Corona-Pandemie und Antibiotikaresistenz - vom Spital zum Stall
Es mag gewagt erscheinen Spital und Stall zu vergleichen. Doch in Anbetracht der Antibiotikaresistenzproblematik, die durch die Coronapandemie in den Hintergrund geraten ist, lohnt sich der Vergleich.
Aktuell sind wir fixiert auf die Bekämpfung der Corona Pandemie. Zu Recht, denn seit Pandemiebeginn sind mehr als 2.8 Millionen Corona-Tote zu beklagen. Doch es darf nicht vergessen werden, dass jährlich rund 700‘000 Menschen an Infektionen durch multiresistente Keime sterben.
Wenn die Antibiotikaresistenz aber weiter zunimmt, könnten bereits 2050 pro Jahr 10 Millionen Menschen pro Jahr an Infektionen sterben. Im aktuellen Swiss Antibiotic Resistance Report (SAAR) steht in der Einleitung:
„In den letzten Monaten war Covid-19 das Thema, das die Bevölkerung beschäftigt hat. Obwohl das Thema Antibiotikaresistenzen dadurch im Bewusstsein etwas in den Hintergrund geraten ist, muss diese Problematik weiter mit Nachdruck angegangen werden.“
Klarer formuliert das Problem die amerikanische Behörde CDC (Center for Disease Control and Prevention) in ihrem aktuellen Bericht:
„Hören Sie auf, von einer kommenden post-antibiotischen Ära zu sprechen - sie ist bereits da. Sie und ich leben in einer Zeit, in der einige Wundermittel keine Wunder mehr bewirken und Familien durch einen mikroskopisch kleinen Feind auseinandergerissen werden. Die Zeit zum Handeln ist gekommen, und wir können Teil der Lösung sein.
Hören Sie auf, die Schuldigen zu suchen . Jede Person, jede Branche und jedes Land kann die Entwicklung der Antibiotikaresistenz beeinflussen. Jeder von uns spielt eine Rolle und sollte zur Verantwortung gezogen werden, wenn es darum geht, sinnvolle Fortschritte im Kampf gegen diese Bedrohung zu erzielen.
Hören Sie auf, sich nur auf neue Antibiotika zu verlassen, die nur langsam auf den Markt kommen und die diese Keime leider eines Tages unwirksam machen werden. Wir müssen aggressive Strategien anwenden, die die Keime fernhalten und Infektionen erst gar nicht entstehen lassen.
Hören Sie auf zu glauben, dass Antibiotikaresistenzen ein Problem "da drüben" in einem anderen Krankenhaus, Staat oder Land sind - und nicht in unserem eigenen Hinterhof. Antibiotikaresistenzen wurden in jedem Bundesstaat der USA und in jedem Land der Welt festgestellt. Es gibt keinen sicheren Ort vor Antibiotikaresistenzen, aber jeder kann etwas dagegen unternehmen. Werden Sie aktiv, wo immer Sie können, vom Händewaschen bis zur Verbesserung des Antibiotikaeinsatzes.
[...]Die Erkennung von Bedrohungen und die Durchführung von Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von Keimen rettet Leben.“
Wie besorgniserregend die Situation ist, zeigt auch diese Schlagzeile vom 3. September 2021: Forschende entdecken in Deutschland erstmals hochresistente Bakterien.
Keine Schlagzeile machte der Swiss Antibiotic Resistance Report (SAAR), trotz der Tatsache, dass zum Beispiel bei 40% der untersuchten Schlachtkälber im Blinddarm resistente E. coli Bakterien nachgewiesen werden konnten. Ein Isolat war gar sogar gegen neun Antibiotikaarten resistent!
In Proben von stationären Patienten mit invasiven Infektionen zeigten sogar weniger als 50% der E. coli Keime keine Resistenz auf und 4.3% waren gegen 4 Antibiotikaklassen resistent (SAAR, Seiten 58-60).
Was können wir also tun in Stall und Spital?
Hand auf’s Herz, es gibt Parallelen zwischen Stall und Spital. Im Stall werden häufig nur die Euter, im Spital nur die Hände regelmässig desinfiziert. Selbst die von der Swissnoso vorgeschlagenen Vorsorgemassnahmen in Spitälern während der COVID-19 Pandemie (Version 9.3 September 2021) sieht nur eine „tägliche Desinfektion der Oberflächen (high-touch surfaces) und der WCs in Spitalbereichen mit bestätigten und vermuteten Covid-19 Patienten.“
Kann das genügen? Darauf gehen wir im zweiten Teil ein. Teil drei befasst sich dann mit der Landwirtschaft.
So rasch entwickeln sich Antibiotikaresistenzen
Prof. Roy Kishony von der Harvard Universität zeigt eindrücklich, wie rasch sich Antibiotikaresistenzen entwickeln. Eine grosse Agarplatte wurde in 9 Abschnitte unterteilt. Die äussersten Abschnitte enthielten kein Antibiotika. Die nächsten Abschnitte enthielten die Minimalkonzentration, die es benötigt um den Keim E. coli abzutöten. Dann folgten Abschnitte mit der 10-fachen, 100-fachen und schlieslich in der Mitte mit der 1‘000-fachen Konzentration. Nach lediglich 11 Tagen wurde das Bakterium auch gegen diese Konzentration reistent: https://vimeo.com/180908160.
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