und dann? Dann sind Peer Steinbrück und seine Sozialdemokraten plötzlich wieder obenauf. Sie haben ohnehin den Vorteil, dass sie mit den Grünen einen potenziellen Koalitionspartner haben, der verlässlich wieder in den nächsten Bundestag einzieht. Vor voreiligen Schlüssen hinsichtlich des Wahlabends im September, wenn die Weichen für die Zukunft Deutschlands in den kommenden vier Jahren gestellt werden, sei also gewarnt. Vor Übermut im bürgerlichen Lager allemal. Es kann nicht darauf bauen, dass Peer Steinbrück und die SPD nicht klüger werden. Das werden sie allerdings nur, wenn sie ihre Wahlversprechen nicht weiter auf das untere Drittel der Gesellschaft konzentrieren. Mit Steuer- und Abgabenerhöhungen, die voll auch die Mittelschicht der Gesellschaft treffen, wird die SPD schwerlich obsiegen. Erstens, weil ein solches Programm gar nicht zum Kandidaten Steinbrück passt. Und zweitens, weil ein Großteil der Facharbeiter, die wahre Klientel der SPD, längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Schon der übernächste Sonntag wird uns schlauer machen.

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