Rollibock oder das unruhige Gewissen? Packendes Freilichtspiel vor gewaltiger Naturkulisse Jul/Aug 2024
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Trifft der Mensch auf die Urkraft der Natur, öffnet sich ein Raum für Sagen, Legenden, mystische und gefährliche Wesen – Horror-Gestalten. Die Alpentäler sind voll davon. Geschaffen hat sie die jahrhundertealte Angst vor der Willkür unaufhaltsamer, zerstörerischer Naturgewalten. Und der Durst, diese durch eine Erklärung dafür zu bewältigen. Reste davon leben noch heute. Willy-Franz Kurth wagt eine überaus interessante, neuzeitliche Interpretation einer der ältesten Sagen des Wallis: Eine Freilicht-Inszenierung der Geschichte des Rollibock. Die Uraufführung findet am 19.Juli 2024 in der Aletsch Arena statt. Inmitten einer gewaltigen Naturkulisse: der Heimat der Zornesgestalt am Grossen Aletschgletscher. Ein Grossteil des Schauspielensembles sind ebenfalls Bewohner der Region. In diesem Falle jedoch mit Leib und Seele. Rund 100 Einheimische sind an der Produktion beteiligt.
Nährboden „Kollektiv“
Wenn Menschen sich zusammentun entsteht Potenzial. Wenn sich Ideen vermischen, Kreativität aufblüht, Reibung neue Schattierungen aufdeckt, Visionen entstehen – dann ist das für einen Regisseur wie Willy-Franz Kurth und seine Arbeit bester Nährboden. Aus ‚Zusammenkommen’ wächst Innovation und daraus Gemeinschaft. Und genau die ist es, die laut Fredy Huber, Präfekt Bezirk Goms und Präsident des Organisationskomitees, den Grundstock für das Freilichtspiel schafft: Das Zusammentun der zwei Gemeinden Fiesch und Fieschertal. Das Engagement von rund 100 Einheimischen. 40 nichtprofessionelle Schauspieler und Statisten – an der Seite von Profi-Darstellern –, einem hoch motivierten Produzenten-Team und vielen Helfern hinter den Kulissen. Die musikalische Gestaltung und das Kostümbild liegen ebenfalls in professionellen Händen. „Der offene Raum des Freilichtspiels, die eindrucksvolle Naturlandschaft der Aletsch Arena, dient dem Storytelling in besonderem Masse“, so der Regisseur. „In der Selbstwahrnehmung ist der Mensch im Verhältnis zur Natur klein. Mitunter sehr klein. Der Mensch verliert seinen Grössenmassstab gegenüber der Natur und soll zum Staunen kommen.“
Die Sage vom Rollibock
Der Rollibock, eine furchterregende Kreatur der alpinen Unterwelt, ist Dauerbewohner des Grossen Aletschgletschers. Er verlässt diesen nur dann, wenn ihn jemand erzürnt. So geschehen, so besagt die Legende, als vor vielen Jahren ein Jäger aus dem Fieschertal in sein Banngebiet eindringt. Der Rücksichtslose wildert und zerstört in seiner Habsucht Bergkristalle, die er besitzen möchte. Seine schonungslosen Taten wecken den Zorn des Gletscher-Ungetüms. Mit seinen geraubten Kristallen und gefreveltem Wild kehrt der gierige Jäger an das Ufer des Märjelen-Sees am Fusse des Aletschgletschers zurück. Ein Fährmann solle ihn bei aufziehendem Sturm retten. Doch statt ans andere Ufer, steuerte das Boot auf den Aletschgletscher zu. Der Fährmann verwandelte sich, zum grössten Entsetzen des Jägers, in eine riesige, Angst einflössende Figur – den Rollibock. Fürchterlich war sein Aussehen, das einem Ziegenbock ähnelte: Auf dem Kopf sassen zwei ausladende Hörner, aus seinem Gesicht funkelten dunkle, feurige Augen und anstatt eines Fells hingen lange Eiszapfen an seinem Körper herab, die ein unheimliches Klirren verursachten, wenn er sich bewegte. Der erzürnte Rollibock schleuderte dem Jäger seine Untaten entgegen, bevor er das Boot samt Fahrgast im Wasser des Gletschersees versenkte. Der Jäger wurde nie wieder gesehen. Der See dagegen ergiesst sich mit zerstörerischer Kraft ins Tal und überschwemmt Dörfer, Wiesen, Felder und Äcker. Über die Menschen kommt gewaltiges Leid.
Was bleibt ist der Zorn
Die Neuinszenierung des Walliser Regisseurs und Filmemachers Willy-Franz Kurth basiert auf Hubert Thelers jüngstem Theaterwerk in drei Akten. Kurth transportiert den Mythos Rollibock in die greifbare Zukunft. Zeigt das Absurde der Menschheit und schenkt Denkanstösse – ethisch wie politisch. Spannend, ergreifend, temporeich.
Der erhobene Zeigefinger bleibt dem Zuschauer erspart. Nicht aber die Frage: Haben wir als Spezies den Tiefpunkt schon erreicht, vielleicht geht es nun wieder aufwärts, einerseits. Andererseits ist der Lebenszyklus eines einzelnen Menschen so unglaublich kurz. Kann er/sie/es noch etwas Vernünftiges tun? Die Figur – die Geschichte vom Rollibock wird überleben. In dieser und in anderen Erzählformen. Der gemeinsame Nenner stellt sich in der simplen Frage: Was ist, wenn die Natur zurückschlägt? Und wer ist eigentlich dieser Rollibock? Vielleicht doch unser unruhiges Gewissen? ...oder halten wir es mit den Worten des grossen Friedrich Dürrenmatt: "Das menschliche Wissen ist dem menschlichen Tun davongelaufen, das ist unsere Tragik. Trotz aller unserer Kenntnisse verhalten wir uns immer noch wie die Höhlenmenschen von einst."
„Das Thema ist brandaktuell, die Dialoge sind aus dem Leben gegriffen. Und trotzdem – und das ist vielleicht das Besondere –“, so Fredy Huber, „bleiben dem Betrachter Weiten zur eigenen Interpretation. Ob und wenn ja, wie tief man unter den doppelten Boden schauen mag, bleibt dem Betrachter selbst überlassen.“
Der Kultur auf der Spur
Aufgeführt wird das Stück an 14 Terminen, vom 19.Juli bis 17.August 2024, in der Aletsch Arena in Lischmatta, Fiesch. Gästen empfiehlt es sich, vorab schon in die „Kulisse“ einzutauchen – der einzigartigen Naturlandschaft am grössten Gletscher der Alpen. Es warten 300 km Wanderwege mit spektakulären Aussichtspunkten, atemberaubende Hängebrücken, der 1000-jährige Arvenwald und gemütliche Einkehrmöglichkeiten. Bei geführten Gletschertouren geht es vorbei an gurgelnden türkisfarbenen Bächen, tiefen Spalten und imposanten Gletschertischen. Die Seilschaften sind Erlebnisse, die unvergessen bleiben. Wer sich die Aletsch Arena gerne einmal aus der Vogelperspektive ansehen würde, dem sei ein Tandemflug ans Herz gelegt. Die Gleitschirmschulen vor Ort sind auch auf Copiloten mit körperlichen Einschränkungen eingestellt. Interessantes über die Geschichte der Region erfahren Gäste bei einer Dorfführung in Fiesch und bei geführten Spaziergängen durch die Kastanienselve Salzgäb in Mörel-Filet. Noch mehr spannende Erlebnisse finden sich unter www.aletscharena.ch/kultur sowie unter www.aletscharena.ch/angebote
Der Kartenvorverkauf startet am 18.Dezember 2023 unter www.rollibock.ch
-> Über eine Publikation würden wir uns freuen. Gerne vermitteln wir Interviewpartner*innen wie z.B. Regisseur Willy-Franz Kurth, OK-Präsident Fredy Huber, Profi-Schauspielerin Michaela Gurten...
Aletsch Arena AG, Furkastrasse 39, 3983 Mörel-Filet, info@aletscharena.ch, www.aletscharena.ch
Weiteres Material zum Download Dokument: Story-Idee-Rollibock~ichtspiel-2024.docx