Medienmitteilung
Frühjahrstagung der Angestellten Schweiz VSAM: Der Werkplatz Schweiz
hat Zukunft!
2005-04-15T12:00:00
Zürich (ots) - Die Angestellten Schweiz VSAM haben für ihre
Frühjahrstagung einen optimistischen Titel gewählt. Dies mit Absicht
und mit Grund, und im vollen Bewusstsein, dass es gerade auch um
Arbeitsplätze geht. Arbeitsplätze, die in der Maschinen-, Elektro-
und Metallindustrie ja tendenziell weniger werden, respektive
teilweise in den nahen oder fernen Osten abwandern. Doch der
Werkplatz Schweiz ist heute international konkurrenzfähig und er
hat, wenn wir ihm gebührlich Sorge tragen, gute Perspektiven für die
Zukunft. Das zeigten die scharfen Analysen der prominenten
ReferentInnen aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und Hochschule
klar. High Noon für den Werkplatz Schweiz?
Der Direktor des Arbeitgeberverbands, Dr. Peter Hasler, stellte im
ersten Referat die provokative Frage, ob für den Werkplatz Schweiz
der High Noon gekommen sei. Unser Land sei einerseits starken
internationen Trends wie der Globalisierung und einer
Liberalisierung des Handels ausgesetzt, andererseits mit den neuen
Playern China und Osteuropa konfrontiert. Gleichzeitig leide die
Schweiz unter einer Wachstumsschwäche und mangelendem Wettbewerb im
Inland, habe mit der demografischen Entwicklung zu kämpfen und habe
einen Reformstau. Für den Werkplatz Schweiz sieht Hasler die
Vorteile Arbeitsmarktflexibilität, gute Qualität, hohes
Ausbildungsniveau, sozialer Friede und steigende Produktionskosten
im Ausland. Es gelte aber, den Werkplatz Schweiz in diversen Punkten
zu optimieren, nämlich bezüglich Lohnkosten, Sozialkosten,
Steuerbelastung, Regulierung, Abbau von Handelshemmnissen und
Verhältnis zur EU. Bedrohen könnten unseren Werkplatz vor allem die
hohen Kosten, die hohen Löhne, die wachsende Administration und das
Aufholen der anderen Länder. Die Anzahl der Arbeitsplätze nimmt im Industriesektor stetig ab
Ausnahme ist die Pharma- und Chemieindustrie. Müsste man die
Auslagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland stoppen? Der
Arbeitgeberdirektor ist klar der Meinung, dass man dies nicht tun
sollte, denn die Auslagerung betreffe unrentable Arbeitsplätze. Die
betroffenen Arbeitnehmenden würden neue Jobs finden. Zudem gebe es
auch Insourcing. In der Schweiz entstünden so höherwertige
Arbeitsplätze. Letzlich ginge es den Unternehmen der
Maschinenindustrie, die Arbeitsplätze auslagerten, darum, neue
Märkte zu erschliessen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern,
also um eine Expansionsstrategie. So würden auch Arbeitsplätze in
der Schweiz gesichert. Als Lichtblicke für die Schweiz wertete
Hasler, dass die Forschung mit ausländischer Beteiligung wächst und
die Patentanmeldungen zunähmen. Der Werkplatz Schweiz habe Chancen,
so sein Fazit. Es liege in unserer Hand, die Rahmenbedingungen zu
optimieren. Chancen und Risiken des Denk- und Werkplatzes Schweiz
Die Rechtsanwältin und Präsidentin der CVP Schweiz wies zu Beginn
ihrer Rede auf die hohe Arbeitslosigkeit und die Verunsicherung im
Zusammenhang mit der Ausdehnung auf die zehn neuen EU-Staaten hin.
Ist unser Werkplatz bedroht? fragte sie. Und: Wie kann die
Auslagerung von Arbeitsplätzen verhindert werden? Doris Leuthard möchte angesichts der Osterweiterung der EU, der
sich
wandelnden Beziehungen zu Europa und dem Boom in China bei den
Rahmenbedingungen ansetzen. Diese müssten so beschaffen sein, dass
sie den Schweizer Unternehmen ermöglichten, konkurrenzfähig zu sein.
Es ist der Auftrag der Politik, durch effiziente Abläufe, geringe
administrative Regulierungen, exzellente Infrastrukturen, eine
attraktive Steuersituation, hervorragende Bildungs- und
Forschungsinstitutionen, sichere Sozialwerke etc. gesunde und
entwickelbare Arbeitsplätze zu erhalten und auszubauen, sagte die
PolitikerInnen an die Adresse ihrer PolitkollegInnen. Perspektiven der (Berfus-)Bildung für den globalisierten
Werkplatz Schweiz
Der Ordinarius für Soziologie an der Universität Zürich,
Prof. Dr. Hans Geser, stellte sich den folgenden zwei Fragen: Welche
Anforderungen stellt der globalisierte Werkplatz Schweiz an die
Bildung und Berufsbildung? Wie eignet sich unser Bildungssystem, um
sie abzudecken? Er stellte zu diesem Themenkreis sieben Thesen auf: 1. Im Vergleich zu anderen OECD-Staaten hat sich die Schweiz (v.
a.
im deutschen Sprachraum) für einen eher restriktiven Ausbau der
allgemeinen Schulausbildung entschieden, indem die meisten
Jugendlichen nach neun Jahren das allgemeinbildende Schulsystem
verlassen. Damit nehme die Schweiz u.a. in Kauf, dass manchen
Jugendlichen zu begrenzte Möglichkeiten bildungsmässiger
Selbstentfaltung geboten werden und Firmen und Branchen mit hohem
Bildungsbedarf keinen optimalen Arbeitsmarkt vorfänden. 2. Seit Beginn der Industrialisierung hängt der ökonomische
Forschritt relativ wenig von der formalen Ausbildung ab, weil die
Tendenz besteht, Humanqualifikation durch Technologie und
Organisation zu substituieren. Vor allem könne kein deutlicher
kausaler Effekt des allgemeinen Bildungsniveaus auf das
Wirtschaftswachstum nachgewiesen werden. 3. In zahlreichen Industrie- und Dienstleistungsbereichen wird
Humanqualifikation als Produktionsfaktor heute wichtiger. Dies u.a.,
weil viel Wissen erforderlich ist, um die Potenziale elektronischer
und informatischer Technologien auszuschöpfen. 4. Formale Ausbildungssysteme sind relativ ungeeignet, um den
Wissensbedürfnissen hochdifferenzierter und dynamischer
Wirtschaftssysteme Rechnung zu tragen. Stattdessen würden
praxisnähere und informellere Wissensformen in den Vordergrund
treten: Personengebundenes Wissen und informelles Kollektivwissen. 5. Die Kluft zwischen Schule und Arbeitswelt nimmt ständig zu.
Mit
wachsender Differenziertheit und Dynamik der Arbeitswelt werde es
immer schwieriger, die Leistungen der Schule instrumental auf die
Bedürfnisse der Wirtschaft zu beziehen. Nicht die viel geschmähte
"Ökonomisierung der Bildung", sondern die wachsende Wirtschaftsferne
des Schulsystems sei das hauptsächliche Problem. 6. Das bestehende Schweizerische Berufsbildungssystem wird durch
diese Entwicklungen einerseits aufgewertet, andererseits vor
verschärfte Anpassungsforderungen gestellt. Das duale (bzw. triale)
System biete die Basis für vielfältige neue
Kombinationsmöglichkeiten zwischen theoretischem und praktischen
(bzw. betrieblichem und überbetrieblichem) Lernen, die aber nur in
einem unterstützenden gesellschaftlichen Umfeld und bei Kooperation
aller beteiligten Akteure nutzbar seien. 7. Die Globalisierung zwingt alle Länder und Regionen stärker
dazu,
ihre je spezifischen, historisch gewachsenen Ressourcen und
Leistungsfähigkeiten auszunutzen, um im internationalen Wettbewerb
zu bestehen: insbesondere auch ihr soziales Kapital. Im Falle der
Schweiz gehörten dazu: auf individueller Ebene: bestimmte
Mentalitäten der Arbeitsmotivation und eigenverantwortlichen
Problemlösung; auf kollektiver Ebene: bestimmte Formen der
Kooperation zwischen Firmen, Verbänden und staatlichen Stellen, auf
denen die ökonomische Leistungsfähigkeit unserer Erwerbtätigen und
Unternehmen beruhe. Standort Schweiz: Besser als sein Ruf!
Nicht in den Chor der
Jammerer über die Wachstumsschwäche der Schweiz einstimmen mochte
Andreas Schaffner, Redaktor beim Schweizer
Fernsehen. Im Gegenteil: Er betonte, dass unser Land eben auch viele
Stärken habe wie hoch qualifizierte Arbeitskräfte, eine gute
Sozialpartnerschaft, innovative Unternehmer, einen guten Zugang zu
den Märkten, eine hohe Produktivität oder ein Bewusstsein für
Qualität. Die jüngsten Ergebnisse von Unternehmen nicht nur aus dem
Bankensektor seien gut bis sehr gut. Im letzten Jahr hätten sich 526
ausländische Firmen neu angesiedelt und über 2000 Arbeitsplätze
geschaffen. Für internationale Hauptsitze sei die Schweiz immer noch
eine bevorzugte Adresse. An Hand zahlreicher Beispiele zeigte Andreas Schaffner dann auf,
wie
am Standort Schweiz im Schatten der grossen Industrieunternehmen
zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen gewachsen sind, die im
internationalen Wettbewerb mithalten können. So z.B. in der schon tot geglaubten Textilindustrie. Dort hätten
einerseits Saurer und Rieter wieder Fuss gefasst. Andererseits
hätten kleinere Unternehmen mit hoch innovativen Produkten neue
Märkte gefunden: Hermann Bühler stellt Bio-Baumwollgarne her,
Schoeller Textil Stoffe für die Mammut-Outdoorbekleidung, Lantal
schwer entflammbare und abriebfeste Textilien für Flugzeuge. Wer hätte gedacht, dass in der Schweiz gegen 30 000 Personen
indirekt für die Autoindustrie arbeiten? Automobilzulieferer wie
Georg Fischer, Rieter, Sarna oder Wicor gehören zu den wichtigsten
Europas. Sie sind Kosten- und Innovationsführer. Für Andreas Schaffner sind solche Unternehmen heimliche
Champions.
Die Hidden Champions zeichnen sich darin aus, dass sie in einem
Markt die Führerschaft übernehmen, und dies womöglich weltweit, so
definiert er sie. Als typisches Beispiel nannte er Maxon Motor. Das
Unternehmen produzierte ursprünglich Scherfolien für Braun-Rasierer.
Seit 1968 werden Gleichstrommotoren gebaut, die sogar in
internationalen Raumfahrtprogrammen zum Einsatz kommen. Als Schlüsselbranche sieht Schaffner schliesslich die
Medtechbranche. Deren Markt habe riesiges Potenzial. Zimmer werde
400 weitere Arbeitsplätze in Winterthur schaffen. Unternehmen wie
Straumann und Synthes produzieren erfolgreich in unserem Land.
Hocoma hat in sechsjähriger Forschungstätigkeit einen Gangroboter
entwickelt, der Patienten beim Gehtraining unterstützt. Erfolgreiche Unternehmensgründungen müssen nichts Spektakuläres
sein. Der Erfolg stellt sich ein, wenn das Produkt gut ist, nicht
wenn die Lancierung möglichst für Wirbel sorgt. Mit dieser
Feststellung schloss Andreas Schaffner sein aufschlussreiches
Referat ab. Arbeitsmarktfähige Angestellte haben Zukunft!
Vital G. Stutz, dem Geschäftsführer der Angestellten Schweiz VSAM,
ging es im Schlussreferat darum, aufzuzeigen, dass in der heutigen
Arbeitswelt eine gute Arbeitsmarktfähigkeit die wichtigste
Eigenschaft der Mitarbeitenden ist. Auch der Arbeitsmarkt ist halt nur ein Markt, führte Stutz aus.
Vielleicht sei er nicht sehr transparent und gewiss nicht nur
rational eben menschlich. Aber gerade weil es ein Markt ist, kann
ihn jeder von uns beeinflussen, indem er sich selber weiter
entwickelt oder verändert, schloss er daraus. Da im Gleichschritt
mit dem rasanten Fortschritt unser erlerntes Wissen und Können
relativ rasch veralte, bleibe meist nur die Aus- und Weiterbildung,
um unsere Kompetenzen aufzufrischen oder neue zu erwerben. Die
Verantwortung dafür liege unzweifelhaft bei jedem einzelnen
Angestellten selber wie auch bei den Arbeitgebern und dem Staat. Die Vorteile der Arbeitsmarktfähigkeit seien für alle Beteiligten
mannigfach:
Sie erhöht die Gewissheit der Angestellten, eine Arbeit
trotz aller Veränderungen und steigenden Anforderungen gut zu
bewältigen.
Sie erhöht die Chancen einer Laufbahn, respektive
erfolgreich wieder eine Arbeit zu finden.
Sie ersetzt die früher von einigen Arbeitgebern gewährte
implizite Arbeitsplatzgarantie.
Sie ist für Angestellte wertvoll, weil sie nicht vom
jetzigen Arbeitgeber abhängig sind.
Sie ist für die Arbeitgeber wertvoll, weil ihre Angestellten
aktuelles Wissen und Know-how haben, was für Effizienz,
Produktivität und Innovation notwendig ist.
Sie ist für den Staat wichtig, weil ein hohes Angebot an
qualifizierten Angestellten ein zentraler Standortvorteil ist. Für Rückfragen: Hansjörg Schmid, Mediensprecher VSAM, Tel. 01 368 10
31, Natel: 076 443 40 40 Der Verband für die Angestellten in der Maschinen-, Elektro- und
Metallindustrie, Angestellte Schweiz VSAM, wurde 1918 gegründet. 50%
der in der Branche organisierten Mitarbeitenden sind Mitglied beim
VSAM. Im Rahmen des Gesamtarbeitsvertrages der Maschinenindustrie
ist er damit der führende Sozialpartner auf der Arbeitnehmerseite.
Permalink:
https://www.presseportal.ch/de/pm/100006251/100488861
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