MEM-Industrie: Weiterhin sehr anspruchsvolles Marktumfeld
Zürich (ots)
Die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) blickt auf ein schwieriges Geschäftsjahr zurück. Gegenüber 2018 reduzierten sich die Auftragseingänge um -10,6 Prozent, die Umsätze um -4,5% und Exporte um -2,1 Prozent. Hauptgrund ist die Abkühlung der Konjunktur in den wichtigsten Absatzmärkten, welche durch Handelskonflikte und den Strukturwandel in der Automobilindustrie ausgelöst wurde. Die Abwärtsbewegung hat sich gegen Ende 2019 zwar etwas abgeschwächt. Allerdings beeinträchtigt aktuell die Corona-Epidemie die globale Konjunktur und unterbricht teilweise die Lieferketten. Zudem hat sich die Überbewertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro 2019 deutlich erhöht und seit Anfang 2020 noch weiter akzentuiert. Das behindert spürbar die Wettbewerbsfähigkeit der MEM-Industrie im wichtigen EU-Markt. Falls die Beeinträchtigungen durch die Corona-Epidemie und das gegenwärtige Ausmass der Überbewertung des Frankens anhalten, wird die Lage für die MEM-Industrie kritisch.
Im Jahr 2019 nahmen die Auftragseingänge in der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) im Vergleich zu 2018 um -10,6 Prozent ab. Auch die Umsätze sanken im Vergleich zu Vorjahr um -4,5 Prozent. Die Umsatzrückgänge waren bei Grossfirmen insgesamt etwas ausgeprägter als bei den KMU. Die negative Geschäftsentwicklung wirkte sich auch auf die Kapazitätsauslastung in den Betrieben aus. Ausgehend von 91,6 Prozent im vierten Quartal 2018 reduzierte sie sich auf 83,0 Prozent im vierten Quartal 2019. Sie liegt damit deutlich unter dem langjährigen Mittelwert von 86,4 Prozent. Die Anzahl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der MEM-Industrie ist 2019 in den ersten neun Monaten von 320'500 auf 326'900 angestiegen, hat aber im vierten Quartal 2019 wieder auf 324'600 abgenommen. Aufgrund der aktuell schwierigen Lage dürfte sich dieser Abwärtstrend in naher Zukunft fortsetzten, zumal Kurzarbeit und Restrukturierungen jüngst zugenommen haben.
Deutlich sinkende Exporte in die Nachbarländer
Der unbefriedigende Geschäftsgang widerspiegelt sich in den Güterexporten der MEM-Industrie. Sie sanken 2019 im Vergleich zu 2018 um -2,1 Prozent und erreichten einen Wert von 68,3 Milliarden Franken. Die Ausfuhren in die EU* gingen um -3,2 Prozent zurück, wofür vor allem der Exportrückgang in die Nachbarländer Italien (-11,4%), Deutschland (-6,4%) und Frankreich (-5,9%) verantwortlich war. Auch die Exporte nach Asien reduzierten sich um -1,7 Prozent. Dem gegenüber stiegen die Güterausfuhren in die USA um +3,5 Prozent. Die wichtigsten Warengruppen waren unterschiedlich vom Exportrückgang betroffen. Gegenüber 2018 sanken die Ausfuhren im Maschinenbau um -5,9 Prozent, bei den Metallen um -5,7 Prozent und bei der Elektrotechnik/Elektronik um -1,4 Prozent. Einzig die Exporte bei den Präzisionsinstrumenten erhöhten sich um +1,2 Prozent.
Starker Franken und Corona-Epidemie schüren Verunsicherung
«Gesamthaft war 2019 ein schwieriges Jahr für die Schweizer MEM-Industrie», sagt Stefan Brupbacher, Direktor Swissmem. «Die weltweiten Handelskonflikte haben die Konjunktur in den wichtigsten Absatzmärkten gedämpft. In Europa sorgte der Strukturwandel in der Automobilindustrie zusätzlich für Verunsicherung, was sich deutlich auf die Schweizer Automobilzuliefer- und die Werkzeugmaschinen-Industrie auswirkte.» Zudem ist im Vergleich zu 2018 der Schweizer Franken gegenüber dem Euro im vergangenen Jahr erneut deutlich stärker geworden, wodurch sich die Ertragslage der MEM-Firmen wieder verschlechtert haben dürfte.
Der Ausbruch der Corona-Epidemie belastet aktuell die ohnehin schwache Industriekonjunktur zusätzlich. Für verschiedene Firmen in der MEM-Industrie sind die Lieferketten beeinträchtigt oder sogar ganz unterbrochen. Zudem hat sich die Überbewertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro seit Anfang 2020 noch akzentuiert, was die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer MEM-Industrie im wichtigen EU-Markt spürbar behindert. «Falls die Beeinträchtigungen durch die Corona-Epidemie und das gegenwärtige Ausmass der Überbewertung des Frankens anhalten, wird die Lage für die MEM-Industrie kritisch», befürchtet Stefan Brupbacher.
Nein zur Kündigungsinitiative und Ja zu neuen Freihandelsabkommen
In diesem herausfordernden Umfeld haben einige politische Entscheid der nahen Zukunft eine umso grössere Bedeutung. Eine Annahme der Kündigungsinitiative würde aufgrund der Guillotine-Klausel den bilateralen Weg mit der EU beenden, ohne eine Alternative zu bieten. Hans Hess, Präsident Swissmem, betont: «Gerade in der MEM-Industrie wären die Folgen gravierend, denn rund 56 Prozent der MEM-Exporte gehen in die EU*. Die MEM-Branche verlöre den beinahe hindernisfreien Zugang zum wichtigsten Absatzmarkt. Deshalb muss diese unnötige und schädliche Initiative abgelehnt werden.»
Vor dem Hintergrund fehlender Wachstumsimpulse ist es umso dringlicher, die fertig ausgehandelten Freihandelsabkommen mit Indonesien und den Mercosur-Staaten rasch zu ratifizieren. Sie schaffen neue Marktchancen, ohne den Nachhaltigkeitsaspekt zu vernachlässigen. Referenden gegen diese Abkommen müssen unbedingt abgelehnt werden.
Ergänzend dazu hat es das Parlament in der laufenden Frühjahressession in der Hand, die Rahmenbedingungen für die Industrie zu verbessern bzw. deren Verschlechterung zu verhindern. Eine echte Verbesserung wäre die Aufhebung der Industriezölle, so wie es vom Bundesrat vorgeschlagen wurde. Zudem dürfen keine Investitionskontrollen eingeführt werden. Sie sind unnötig und schaden dem Wirtschaftsstandort Schweiz. Der Bund kann die Unternehmen unterstützen, indem er bestehende Instrumente lageadäquat einsetzt. Um Arbeitsplätze zu erhalten, braucht es eine grosszügige Praxis bei der Bewilligung von Kurzarbeit. Im Weiteren müssen genügend Mittel für die Innovationsförderung bereitgestellt werden, was mittel- bis langfristig Früchte tragen wird. Was es hingegen nicht braucht, sind Konjunkturprogramme, die im schlimmsten Falle sogar durch die Schweizerischen Nationalbank (SNB) finanziert werden sollen. Die SNB ist unabhängig und muss es im Interesse der Wirtschaft auch bleiben.
* EU ohne Grossbritannien
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