Medienmitteilung
SNF: Bild des Monats Februar 2007: Grundlagenforschung für die Behandlung angeborener Herzfehler
2007-02-20T10:00:00
Bern (ots) - Bild und Text unter: http://www.presseportal.ch/de/galerie.htx?
type=obs Lebende Herzklappen aus körpereigenen Stammzellen Manche Kinder mit einem angeborenen Herzfehler sind nach der Geburt
auf eine Herzklappen-Prothese angewiesen. Mit Unterstützung des
Nationalen Forschungsprogramms "Implantate und Transplantate" ist es
einem Team am Zürcher Universitätsspital nun gelungen, aus
Stammzellen, die aus menschlichem Fruchtwasser gewonnen wurden,
funktionsfähige, lebende Herzklappen zu züchten. Diese haben den
Vorteil, nach der Implantation mit dem Körper mitwachsen zu können. Wir machen uns die Mittel der Natur zu eigen, um Kindern mit
schweren Herzfehlern zu helfen, sagt Simon P. Hoerstrup, Leiter der
Forschung für Regenerative Medizin und Herz- und Gefässchirurgie am
Universitätsspital Zürich. Sein Ziel ist es, in einigen Jahren
lebende Herzklappen-Prothesen bereit zu stellen, die mit Hilfe des
Tissue Engineering der Züchtung von Gewebe im Labor aus
körpereigenen Stammzellen gewonnen werden. Unterstützt wurden seine
Arbeiten vom Nationalen Forschungsprogramm "Implantate und
Transplantate" (NFP 46) des Schweizerischen Nationalfonds. Etwa ein Prozent der Kinder wird mit einem Herzfehler geboren, zum
Teil mit schweren Missbildungen der Herzklappe. Normale Herzklappen
sind aus filigranen Schichten stabiler und elastischer
Bindegewebefasern aufgebaut und sorgen dafür, dass das Blut in die
richtige Richtung fliesst. Eine gestörte Herzklappenfunktion kann zu
einer gefährlichen Belastung des Herzmuskels führen, die unbehandelt
mit der Zeit tödlich sein kann. Bisher werden fehlerhafte
Herzklappen durch Prothesen ersetzt, die entweder aus Kunststoffen
oder biologischem Material tierischen oder menschlichen Ursprungs
hergestellt werden. Die Herzklappen aus biologischem Material haben
jedoch nur eine begrenzte Lebensdauer, während die
Kunststoff-Prothesen mit einem erhöhten Risiko für lebensgefährliche
Blutungen und Blutgerinnsel verbunden sind. Das grösste Problem für
Kinder mit angeborenen Herzklappenfehlern ist, dass die heute
erhältlichen Prothesen nicht mit dem Herz mitwachsen. Zum Teil sind
deshalb mehrere Operationen notwendig, mit einem zunehmenden Risiko
für schwere Komplikationen. Diese Kinder brauchen deshalb Prothesen, die mitwachsen können, den
hohen Belastungen im Blutkreislauf standhalten und vom Körper gut
akzeptiert werden. Dazu eignet sich am besten lebendes,
körpereigenes Gewebe. Das Zürcher Forschungsteam hat Herzklappen aus
so genannten fetalen Vorläuferzellen des ungeborenen Kindes
gezüchtet, die natürlicherweise im Fruchtwasser vorkommen. Diese
sind gut vermehrbar, so dass wenige Milliliter der
Gebärmutterflüssigkeit reichen, um die nötige Menge Zellen für die
Herstellung einer kompletten Herzklappe zu gewinnen. Die Entnahme
mit einer Spritze durch die Bauchdecke (Amniozentese) ist heute
bereits Routine bei genetischen Untersuchungen des ungeborenen
Kindes. In Versuchen, die sie im November 2006 am Kongress der American
Heart Association in Chicago vorstellten, gewannen Hoerstrup und
seine Mitarbeitenden aus menschlichem Fruchtwasser zwei Typen von
Stammzellen, die dann in Schichten auf ein herzklappenförmiges
Gerüst aufgetragen wurden. Das Gerüst bestand aus biologisch
abbaubaren Materialien, wie sie unter anderem für chirurgisches
Nahtmaterial verwendet werden. Die Stammzellen wurden mit Hilfe von
Wachstumsfaktoren und Nährstoffen zur Vermehrung und Ausbildung
fertiger Zellschichten gebracht. Später wurden die heranwachsenden
Herzklappen in einem kleinen, künstlichen Kreislaufsystem
physiologischen Bedingungen ausgesetzt, wie sie im Körper des Fötus
herrschen, damit sie an Kraft, Dicke und Funktionsfähigkeit
gewannen. Das Grundgerüst baute sich innert weniger Wochen
biologisch ab, so dass am Ende körpereigene, lebende Herzklappen zur
Verfügung standen. Das Zürcher Team hat sich in den bisherigen Experimenten mit dem
Ersatz der so genannten Pulmonalklappe beschäftigt, die zwischen dem
Herzen und der zur Lunge führenden Arterie liegt. Es wird allerdings
noch eine Weile dauern, bis solche Herzklappen einem menschlichen
Baby eingepflanzt werden. Immerhin haben die bisherigen
Untersuchungen sie wurden statt mit Stammzellen noch mit
vollständig differenzierten Körperzellen durchgeführt bereits
gezeigt, dass sich die gezüchteten Ersatzklappen in Zellstruktur,
Aufbau und Dicke den natürlichen Vorbildern angleichen. In einem
weiteren Versuch erhielten 14 Schafe Blutgefäss-Stücke eingepflanzt,
die nach den gleichen Prinzipien aus Schafzellen hergestellt worden
waren. Diese passten sich dem normalen Herzgewebe an und wuchsen im
Durchmesser innert zwei Jahren um 30 Prozent, was dem normalen
Tierwachstum entspricht. Ein Teil der Schafe wird nun für mindestens
zwei weitere Jahre beobachtet, um die Funktionsfähigkeit der
Prothesen zu prüfen. Mit der Präsentation ihrer Resultate in Chicago haben Hoerstrup und
sein Team einiges Aufsehen erregt. Der Spezialist möchte aber keine
falschen Erwartungen schüren: Bis die Methode reif zur Anwendung
ist, vergehen noch einige Jahre. Zuerst muss der Sprung vom
Tiermodell zum Menschen geschafft, dann die komplexe Technik
standardisiert werden. Das stärkste Argument zugunsten des Tissue
Engineering liegt für Hoerstrup in der Nachhaltigkeit: Nach der
Einpflanzung sollten keine weiteren Operationen und Medikamente mehr
notwendig sein. Das verhindere Krankheits- und Todesfälle, erhöhe
die Lebensqualität und sei kosteneffizient, sagt der Zürcher
Forscher. Weitere Informationen:
Prof. Dr. Dr. Simon P. Hoerstrup
Abteilung Forschung
Departement Chirurgie
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
CH-8091 Zürich
Tel. + 41 (0)44 255 38 01
Fax + 41 (0)44 255 43 69
E-Mail: simon_philipp.hoerstrup@usz.ch Text und Bild dieser Medieninformation können auf der Nationalfonds-
Homepage abgerufen werden http://www.snf.ch/medienmitteilung
Permalink:
https://www.presseportal.ch/de/pm/100002863/100525110
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