Kostenexplosion und Einschränkung der Versorgung: H+ lehnt Lockerung des Vertragszwangs ab
Bern (ots)
H+ Die Spitäler der Schweiz nimmt die Annahme der Motion Hegglin zur Lockerung des Vertragszwangs durch die nationalrätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit SGK-N mit grosser Sorge zur Kenntnis. Diese Massnahme würde nicht nur zu einer massiven Bürokratisierung und Kostensteigerung im Gesundheitswesen führen, sondern auch die Versorgungssicherheit und die freie Wahl der Leistungserbringer durch die Patient:innen gefährden. Zudem würde so der Einfluss der Krankenversicherer auf die Steuerung der Gesundheitsversorgung bedrohlich zunehmen.
Der Vertragszwang verpflichtet die Krankenversicherer, mit jedem vom Kanton zugelassenen Leistungserbringer - seien es Spitäler und Kliniken oder Arztpraxen - einen Vertrag abzuschliessen. Diese Vorgabe ist die Grundlage für die freie Arzt- und Spitalwahl durch die Bevölkerung und ist im Krankenversicherungsgesetz (KVG) so verankert: Alle Grundversicherten können selbst entscheiden, welchen Leistungserbringer sie auswählen, ohne dass die Krankenkasse diese Wahl einschränkt. Diese Entscheidungsfreiheit soll nun nach dem Willen des Ständerats und der SGK-N eingeschränkt werden - zu Lasten der Patient:innen sowie der Spitäler und Kliniken.
Unhaltbarer administrativer Aufwand und Kostensteigerungen drohen
Die Lockerung des Vertragszwangs würde in erster Linie einen erheblichen administrativen Mehraufwand für alle Beteiligten bedeuten. Mehr Bürokratie führt zwangsläufig zu höheren Kosten und weniger Effizienz. Das Gesundheitswesen ist ohnehin bereits unter hohem finanziellem und personellem Druck. Gerade die Spitäler und Kliniken müssen laufend neue administrative Vorgaben von Seiten der Politik und der Versicherer erfüllen. Statt dass sich die Gesundheitsfachpersonen ihrer eigentlichen Arbeit bei den Patient:innen widmen können, soll nun gemäss dem Willen des Ständerats und der SGK-N noch mehr Bürokratie geschaffen werden - ohne sichtbaren Nutzen für die Patient:innen oder Prämienzahlenden.
Keine Steuerung des Gesundheitswesens durch Krankenversicherer
Mit der kürzlich in Kraft getretenen Zulassungssteuerung wurde eine effektive Regulierung eingeführt, die nun von den Kantonen umgesetzt wird. Es besteht somit keine Notwendigkeit bzw. es ist gar kontraproduktiv eine zusätzliche Regulierung zu schaffen und mit weiteren Eingriffen die bestehenden Strukturen zu destabilisieren. Im schweizerischen System sind die Kantone für die Spitalplanung zuständig. Wenn nun die Krankenversicherer jeweils selbst festlegen, mit welchen Spitälern und Kliniken sie zusammenarbeiten wollen, wird eine parallele Planung durch die Krankenversicherer geschaffen. Dies würde deren Einfluss erheblich ausweiten und die Gefahr einer Risikoselektion durch Versicherer verstärken. Es besteht die reale Gefahr, dass Verträge vor allem mit günstigen Leistungserbringern abgeschlossen werden, ohne dabei die Qualität der Versorgung oder das Patientenkollektiv zu berücksichtigen. Die Leidtragendenden wären vor allem Patienti:innen mit chronischen Krankheiten. Viele wären gezwungen, einen neuen, dem Versicherer genehmen, Leistungserbringer zu suchen. Die so verursachten Therapieunterbrüche wären riskant, insbesondere wenn wegen des Fachkräftemangels keine unmittelbare Fortsetzung der Behandlung möglich ist. Die Lockerung des Vertragszwangs gefährdet somit die gute medizinische Versorgung der Schweizer Bevölkerung.
Korrektur durch Parlament nötig
Das Gesundheitssystem steht ohnehin vor grossen Herausforderungen. Ein Vorstoss, der die Versorgung einschränkt, die Planungskompetenz der Kantone untergräbt und die Fachkräfte mit weiteren administrativen Aufgaben belastet, geht dabei in die falsche Richtung. H+ ruft das Parlament zur Vernunft auf und fordert vielmehr, dass zukünftige Gesetzesrevisionen auf die Stärkung der Gesundheitsversorgung und die Entlastung der Fachkräfte abzielen, anstatt diese durch neue administrative Hürden weiter zu belasten.
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