Neues Bartgeier-Küken für Natur- und Tierpark Goldau
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Ende 2024 haben die in der Natur gefährdeten Bartgeier im Natur- und Tierpark Goldau ein Ei gelegt. Leider war das Ei nicht befruchtet. Nun ist ein frisch geschlüpftes Jungtier aus Tschechien in Goldau angekommen und wird vom Bartgeier-Pärchen Mascha und Hans grossgezogen.
Der 14. Februar 2025 hätte ein besonderer Tag für das Tierpfleger-Team der Bartgeier im Natur- und Tierpark Goldau werden sollen: Das Ei von Mascha und Hans, das am Silvestertag des letzten Jahres zur Welt kam, sollte bei einem Routineuntersuch gegen ein Kunst-Ei aus Gips getauscht werden. Dabei stellte sich leider heraus, dass das Ei unbefruchtet war.
Erfahrenes Bartgeier-Paar als Ammen
Gerade bei älteren Bartgeiern, wie es Mascha (36) und Hans (33) sind, ist dies nicht unüblich. Die beiden zeigten aber ein starkes Brutverhalten und bebrüteten das Kunst-Ei weiterhin. Ein natürlicher Prozess, wie Dr. Pascal Marty, Kurator des Natur- und Tierparks Goldau, erklärt: «Bartgeier bebrüten auch unbefruchtete Eier noch eine Zeit lang. Irgendwann hätten sie jedoch damit aufgehört und das Ei aus dem Horst geworfen.»
Der Natur- und Tierpark Goldau stand von Anfang an in engem Kontakt mit dem Koordinator des Europäischen Erhaltungszuchtprogrammes (EEP) für Bartgeier. Dank dieser Kooperation lag die Idee schnell auf der Hand: Dem Bartgeierpaar Mascha und Hans sollte ein Küken eines anderen Bartgeier-Paars zur Aufzucht übergeben werden.
Kainismus unter Bartgeier-Küken verbreitet
Zur Erklärung: Bartgeier legen wie viele andere Greifvögel normalerweise zwei Eier – dies in einem Abstand von ein paar Tagen. Das erst geschlüpfte Küken ist somit nicht nur ein paar Tage älter, sondern auch etwas grösser und stärker als das zweite. Es reagiert aggressiv auf das jüngere Küken, tötet dies oder hält es vom Fressen ab, so dass das zweite verhungert. Dieses Verhalten nennt man Kainismus, nach der biblischen Geschichte, in der Kain seinen Bruder Abel tötet. Das zweite Ei ist somit ein «Puffer», falls das erste Küken nicht überlebt oder das erste Ei unbefruchtet ist.
In der Zucht von Bartgeiern kann man sich dieses Verhalten zunutze machen, das zweite Küken aus dem Horst nehmen und einem anderen Paar übergeben. Auf diese Weise erhalten nun auch der Natur- und Tierpark Goldau und insbesondere Mascha und Hans die Möglichkeit, ein weiteres Küken aufzuziehen.
Wohlbehalten im Horst angekommen
Der junge Bartgeier stammt aus dem Zoo von Ostrava in der Tschechischen Republik und kam gestern Mittag wohlbehalten im Natur- und Tierpark Goldau an. Nach der Ankunft wurde das Küken untersucht und wie schon während des ganzen Transports intensiv umsorgt. Bereits am Montagnachmittag konnte es in den Horst gelegt werden. Die äusserst erfahrenen Bartgeier-Eltern nahmen «ihr» Küken problemlos an. «Eine hundertprozentige Garantie dafür hat man nie – doch Mascha und Hans sind so zuverlässige Eltern, dass das glücklicherweise wunderbar funktioniert hat», freut sich Pascal Marty über den Nachwuchs im Natur- und Tierpark Goldau.
Wichtig für den Artenschutz
Der Artenschutz gehört zusammen mit dem Naturschutz, der Bildung und der Forschung zu den Hauptaufgaben eines modernen, wissenschaftlich geführten Tierparks. So ist der Natur- und Tierpark Goldau in vielen internationalen Zuchtprogrammen aktiv und wildert jedes Jahr eine gewisse Anzahl seiner Jungtiere aus. Dazu gehört seit vielen Jahren auch der Bartgeier. Einst in der Schweiz ausgestorben, leben heute dank Zoos und Tierparks wieder etwa 300 Bartgeier in den Alpen.
Natur- und Tierpark Goldau
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