Fixstern des Südens/ Ein Leitartikel von Raik Hannemann
Berlin (ots)
Zum achten Mal in Folge schon sicherte sich der FC Bayern München einen deutschen Meistertitel bei einem Auswärtsspiel, für viele Anhänger bleibt das aber wohl der einzige Schönheitsmakel an dieser insgesamt 24. Deutschen Meisterschaft. Immerhin bot Berlin am Dienstag passendes Hauptstadtambiente für diesen Abend der Rekorde, denn noch nie stand im hiesigen Fußball schon im März ein Champion fest, ebenso wenig nach nur 27 Spieltagen (von 34). Die Bayern sind saisonübergreifend nun sogar schon 52 Spiele ohne Niederlage geblieben, und 19 Partien am Stück gewonnen hatte bislang auch noch keiner.
Geradezu typisch für dieses Land sorgt das aber nicht nur für uneingeschränkte Bewunderung, sondern auch für mindestens ebenso viel Neid. Längst jammern die lieben Konkurrenten über diese Überlegenheit des Rekordmeisters, die ersten Bundesligagegner schonten im Spiel gegen Bayern sogar schon Spieler für aussichtsreichere Duelle. Und eine Ikone wie Franz Beckenbauer unterstützt diese Unterwürfigkeit noch, wenn er etwa salopp Bedenken äußert, "dann werden sie wahrscheinlich irgendwann so spielen wie Barcelona, wo du nicht mehr hinschauen kannst, weil sie auch auf der Torlinie den Ball noch rückwärts spielen".
Das haben diese Bayern nun wirklich nicht verdient. Keiner sollte ihnen vorwerfen, dass sie die Möglichkeiten nutzen, die sich ihnen bieten. Krösus der Bundesliga waren die dank ihres eigenen Stadions immer reicher werdenden Münchner schließlich schon seit einigen Jahrzehnten, nur haben sie sich gerade mit viel Akribie und Liebe zum Detail (und - zugegeben - auch dem nötigen Geld) geschafft, sich mal wieder auf eine völlig neue Qualitätsstufe zu hieven. So manch einer, der jetzt laut darüber klagt, will damit am Ende womöglich nur seine eigene Ambitionslosigkeit kaschieren. Das Beispiel Wolfsburg zeigt doch, das Geld allein nicht dauerhaft zu Erfolg führt. Und in Hamburg ist gerade nachzuempfinden, wie wichtig Ruhe, Konstanz und Sachverstand auf Managementebene in diesem Geschäft eben auch sind. Attribute übrigens, die auch Aufsteiger Hertha BSC in seiner zuletzt positiven Entwicklung trotz der klaren Niederlage vom Dienstag auf keinen Fall aufgeben darf.
Ein entscheidendes Puzzleteil für die neue Leistungsstärke dieser Bayern ist natürlich ihr Trainer Pep Guardiola. Wunderbar unprätentiös ("Ein Trainer ist immer nur gut, weil er bei einem großen Verein ist und große Spieler hat") entwickelte der Spanier für seine Topprofis eine Fußballkunst, wie sie die Bundesliga in 50 Jahren noch nie gesehen hat; verspielt und trotzdem zielstrebig, mit völlig neuen Denkansätzen und Risikobewertungen. Und Guardiola kündigte schon jetzt weitere Verbesserungen an - und es ist ihm fraglos zuzutrauen, dass er sie auch wirklich umsetzt.
Die Frage wird sein, wie die Konkurrenz darauf reagiert. Ob sie diesen strahlenden Fixstern aus dem Süden einfach dauerhaft hinnimmt an der Spitze der Tabelle, oder ob sie mutig und kreativ nach Wegen sucht, ihm die Stirn zu bieten, wo es nur möglich ist. Letzteres ist zu wünschen, denn ansonsten ist Langeweile programmiert. Und nur dann, denn zum einem spannenden Duell gehören immer mindestens zwei Protagonisten.
Nun ist im Sport nichts für die Ewigkeit. Erinnert sei an dieser Stelle daher daran, wie vor einigen Jahren noch über die Omnipotenz der englischen Klubs geklagt wurde, die in der Champions League auf absehbare Zeit nicht mehr zu schlagen sein würden. Viel übrig geblieben ist von dieser These heute nicht mehr. Und auch die Bayern müssen erst beweisen, wie sie die Abstinenz ihres bisherigen Übervaters Uli Hoeneß wegstecken, der wegen Steuerhinterziehung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Und auch Guardiola selbst weiß, dass er sich irgendwann abnutzt. Zuvor in Barcelona war das nach vier Jahren der Fall.
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