Medienmitteilung
PD: Parlamentarische Mitwirkung bei der vorläufigen Anwendung von Staatsverträgen
2003-11-20T15:05:59
(ots) - Die Diskussionen über das Luftverkehrsabkommen mit
Deutschland führen zu einer Verbesserung der parlamentarischen
Mitwirkung in der Aussenpolitik. Die Staatspolitische Kommission
(SPK) des Ständerates schlägt vor, dass der Bundesrat in Zukunft
genehmigungspflichtige Staatsverträge nur noch nach vorheriger
Konsultation der zuständigen parlamentarischen Kommissionen
vorläufig anwenden darf. Für die Genehmigung von Staatsverträgen ist das Parlament zuständig,
sofern der Bundesrat nicht durch ein Gesetz oder einen anderen
Vertrag zum selbstständigen Vertragsabschluss ermächtigt ist. Wenn
eine besondere Dringlichkeit es gebietet, hat der Bundesrat aber
bisher ohne explizite rechtliche Grundlage die Kompetenz
beansprucht, einen genehmigungspflichtigen Vertrag vorläufig
anzuwenden. Der konkrete Fall der vorläufigen Anwendung des
umstrittenen, später vom Parlament nicht genehmigten
Luftverkehrsabkommens mit Deutschland hat Ständerätin Spoerry
veranlasst, eine gesetzliche Regelung der vorläufigen Anwendung von
Staatsverträgen zu verlangen. Nachdem der Ständerat im März 2003 der
parlamentarischen Initiative von Ständerätin Spoerry (02.456) Folge
geben hatte, hat die Staatspolitische Kommission (SPK) des
Ständerates nun mit 7:0 Stimmen bei 3 Enthaltungen den Entwurf einer
Gesetzesrevision verabschiedet in der Form einer eigenen
parlamentarischen Initiative (03.459), da sich der Entwurf vom
ursprünglichen Vorschlag von Ständerätin Spoerry erheblich
unterscheidet. Die vorläufige Anwendung eines Staatsvertrages durch
den Bundesrat ist zwar unter Umständen zweckmässig und notwendig.
Dieses Verfahren stellt aber das Parlament bei der späteren
Genehmigung des Vertrages vor die wenig befriedigende Alternative,
entweder die bereits geschaffenen vollendeten Tatsachen zu
akzeptieren oder aber das bereits angewendete Recht nach kurzer Zeit
wieder aufzuheben, was der Rechtssicherheit und insbesondere auch
der aussenpolitischen Glaubwürdigkeit der Schweiz nicht förderlich
ist. Der Bundesrat soll daher gesetzlich verpflichtet werden, vor
einer vorläufigen Anwendung die zuständigen Kommissionen zu
konsultieren. Er wird zwar durch die Stellungnahmen der Kommissionen
nicht gebunden, bleibt also zuständig für die vorläufige Anwendung -
ein notwendiges Instrument zur Wahrung der aussenpolitischen
Führungsverantwortung des Bundesrates. Im Falle einer eindeutig
negativen Stellungnahme muss er bei einer vorläufigen Anwendung aber
mit einer nachträglichen Ablehnung des Vertrages durch die
Bundesversammlung rechnen. Er wird diesfalls in der Regel im
Interesse der Rechtssicherheit und der aussenpolitischen
Glaubwürdigkeit der Schweiz auf die vorläufige Anwendung verzichten.
Die in der Abstimmung mit 5:5 Stimmen und Stichentscheid des
Kommissionspräsidenten unterlegene Kommissionsminderheit möchte
einen Schritt weitergehen. Wenn das Parlament für die Genehmigung
eines Staatsvertrages zuständig sei, so müsse es auch in letzter
Instanz über dessen vorläufige Anwendung befinden können. Diese
Anwendung eines Vertrages habe für die Bürgerinnen und Bürger
nämlich dieselben Auswirkungen wie die Anwendung eines genehmigten
Vertrages. Da der Entscheid über die vorläufige Anwendung rasch
getroffen werden muss, sollen die Aussenpolitischen Kommissionen
stellvertretend für die Räte innert einer kurzen Frist Einspruch
gegen die vorläufige Anwendung erheben können. Bern, 20.11. 2003 Parlamentsdienste Auskünfte:
Martin Graf, Kommissionssekretär, Tel. 031 322 97 36
Permalink:
https://www.presseportal.ch/de/pm/100003711/100469162
|
|