Medienmitteilung
SNF: Giuliano Bonoli erhält den Nationalen Latsis-Preis 2007
2007-10-09T07:55:00
Die Zukunft des Sozialstaats Der Nationale Latsis-Preis 2007 geht an Giuliano Bonoli. Der
Politologe, der sich mit seinen vergleichenden Untersuchungen zur
Rolle des Sozialstaats in Europa profiliert hat, lehrt am Institut
de Hautes Etudes en Administration Publique (IDHEAP) in Lausanne
Sozialpolitik. Der mit 100'000 Franken dotierte Preis wird jährlich
vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) im Auftrag der Latsis-
Stiftung vergeben. Die Sozialversicherungssysteme der europäischen Staaten befinden
sich in einer heiklen Übergangsphase. Ihre goldene Ära, die nach
dem Zweiten Weltkrieg einsetzte und in vielen Ländern zum Ausbau
der Wohlfahrt für Alte, Kranke und Randständige führte, ist vorbei.
Heute sehen sich viele Staaten vor allem mit zwei Herausforderungen
konfrontiert: erstens mit einer Arbeitswelt, die durch
Langzeitarbeitslosigkeit und unsichere Anstellungsbedingungen
geprägt ist, zweitens durch die demographische Überalterung, welche
die künftige Finanzierung des Sozialstaates gefährdet. Wie soll die Politik auf diese Herausforderungen reagieren? Dieser
Frage geht Guliano Bonoli mit seinen vergleichenden, historisch
ausgreifenden Untersuchungen zu den wohlfahrtsstaatlichen Systemen
verschiedener europäischer Ländern nach. Für seine international
viel beachteten Forschungen erhält der 1968 geborene
Sozialwissenschaftler nun den vom Schweizerischen Nationalfonds im
Auftrag der Latsis-Stiftung vergebenen Latsis-Preis 2007.
Der mit 100'000 Franken dotiert Preis wird an höchstens 40-jährige
Forscher und Forscherinnen vergeben und gilt als eine der
renommiertesten wissenschaftlichen Auszeichnungen der Schweiz.
Giuliano Bonoli, der an den Universitäten Genf, Leeds und Kent
(Grossbritannien) studierte, hat am Institut de Hautes Etudes en
Administration Publique (IDHEAP) in Lausanne den Lehrstuhl für
Sozialpolitik inne und ist daneben Lehrbeauftragter am
Europainstitut der Universität Basel. Die staatliche Politik der sozialen Investition
Aufgrund seiner Forschungen, die er unter anderem in der Schweiz,
Deutschland, Italien und England durchführte, ist der Politologe
zum Schluss gekommen, dass der traditionelle Sozialstaat
umgestaltet werden muss, um auch im 21. Jahrhundert den sozialen
Zusammenhalt der westlichen Demokratien zu garantieren. Jenseits
der neoliberalen Schwächung und der strukturkonservativen Bewahrung
des Sozialstaates schlägt Giuliano Bonoli einen dritten Weg vor:
die staatliche Politik der sozialen Investition («investissement
social»). Darunter versteht er die Kombination einer
wettbewerbsfähigen Ökonomie und eines starken Sozialstaats, wie sie
die skandinavischen Länder seit längerem beispielhaft realisieren. Auf die Schweiz bezogen bedeutet das, dass der Staat eine
wettbewerbsfähige Wirtschaft, die Harmonisierung von Erwerbsarbeit
und Familienleben, die Senkung der Arbeitslosigkeit sowie die
Integration der Immigranten anstreben sollte. Konkrete Beispiele
für eine Politik der sozialen Investition sieht Bonoli etwa in der
Entwicklung eines adäquaten Angebots an ausserfamilialen
Betreuungsstrukturen sowie einer professionellen, am Arbeitsmarkt
ausgerichteten Politik der Wiedereingliederung. Je mehr Menschen in
den Produktionsprozess eingebunden würden, desto grösser sei die
Chance, dass der Sozialstaat weiterhin finanziert werden könne. Im europäischen Vergleich befindet sich die Schweiz Bonoli zufolge
noch immer in einer komfortablen Situation. So ist ihr Arbeitsmarkt
weniger krisengeschüttelt als der anderer Länder, und auch ihr
auf zwei Säulen beruhendes Rentensystem zeichnet sich durch eine
relative Stabilität aus. Reformen sind laut Bonoli dennoch
unumgänglich. Für eine stärkere Akzentuierung der sozialen
Investition wäre es wünschenswert, wenn der Bund mehr
Steuerungskompetenzen für die Regulierung des Arbeitsmarkts und der
Sozialpolitik erhielte. Das bedingt allerdings, den schweizerischen
Föderalismus zu überdenken. Die Preisverleihung findet am 10. Januar 2008 im Berner Rathaus
statt. Ein Fotoporträt von Giuliano Bonoli kann in hoher Auflösung
heruntergeladen werden unter: http://www.snf.ch > Medien >
Medienmitteilungen . Adresse des Preisträgers:
Prof. Giuliano Bonoli
Institut de Hautes Etudes en Administration Publique (IDHEAP)
Roue de la Maladière 21
CH-1022 Chavannes-pres-Rennes
Tel. +41 (0)21 557 40 90
E-Mail: giuliano.bonoli@idheap.unil.ch Text und Bild dieser Medienmitteilung stehen auf der Website des
Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung: www.snf.ch > Medien >
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