Medienmitteilung
PD: Reich befrachtetes Programm der WAK-S in Braunwald
2003-08-15T17:34:34
(ots) - Die WAK-S hat an ihrer heutigen Sitzung in Braunwald die
Totalrevision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) sowie die
Revision des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) behandelt und dabei
die Transparenzvorschriften und den Versichertenschutz weiter
verstärkt. Die Revision des Banken und Sparkassengesetzes wurde
einstimmig angenommen. Schliesslich gab die WAK in der Vorprüfung
den Standesinitiativen der Kantone Solothurn, Obwalden, Waadt und
Bern, welche das überschüssige Goldvermögen zu 2/3 an die Kantone
verteilen wollen, Folge. 1. Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) / Versicherungsvertragsgesetz
(VVG) (03.035) 1.1 Hintergrund Die Totalrevision des VAG trägt den
Entwicklungen der Versicherungswirtschaft und den regulatorischen
Anpassungen im Ausland Rechnung. So ist grundsätzlich eine
Schwerpunktverlagerung von der präventiven zur nachträglichen
Kontrolle der Versicherungsprodukte vorgesehen. Das wird erstens
erreicht durch eine nachträgliche Kontrolle u.a. der allgemeinen
Versicherungsbedingungen und Prämientarife. Zweitens wird eine
verstärkte Solvenzaufsicht eingeführt und die möglichen Sanktionen
ausgebaut. Bei der Einführung einer risikoadjustierten
Solvabilitätskontrolle wird sogar über das EU-Recht hinausgegangen
und sollen alle Risiken, inklusive der Anlagerisiken, beachtet und
damit die Stabilität gewährleistet werden. So werden
Anlagekategorien wie Aktien eine höhere Schwankungsreserven
benötigen, was Versicherungen davor schützen soll, bei fallenden
Aktienkursen zur Verhinderung weiterer Verluste zum Verkauf der
Aktien gezwungen zu werden, was den Markt negativ beeinflusst.
Drittens wird der Konsumentenschutz verstärkt, namentlich durch eine
Verbesserung der Transparenz. Der Schritt von der präventiven zur
nachträglichen Kontrolle macht Anpassungen des VVG aus Gründen des
Konsumentenschutzes notwendig. Dies betrifft beispielsweise die
Bereiche Informationspflicht des Versicherers hinsichtlich des
wesentlichen Vertragsinhalts oder der Transparenzvorschriften. 1.2
Einzelne Bestimmungen 1.2.1 Definition des Versicherungsvermittlers
(Art. 2, 38 VAG). Angestellte von Unternehmen, welche für dieses
Unternehmen als in- house broker Versicherungen vermitteln, werden
dem VAG nicht unterstehen. Hier geht es um eine Klärung des
Gesetzestextes. 1.2.2 Transparenzvorschriften und Vorschriften zur
Überschussausschüttung im Bereich der beruflichen Vorsorge (Art.
36f. VAG) Im Rahmen der 1. BVG-Revision haben beide Räte in Art. 6a
des Lebensversicherungsgesetzes Transparenzvorschriften beschlossen
und vorgeschrieben, dass der Bundesrat die Vorschriften für die
Überschussausschüttung festlegen wird. Der Bundesrat hatte in der im
Mai verabschiedeten Botschaft zum VAG eine Ausschüttungsquote von
mindestens 90% vorgesehen. Der Botschaftstext entspricht allerdings
nicht mehr der von den Räten im Rahmen der BVG-Revision
beschlossenen Bestimmung. Die Kommissionsmehrheit (6:3:0) möchte so
kurz nach den Ratsentscheiden keine Änderungen mehr an dieser
Bestimmung vornehmen, während die Kommissionsminderheit der Frage
grosse Bedeutung zumisst und zur Erhöhung der Rechtssicherheit den
ursprünglichen Botschaftstext fordert. Im Weiteren wurden die
Transparenzvorschriften von Art. 36 VAG geklärt und verstärkt.
Zukünftig sollen etwa Versicherungsunternehmen, welche die direkte
Einzel- oder Kollektivlebensversicherung betreiben und
Lebensversicherungsverträge mit Überschussbeteiligung erfüllen, den
Versicherten jährlich eine nachvollziehbare Abrechnung über die
Überschussbeteiligung abgeben. In diesem Zusammenhang diskutierte
die WAK-S auch die Frage des Umwandlungssatzes im
überobligatorischen Bereich. Diese Frage wurde nach dem vom
Bundesrat bewilligten Versicherungsmodell der Winterthur
Versicherung in der Öffentlichkeit heftig diskutiert. Der Grundtenor
der Diskussion in der Kommission war, dass die Aufsichtsbehörde bei
der Bewilligungserteilung die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten
habe. Der Ermessensspielraum der Aufsichtsbehörde liegt somit
zwischen den Solvabilitäts- und den Missbrauchsvorschriften. Ein
gestaltender Eingriff ausserhalb dieses Ermessensspielraums aus
sozialen Gründen würde dem Gesetz nicht entsprechen und steht der
Aufsichtsbehörde nicht zu. Bezüglich des Umwandlungssatzes führt ein
zu hoher Satz dazu, dass das angesparte Kapital pro Jahrgang nicht
für die Auszahlung der Renten ausreicht und durch ein dem BVG
fremdes Umlageverfahren von jüngeren Generationen übernommen werden
muss. Liegt der Umwandlungssatz zu tief, könnte eine Umlagerung
zugunsten jüngerer Alterskategorien stattfinden. Die Kommission nahm
befriedigt zur Kenntnis, dass eine solche Umlagerung verhindert
wird, indem Modelle wie jenes der Winterthur Versicherung allfällige
Überschüsse dank einer jährlich für jeden Jahrgang durchzuführenden
Kontrollrechnung an die Versicherten dieses Jahrgangs ausschütten
müssen. In diesem Zusammenhang sind die in der BVG beschlossenen und
ins VAG zu übernehmenden bzw. von der Kommission verstärkten
Transparenzvorschriften von grosser Bedeutung. 1.2.3 Verstärkter
Schutz der Versicherten (VVG) Die Kommission befasste sich
ausführlich mit dem VVG, das wegen des im VAG vorgenommenen
Paradigmenwechsels von der präventiven zur nachträglichen Kontrolle
im Bereich des Versichertenschutzes zu verstärken war. So wird die
Informationspflicht des Versicherers ausgebaut und führt dessen
Verletzung dieser Pflicht zur Kündigung des Vertrags. Neu soll
dieses Kündungsrecht nach vier Wochen, nachdem der
Versicherungsnehmer von der Pflichtverletzung und den gesetzlich
vorgeschriebenen Informationen Kenntnis erhalten hat, spätestens
jedoch ein Jahr nach der Pflichtverletzung, erlöschen. Im Gegenzug
hat der Versicherte auch die Pflicht, über seine
Versicherungssituation zu informieren. Hier schlägt die Kommission
einerseits vor, dass der Versicherte Gefahrentatbestände der
Versicherung melden soll, die er erstens nicht nur kannte oder hätte
kennen müssen, sondern auch über die er vom Versicherer befragt
wurde. Zweitens gelten als anzeigepflichtige Gefahrentatsachen auch
Umstände, die einen Rückschluss auf die Ausprägung erheblicher
Gefahrentatsachen zulassen, d.h. indizierende Umstände.
Beispielsweise fällt die Verheimlichung eines früheren
Führerausweisentzuges, was auf unsorgfältige Fahrweise schliessen
lässt, darunter. Damit wird die bisher geltende Gerichtspraxis
weitergeführt. Eintreten und Zustimmung in der Gesamtabstimmung
beschloss die Kommission einstimmig. 2. Bundesgesetz über Banken und Sparkassen Nicht erst seit der bei
der Öffentlichkeit grosse Betroffenheit auslösenden Schliessung der
Spar- und Leihkasse Thun herrschte Einigkeit bezüglich der
Revisionsbedürftigkeit der Bestimmungen über die Bankensanierung und
Bankenliquidation. Nach zahlreichen Revisionsvorschlägen seit den
Dreissigerjahren hat der Bundesrat mit seiner Botschaft einen neuen
Anlauf für Verbesserungen in diesem Bereich unternommen mit
Erfolg, wie die Beratungen der WAK zeigen: Wie bereits ihre
Schwesterkommission und der Nationalrat, beschloss die WAK-S dem
bundesrätlichen Projekt ohne Änderung zu folgen. Folgend die Pfeiler
der bundesrätlichen Reform: Optimierung des Zusammenspiels von
Aufsichts-, Sanierungs- und Liquidationsrecht indem die
Eidgenössische Bankenkommission für die Leitung des Verfahrens
zuständig sein wird. Flexibiliserung des Sanierungsverfahrens:
Hier soll ein von der Bankenkommission eingesetzter
Sanierungsbeauftragter unter Anhörung der Gläubiger und Eigner einen
Sanierungsplan erarbeiten, der von der Bankenkommission genehmigt
wird. Ohne Sanierung führt die Bankenkommission eine eigenen
Verfahrensregeln unterstehende Liquidation durch. Schliesslich sind
neue Massnahmen zum Schutz und Gleichbehandlung der Gläubiger
vorgesehen. Verbesserung des Einlegerschutzes: Kleinstgläubiger
mit Einlagen von bis zu 5000 Franken sollen vor allen anderen
Gläubigern ausgezahlt werden. Auch soll das Konkursprivileg in der
bereits heute geltenden Höhe von 30'000 Franken auf alle Einlagen
bei Banken erweitert werden. Schliesslich werden die privilegierten
Einlagen durch eine nunmehr obligatorische Einlagensicherung
geschützt. 3. Nationalbankgold und weitere parlamentarische Initiativen Die
Kommission hat weiter vier Standesinitiativen (02.316, 03.305,
03.309, 03.312) zur Verteilung der Goldreserven, welche die
Schweizerische Nationalbank (SNB) nicht mehr für geld- und
währungspolitische Zwecke benötigt, behandelt. Die von den Kantonen
Obwalden, Bern und Waadt eingereichten Initiativen verlangen, dass
der Ertrag aus dem Verkauf der 1300 Tonnen Gold zu zwei Dritteln den
Kantonen und zu einem Drittel dem Bund zugeteilt wird. Dies
entspricht dem in der Bundesverfassung verankerten Schlüssel zur
Verteilung des Reingewinns der SNB (Art. 99 Abs. 4). Die Initiative
des Kantons Solothurn beschränkt sich darauf zu verlangen, dass die
Erträge des aus dem Verkauf der Goldreserven resultierenden Kapitals
nach dem oben genannten Schlüssel verteilt werden. Diese Initiativen
wurden ebenso wie zahlreiche andere Vorstösse im Nationalrat, die
weitere Verwendungszwecke vorsehen eingereicht, nachdem die SVP-
Initiative "Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds" und der
Gegenentwurf des Parlaments, der die Schaffung der Stiftung
Solidarität Schweiz vorschlug, am 22. September 2002 von Volk und
Ständen verworfen worden waren. Nach der Anhörung der Vertreter der
Kantone Bern und Waadt beantragt die Kommission einstimmig, diesen
vier Initiativen Folge zu geben. Mit diesem Entscheid will die
Kommission klar zum Ausdruck bringen, dass den Kantonen gegenüber
den anderen möglichen Empfängern, die zur Diskussion stehen, eine
bevorzugte Stellung zukommt. Die Kommission hat aber in diesem
Stadium noch keineswegs entschieden, ob die Kantone das Kapital oder
nur den daraus resultierenden Ertrag erhalten sollen. Es sei hier
darauf hingewiesen, dass der Bundesrat mit seinem angekündigten
Entwurf den Ertrag aus dem Verkauf in einen Fonds geben und die
Substanz dieses Kapitals in seinem realen Wert erhalten will. Nach
diesem Entwurf würden nur die Erträge aus dem Vermögen nach dem von
den Kantonen gewünschten Schlüssel verteilt. Die Kommission wird zu
diesem Thema bei der Beratung des Bundesratsentwurfs definitiv und
detailliert Stellung nehmen. Im Weiteren prüfte die Kommission einen
Gesetzesentwurf, der vom Nationalrat im Rahmen einer
parlamentarischen Initiative von Nationalrätin Stump (01.453)
ausgearbeitet worden war. Der Entwurf des Nationalrates sieht vor,
dass die Verteilung von Forschungsgeldern auf die an einem
Forschungsprojekt Beteiligten sowie die zwischen den
Forschungsbeteiligten erbrachten Leistungen von der Mehrwertsteuer
befreit werden. Obwohl die Kommission anerkennt, dass eine solche
Gesetzesänderung dem Wissenschaftsstandort Schweiz zugute käme,
beantragt sie mit 7 gegen 4 Stimmen bei einer Enthaltung, nicht auf
den Entwurf einzutreten. Die Kommissionsmehrheit ist der Auffassung,
dass eine solche Steuerbefreiung angesichts der Finanzlage des
Bundes nicht angebracht ist. Die Kommission betont auch ihre
grundsätzliche Ablehnung gegenüber allen Arten von Anträgen, mit
denen Leistungen von der MWST befreit werden sollen, solange die
schlechte Finanzlage andauert. Abschliessend hat die Kommission die
parlamentarische Initiative (02.475) von Ständerat Cornu geprüft,
die verlangt, dass das Verbot der Herstellung und Vermarktung von
Absinth aufgehoben wird. Die Kommission schlägt einstimmig vor, der
Initiative Folge zu geben. Das Verbot, das bei seinem Erlass im
Jahre 1908 aus Gründen der Gesundheit gerechtfertigt erschien, wurde
nicht mehr in die neue Bundesverfassung aufgenommen, ist aber immer
noch im Gesetz enthalten. Nach Meinung der Kommission ist dieses
Verbot nicht mehr gerechtfertigt, da der Höchstgehalt der als
gesundheitsgefährdend anzusehenden Substanz heute klar festgelegt
ist. Die Kommission hat ebenfalls festgehalten, dass es für dieses
Produkt einen nicht zu vernachlässigenden Markt gibt und dass die
betreffende Gesetzgebung es erlaubt, das Produkt durch eine
Herkunftsbezeichnung vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Die Kommissionssitzung tagte am 14. und 15. August 2003 unter dem
Vorsitz von Ständerat Fritz Schiesser (FDP/GL) in Braunwald (GL) und
im teilweisen Beisein von Bundesrat Kaspar Villiger. Braunwald, 15. August 2003 Parlamentsdienste Auskünfte:
SR Fritz Schiesser, Präsident, Tel.: 055/645 60 30
Stefan Brupbacher, Kommissionssekretär, Tel.: 079/789 13 81
Alexandre Füzesséry, stv. Kommissionssekretär, Tel.: 076/ 394 43 90
Permalink:
https://www.presseportal.ch/de/pm/100003711/100465766
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