Medienmitteilung
SNF: Bild des Monats Oktober 2006: Langzeitbeobachtung von
Knochenbrüchen bei Kindern und Jugendlichen
2006-10-30T07:40:00
Bern (ots) - Bild und Text unter:
http://www.presseportal.ch/de/galerie.htx?type=obs Erhöhtes Bruchrisiko besteht auch viele Jahre danach Nach einem Knochenbruch bei Kindern und Jugendlichen nimmt die
Knochendichte deutlich ab und es ist ungewiss, ob sie je wieder
vollständig regeneriert werden kann. Dadurch könnten die
Betroffenen einem erhöhten osteoporosebedingten Bruchrisiko
ausgesetzt sein, befürchten Forschende des Universitätsspitals Genf
aufgrund der ersten Resultaten ihrer Studie im Nationalen
Forschungsprogramm «Muskuloskelettale Gesundheit Chronische
Schmerzen» (NFP 53). «Es gibt Tage, an denen wir hier am Kinderspital sieben
Knochenbrüche behandeln müssen» sagt Dimitri Ceroni, orthopädischer
Kinderchirurg am Universitätsspital Genf. Jedes vierte Kind, das
auf einer pädiatrischen Notfallstation eingeliefert wird, hat einen
Knochenbruch. Tatsächlich bricht sich fast jedes zweite Kind bis
zum Erwachsenenalter einmal die Knochen und etwa jedes 5. Kind muss
sogar zwei Mal bis zum Erwachsenenalter einen Knochenbruch
behandeln lassen. Doch was passiert mit den Knochen nach einem Bruch? Sind
Langzeitschäden zu befürchten? Diesen Fragen sind Dimitri Ceroni
und seine Kollegen in einem Projekt des Nationalen
Forschungsprogramms «Muskuloskelettale Gesundheit Chronische
Schmerzen» (NFP 53) nachgegangen*. Zu diesem Zweck hat das Team die
Knochendichte mittels verschiedener Röntgenuntersuchungen kurz nach
dem Knochenbruch gemessen. Diese Messungen erfolgten nach dem
Bruch, nach der Entfernung des Gipses und sechs Monate nach dem
Unfall. Untersucht hat er sowohl Brüche der oberen Gliedmassen
(Handgelenk) wie auch der unteren Gliedmassen (Beine und
Fussgelenk) bei 66 Jungen und 29 Mädchen. Zur Kontrolle wurden 65
Jugendliche ohne Knochenbrüche hinzugezogen. Dabei zeigte sich, dass Kinder, die sich die Knochen brechen, nicht
bessere oder schlechtere Knochen besitzen als ihre unfallfreien
Kameraden. Ein Bruch im Kindesalter oder in der Jugend ist daher
meist die Folge eines Unfalls und nicht einer Veranlagung. Dies
beobachtet auch Dimitri Ceroni in seiner Praxis: «Kinder sind wild
und gehen oft grosse Risiken ein.» Die häufigsten Unfälle, so
beobachtet der Kinderarzt, geschehen denn auch auf dem Spielplatz,
bei Skaten oder wenn die Kinder von einem Baum fallen. Deutliche Abnahme der Knochendichte
Ist das Handgelenk oder das Bein gebrochen, wird der Bruch
gerichtet oder operiert und danach meistens eingegipst, damit der
Knochen in idealer Position heilen kann. Das kann viele Wochen
dauern, bei einem Beinbruch sogar bis zu drei Monate. Diese
Ruhigstellung ist zwar von Vorteil für die Heilung des Bruchs, aber
sie hat einen Verlust an mineralischer Knochenmasse zur Folge, weil
das Bein nicht mehr belastet wird. Von dieser Abnahme der
Knochendichte ist folglich nicht nur die gebrochene Stelle sondern
die ganze betroffene Gliedmasse betroffen. Die Messungen am Universitätsspital in Genf zeigen denn auch, dass
bei den untersuchten Jugendlichen die Knochendichte um
durchschnittlich 30 Prozent abnimmt, wenn untere Gliedmassen wegen
eines Bruchs eingegipst und dadurch ruhi g gestellt werden müssen.
Erstmals untersucht die Genfer Forschungsgruppe auch die
Langzeitentwicklung dieses Effektes mit deutlichem Resultat: Noch
sechs Monate nach dem Bruch ist die Knochendichte mehr als 10
Prozent vermindert. Im weiteren Verlauf dieses Forschungsprojektes werden die Kinder
und Jugendlichen anderthalb Jahre nach ihrem Unfall nochmals
untersucht. Ceroni befürchtet, dass der Verlust an Knochenmasse
lebenslang nicht mehr ganz ausgeglichen werden kann. «Wird diese
Vermutung bestätigt, hätte dies kapitale Folgen: Das Risiko für
osteoporosebedingte Brüche im Alter wäre erhöht.» Unfall in kritischer Lebensphase
Die Bildung der mineralischen Knochenmasse erfolgt hauptsächlich
während des Jugendalters. Um das 20. Lebensjahr erreicht die
Knochendichte in der Regel ihren Höhepunkt und nimmt danach langsam
ab. Frühere Untersuchungen haben ergeben, dass eine 10- bis 15-
prozentige Abnahme der mineralischen Knochenmasse am Ende des
Wachstums bei den Jugendlichen ein um 25 bis 50 Prozent höheres
osteoporosebedingtes Frakturrisiko zur Folge hätte. Ein Bruch bei
Kindern und Jugendlichen erfolgt damit in einer für die
Knochenentwicklung kritischen Lebensphase. Doch der Verlust an Knochenmasse während der Eingipszeit hat auch
kurzfristige Folgen: In den ersten Monaten nach der Gipsentfernung
besteht eine erhöhte Bruchgefahr. Eine spezielle Situation ergibt
sich insbesondere bei sportlichen Kindern: Sie erholen sich zwar
schneller als unsportliche Kinder von einem Bruch. Doch ihre Eltern
und Sporttrainer berücksichtigen oft zu wenig, dass nach einer
Gipsentfernung noch mehrere Wochen Vorsicht angezeigt ist. «Ich beobachte immer wieder, dass Trainer Druck auf die Kinder
ausüben, das Training möglichst schnell wieder mit hoher Intensität
aufzunehmen», sagt Dimitri Ceroni. «Natürlich wollen dies auch die
Kinder oft selbst. Sie riskieren damit aber, innert kurzer Zeit
wieder mit einem Bruch im Spital zu landen.» Die Ergebnisse dieser Studie könnten deshalb eine Grundlage für
Präventionsstrategien für Kinder mit Knochenbrüchen bilden. Solche
Strategien könnten beispielsweise darin bestehen, während der
Behandlung eines Knochenbruchs Kalzium zu verabreichen, das
Behandlungsschema des Bruches zu verändern oder eine intensive
Physiotherapie anzubieten. Ceroni: «Wir sind der Meinung, dass
diese Strategien späteren osteoporosebedingten Komplikationen
vorbeugen und damit die Gesundheitskosten im Erwachsenenalter
senken könnten.» * Das NFP 53 will neue Erkenntnisse über die Krankheiten des
Bewegungsapparates gewinnen und erforschen, wie die Knochen und
Muskeln möglichst lange gesund bleiben können. Weitere
Informationen: www.nfp53.ch Weitere Auskünfte:
Dr. Dimitri Ceroni
Hôpital des Enfants
CH-1205 Genf
Tel. +41 (0)22 382 47 91, +41 (0)22 372 33 11 (page 6859620)
E-Mail: dimitri.ceroni@hcuge.ch Text und Bild dieser Medieninformation können auf der Nationalfonds-
Homepage abgerufen werden http://www.snf.ch/medienmitteilung
Permalink:
https://www.presseportal.ch/de/pm/100002863/100518456
|
|