Medienmitteilung
SNF: Bild des Monats März 2006: Einsatzbereich fürs Tissue Engineering von Knorpelgewebe entdeckt
2006-03-14T08:45:00
Bern (ots) - Bild und Text unter:
http://www.presseportal.ch/de/galerie.htx?type=obs Knorpelimplantate aus dem Labor Eine wirksame Therapie gegen die Zerstörung des Knorpels durch
Arthrose gibt es nicht. Die Medizin setzt deshalb grosse Hoffnungen
auf den Einsatz von Implantaten aus körpereigenem Knorpelgewebe.
Doch die Therapie funktioniert nur selten. Nun haben Berner und
Basler Forschende mit Unterstützung des Schweizerischen
Nationalfonds ein neues Implantat entwickelt und dabei
herausgefunden, wer am ehesten von der Therapie profitiert. Bei der Behandlung der Arthrose ist die Medizin bislang hilflos.
Eine wirksame, wissenschaftlich nachgewiesene Therapie gibt es
nicht. Im Endstadium der Krankheit bleibt häufig nur der Einsatz
eines künstlichen Gelenks. Grosse Hoffnungen setzt die Medizin
deshalb auf den Einsatz von Implantaten aus körpereigenem
Knorpelgewebe. Dabei wird ein kleines Stück gesundes Knorpelgewebe
entnommen. Die Zellen werden mit biotechnologischen Methoden zu
neuem Knorpelgewebe vermehrt, das an der erkrankten Stelle im Gelenk
eingefügt wird. Doch bislang erfüllte sich die Hoffnung, dass aus den Zellen
belastbares Knorpelgewebe entsteht, nur in seltenen Fällen.
Lediglich aus 10 bis 20 Prozent aller entnommenen Zell-Linien
liessen sich brauchbare Implantate züchten. Wegen der geringen
Erfolgsquote ist das Verfahren umstritten und wird von den
Krankenkassen nicht anerkannt. Um stabileres Knorpelgewebe zu züchten, haben die Arbeitsgruppen von
Pierre Mainil-Varlet von der Universität Bern und Ivan Martin von
der Universität Basel im Nationalen Forschungsprogramm «Implantate
und Transplantate» ein neuartiges Implantat entwickelt: Die
Wissenschaftler vermehrten knorpelbildende Zellen, so genannten
Chondrozyten, auf einem Eiweissgerüst zu einem mehrschichtigen
Knorpelgewebe. Das Transplantat wird dann mit einem eigens dafür
entwickelten, für den Organismus verträglichen Kleber an die
entsprechende Stelle im Kniegelenk eingepasst. Im Tierversuch konnte
der Erfolg bereits bei Kaninchen, Schafen und Ziegen nachgewiesen
werden. Doch als die Forschenden ihr Verfahren an menschlichen Zellen testen
wollten, traten Probleme auf. Sie verwendeten knorpelbildende Zellen
von Organspendern im Alter zwischen 27 bis 79 Jahren. Die Zellen
liessen sich zwar auf der neu entwickelten Proteingrundlage
vermehren, doch bei weitem nicht alle dieser im Labor gezüchteten
Knorpelgewebe erreichten die nötige Festigkeit. Die meisten waren
viel zu weich, um die Belastungen im Gelenk auszuhalten. Bei einer detaillierten Analyse der Daten zeigte sich, dass die
Qualität des gezüchteten Knorpelgewebes von Alter und Gesundheit der
Spender abhängt. «Damit echte Heilungschancen bestehen, dürfen diese
nicht jünger als 16 und nicht älter als 45 Jahre alt sein», sagt der
Berner Pathologe Mainil-Varlet. Ausserdem sollte die Arthrose beim
Spender noch nicht ausgebrochen sein. Dies lasse sich anhand von
Kollagenfragmenten im Blut sehr gut nachweisen. Sind beide
Voraussetzungen erfüllt, liegt die Erfolgsquote der
Gewebeverpflanzung bei 80 Prozent. Bei älteren oder bereits unter
Arthrose leidenden Patienten gelingt es nur noch in jedem fünften
Fall, ein belastungsfähiges Transplantat herzustellen. Damit eignet
sich das Tissue Engineering vor allem für jüngere Erwachsene mit
einer unfallbedingten Knorpelverletzung, da sich Knorpelgewebe bei
Erwachsenen nicht mehr gut regeneriert. Pierre Mainil-Varlet empfiehlt deshalb, die Therapiemethode zunächst
nicht bei älteren Patienten oder jenen einzusetzen, bei denen
bereits eine Arthrose ausgebrochen ist. «Wir müssen das Verfahren
zunächst bei der Personengruppe anwenden, bei denen hohe
Erfolgschancen bestehen, um es weiter zu optimieren. Die daraus
gesammelten Erkenntnisse kommen dann auch den Patienten zugute, die
jetzt noch nicht von der Therapie profitieren können», sagt Mainil-
Varlet. Ausserdem würden die Krankenkassen die Kosten dieser
Therapie nicht in ihre Leistungskataloge aufnehmen, wenn die
Erfolgsaussichten zu niedrig seien. In einem nächsten Schritt soll das Verfahren im Rahmen einer
klinischen Studie erprobt werden. Arthrose: Schmerzen, Deformationen, Versteifungen Schmerzen und
Schwellungen im Gelenk sind die ersten Vorboten einer Arthrose. Die
Ursache ist geschädigtes Knorpelgewebe, das immer weiter abgerieben
wird. Normale Reparaturmechanismen des Organismus greifen nicht,
denn die Knorpel, die reibungslose und schmerzfreie Bewegungen
ermöglichen, sind weder von Blutgefässen noch Nervenfasern
durchzogen. Bei grösseren Schädigungen, die etwa bei Sportunfällen
auftreten, gelingt dem Körper oft nicht mehr als ein notdürftiges
Auffüllen des Defektes mit weniger elastischem Narbengewebe. Zur
Stützung des kranken Gelenks bildet der Knochen Ausläufer, so
genannte Osteophyten. Dadurch kommt es zu Deformierungen und
knotigen Verdickungen und Versteifungen der betroffenen Regionen.
Doch der Knorpelabbau setzt sich fort, solange, bis der Knochen
erreicht ist: Der Patient leidet unter akuter Osteoarthrose. Weitere Informationen:
PD Dr. med. Pierre Mainil-Varlet
Osteoarticular Research Group
Institut für Pathologie
Universität Bern
Murtenstrasse 31, Postfach 62
CH-3010 Bern
Tel. +41 (0)31 632 87 41
Fax +41 (0)31 632 49 95
E-Mail: pierre.mainil@pathology.unibe.ch Text und Bild dieser Medieninformation können auf der Nationalfonds-
Homepage abgerufen werden http://www.snf.ch/medienmitteilung
Permalink:
https://www.presseportal.ch/de/pm/100002863/100505950
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