MEM-Industrie: Bessere Rahmenbedingungen - und zwar jetzt!
Zürich (ots)
Der Einkaufsmanagerindex (PMI) in der Industrie ist wegen der Corona-Pandemie fast weltweit auf ein historisches Tief gefallen. Die Auftragseingänge in der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) drohen massiv einzubrechen. Somit wird die Corona-Krise die stark exportorientierte MEM-Industrie erst im weiteren Verlauf des Jahres voll treffen. Fast drei Viertel der MEM-Firmen (72%) erwarten für 2020 einen Verlust oder ungenügende Margen. Für diese Unternehmen ist dies eine kurz- und mittelfristig existenzbedrohende Situation. Nur bessere Rahmenbedingungen, welche die Wettbewerbsfähigkeit der MEM-Branche verbessert, führen aus der Krise. Swissmem fordert deshalb die Aufhebung der Industriezölle, die Verbesserung des weltweiten Marktzuganges für die Exportindustrie, die Stützung der Innovationstätigkeit in den Firmen, einen besseren Rahmen für die Digitalisierung sowie das Nutzen der Spielräume im öffentlichen Beschaffungswesen durch die öffentliche Hand.
Die MEM-Industrie befand sich bereits 2019 in einer angespannten Lage. Die Ursachen dafür waren die schwache Konjunktur in den wichtigsten Absatzmärkten sowie das erneute Erstarken des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro. Diese Entwicklung hat sich zu Beginn des Jahres fortgesetzt. Denn obwohl der Corona-Lockdown in den meisten Märkten erst Ende des ersten Quartals verhängt wurde, gingen in der Schweizer MEM-Industrie die Auftragseingänge, Umsätze und Exporte im Vergleich zum Vorjahresquartal teils deutlich zurück.
Diverse Indikatoren weisen darauf hin, dass die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie die MEM-Branche erst im zweiten und dritten Quartal 2020 voll treffen werden. Fast die Hälfte der MEM-Firmen (48%) haben wegen des Lockdowns Stornierungen von Aufträgen hinnehmen müssen. Diese Umsätze und damit auch die dazugehörenden Margen werden in den kommenden Monaten wegfallen. Noch viel besorgniserregender ist der Stand des PMI (Einkaufsmanagerindex), welcher im April fast weltweit auf den tiefsten Stand seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 gefallen ist. Damit werden nun auch die Auftragseingänge wegbrechen.
Bedrohliche Situation für fast drei Viertel der Firmen
Die Erwartungen der Unternehmen im Hinblick auf die diesjährigen Geschäftsergebnisse sind düster. Das zeigen die Ergebnisse der jüngsten Umfrage unter den Swissmem-Mitgliedfirmen. Deutlich mehr als ein Drittel der MEM-Firmen (38%) rechnen in diesem Jahr auf Stufe EBIT mit einem Verlust. Weitere 34 Prozent der Betriebe erwarten eine EBIT-Marge zwischen null und fünf Prozent - ein unbefriedigender Wert, der es diesen Firmen verunmöglicht, in die Zukunft zu investieren. Somit befinden sich 72 Prozent der MEM-Unternehmen in einer kurz- und mittelfristig existenzbedrohenden Situation. Hans Hess, Präsident Swissmem, ist tief besorgt: "Wir müssen umgehend Gegensteuer geben. Nur mit einem raschen, kontrollierten Ausstieg aus dem Lockdown und einer nachhaltigen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Firmen können wir das Ausmass des Einbruches dämpfen. Dafür braucht die Exportindustrie bessere Rahmenbedingungen - und zwar jetzt!" Nur bessere Rahmenbedingungen führen aus der Krise
Die MEM-Industrie exportiert nahezu 80 Prozent ihrer Güter. Daher ist es mitentscheidend, dass auch in ihren Absatzmärkten ein rascher Ausstieg aus dem Lockdown erfolgt. Ein Konjunkturprogramm, das inhärent nur im Binnenmarkt Wirkung erzielen kann, wäre nutzlos. Die Geschichte zeigt, dass diese zu spät oder am falschen Ort wirken. Viel mehr braucht die Exportindustrie mehr unternehmerischen Spielraum und eine Stützung der Innovationskraft, damit sie rasch aus der Krise finden kann. Konkret stellt Swissmem folgende Forderungen:
1. Aufhebung der Industriezölle:
Der Wegfall dieser Zölle würde allein für die MEM-Industrie eine jährliche Kostenersparnis von rund 125 Millionen Franken sowie erhebliche administrative Erleichterungen bringen. Swissmem fordert, dass der National- und Ständerat den Vorschlag des Bundesrates in der Sommersession gutheissen, damit die Aufhebung der Industriezölle anfangs 2021 in Kraft treten kann.
2. Stärkung der Innovationsförderung:
In der BFI-Botschaft 2021-2024 sollen für die Innosuisse-Instrumente "Projektförderung" und "Innocheck" zusätzlich 130 Millionen Franken bereitgestellt werden. Zudem soll der Zahlungsrahmen für die Technologietransferzentren nach Art. 15 des Bundesgesetzes über die Förderung der Forschung und der Innovation (FIFG) um 28 Millionen Franken erhöht werden. Weil viele Firmen mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen haben und deshalb auch bei Innovationsprojekten sparen müssen, soll im Weiteren der Cash-Beitrag der Firmen bei Innosuisse-Projekten temporär erlassen werden. Swissmem erwartet auch, dass der Aufteilungsschlüssel der Projektkosten zwischen den Firmen und den Wissenschaftspartnern von derzeit 50:50 neu auf bis zu 20:80 angepasst wird.
3. Verbesserung des Marktzuganges für die Exportindustrie: - Es braucht neue Freihandelsabkommen, denn der Wegfall von Zollhürden erleichtert den Marktzugang für Schweizer Exportunternehmen massgeblich. Das Abkommen mit Mercosur muss rasch ratifiziert werden. Zudem ist ein Effort bei den Verhandlungen mit den USA, Indien und anderen südostasiatischen Staaten nötig. - Der diskriminierungsfreie Zugang zum EU-Binnenmarkt, wohin 56 Prozent der MEM-Exporte gehen, muss weiterhin gesichert bleiben. Dafür braucht es primär ein Nein zur Kündigungsinitiative. Danach müssen die offenen Punkte beim EU-Rahmenabkommen endlich geklärt werden, um den Weg für den parlamentarischen Prozess und dann wohl für eine Volksabstimmung frei zu machen. - Der Zugang zu Infrastruktur-Grossprojekten muss insbesondere für KMU geebnet werden. Der weltweite Bedarf an Infrastrukturinvestitionen wird bis ins Jahr 2040 auf bis zu 90 Billionen Dollar geschätzt. Die Organisationen des Bundes (Botschaften, S-GE, SBH, SERV, SECO, etc.) sollen die Unternehmen bei der Informationsaufbereitung, -beschaffung und -verteilung unterstützen.
4. Fortschrittlicher Rahmen für Digitalisierung schaffen:
Die Corona-Krise hat den Nutzen der Digitalisierung für Gesellschaft und Wirtschaft in eindrücklicher Weise gezeigt. Nun braucht es nächste Schritte, damit die Digitalisierung von Wertschöpfungsketten und Prozessen weiter fortschreiten kann. Dazu müssen die Hürden für den Ausbau des 5G-Mobilfunknetz beseitigt werden. Zudem ist es an der Zeit, eine ganzheitliche Cybersicherheitsstrategie umzusetzen, welche die kritischen Infrastrukturen, die Landesverteidigung, die Wirtschaft sowie die Gesellschaft umfasst. Im Weiteren würde der Ausbau der eGovernment-Dienste den administrativen Aufwand erheblich reduzieren. Schliesslich brauchte es einen Ausbau der digitalen Kompetenzen auf allen Bildungsstufen und in den Unternehmen.
5. Politischer und gesetzlicher Rahmen im öffentlichen Beschaffungswesen zugunsten des Schweizer Werkplatzes nutzen: - Die im Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) festgelegten Zuschlagskriterien geben den Vergabestellen einen Handlungsspielraum. Dieser soll bei Beschaffungen durch die öffentliche Hand sowie durch staatsnahe Unternehmen zugunsten des Schweizer Werkplatzes genutzt werden - ohne dabei die WTO-Regeln zu verletzen. - Innerhalb der GATT/WTO-Regeln bestehen Spielräume bei der Beschaffung sicherheitsrelevanter Güter auf dem Heimmarkt. Auch diese sollen genutzt werden. Zudem müssen die Möglichkeiten von Offset-Geschäften beim Kauf von Verteidigungsgütern (z.B. das neue Kampfflugzeug) maximal ausgenutzt werden.
Neben diesen Verbesserungen der Rahmenbedingungen müssen gewisse laufende Notmassnahmen verlängert werden. Konkret müssen die Bezugsdauer der Kurzarbeitsentschädigung auf 18 Monate und die Frist für die Einreichung der COVID-19-Kreditegesuchen bis Ende 2020 verlängert werden.
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