MedienmitteilungDas Mühlerama in der Mühle Tiefenbrunnnen ist Museum des Monats März2010-03-11T10:00:00Zürich (ots) - Derart sinnliche Erlebnisse sowohl in der Dauer- und in der aktuellen Sonderausstellung bietet zurzeit kein anderes Museum. Darum ist das Mühlerama vom Verein Zürcher Museen zum Museum des Monats März gewählt worden. Der Müller wirft den Motor an. Die über Lederriemen angetriebenen Maschinen beginnen zu rattern. Lifte transportieren das Korn unters Dach, Reinigungsmaschinen entfernen Steinchen und Unkraut, Mahlwerke zerreissen die Körner, heftig rüttelnde Siebmaschinen trennen die Schalen vom Mehl. 2000 Kilogramm Korn wurden auf diese Weise bis 1983 täglich in der Mühle Tiefenbrunnen verarbeitet. Dann wurde der Betrieb nach 70 Jahren eingestellt. Aber die Mühle wurde nicht abgerissen. Zum Glück auch nicht die Holzspirale, auf welcher die Müller die schweren Säcke mit der Kleie zwei Stockwerke tiefer schickten. Heute rutschen nicht nur Kinder gerne auf Mehlsäcken über die spektakuläre Rutschbahn hinunter. Auch Erwachsene wagen das Gaudi. Drei Jahre nach der Schliessung der Mühle, 1986, wurde die Anlage als Mühlerama wieder eröffnet, als ein höchst anschauliches Museum. Nicht lediglich mit Schautafeln und einzelnen Gegenständen wird im Zürcher Seefeld die frühindustrielle Verarbeitung des Korns vermittelt. Nein, eine der rund hundertjährigen Mühlen rattert wie annodazumal. Und das täglich, ausser am Samstag. Der Müller setzt die prächtige hölzerne Mühle wie in früheren Zeiten in Betrieb. Ein moderner 30 PS-Motor treibt die Maschinen an - aber die grosse Maschine mit 160 PS, die einst eine ganze Batterie von Mühlen in Bewegung hielt, läuft noch im Leerlauf mit. Heute kann die Museumsmühle in einem Tag aus 70 Kilogramm Korn 50 Kilogramm Mehl herstellen. Dunkles Ruchmehl sowie hellere Halbweiss- und Weissmehle, je nachdem, wie fein die Teilchen der Schalen des Korns ausgesiebt werden. Und mit dem Mehl wird auch tatsächlich Brot gebacken: Man kann es selber tun, in Workshops in der Backstube im Mühlerama. Man kann das Brot aber auch fertig kaufen: In den Filialen der Bäckerei Buchmann. Das Mühlerama-Brot besteht zu 100 Prozent aus Stadtzürcher Getreide, verarbeitet auf der historischen Mühle im Seefeld. Ein durch und lokales Lebensmittel, ein authentische Stück Zürich. Sonderausstellung: Mit Augenbinde und iPod Die Vorzüge lokal hergestellter Lebensmittel werden auch in der Sonderausstellung "Geschmack" vermittelt. Zum Beispiel mit Kostproben verschiedener Emmentaler-Käse. Industriell hergestellter Emmentaler aus pasteurisierter Milch und lokal gefertigter, drei Jahre lang gelagerter Käse aus Rohmilch schmecken völlig anders. Die Degustationen geschehen blind, die Besucher tragen eine Augenbinde und den Kopfhörer eines iPods im Ohr. Sie sind ohne Sehsinn unterwegs - das schärft die Wahrnehmung mit Zunge, Nase, Ohr und Fingern. Auf dem einstündigen Parcours begegnen die Besucher an acht Stationen acht Menschen, die das Thema Geschmack aus ganz verschiedenen Perspektiven beleuchten. Ein Mikrobiologe erklärt, wie mit synthetisch hergestellten Aromen die Natur imitiert wird. Wie damit in industriellen Lebensmitteln dem Gaumen geschmeichelt wird. Der Geschmack einer Hühnerbouillon muss keinesfalls von Hühnern stammen. Auch der Eindruck von Frische in Glacé oder Früchtejoghurt lässt sich gut mit einem Aroma vermitteln. Ebenso jener von Cremigkeit in Light-Produkten, in denen der Rahm fehlt. Und eine Broccolisuppe kann nach Gemüse schmecken, auch wenn bloss vier Prozent Broccoli im Suppenbeutel stecken. Der erfinderische Spitzenkoch in der Ausstellung gibt sich hingegen nicht mit Ersatzgeschmäckern zufrieden. Er sucht zwar stets neue, aber eben authentische Geschmackserlebnisse und kreiert sie mit frischen Lebensmitteln der Saison aus der Region. Eine Ernährungswissenschafterin stellt dar, wie es überhaupt möglich ist, dass der Mensch so viele Eindrücke unterscheiden kann und nicht bloss, wie von der Zunge vermittelt, süss, sauer, salzig und bitter. Und ein Historiker erzählt, dass die Vorliebe für bestimmte Geschmäcker oft an die soziale Schicht gekoppelt ist. Man liebt, was man sich leisten kann: die einen den Schwartenmagen, die andern das Filet. Die Ausstellung ist kein Hörspiel - die Besucher begegnen den acht Personen nicht nur mit dem Ohr. Immer wieder testen sie eine Flüssigkeit, lassen Aromen in die Nase steigen, erkunden mit den Zähnen die Konsistenz einer Speise oder tasten sich mit den Händen durch die verpackten Lebensmittel eines Supermarkts. Und ganz nebenbei erfahren sie mit verbundenen Augen auch, wie sich blinde Personen in der Welt des Geschmacks orientieren. Da meldet nicht die Farbe Rot dem Gehirn: frisch, reife Erdbeere. Oder Braun: Fauler Apfel. Da springt auch keine verkaufsfördernd bunt aufgemachte Verpackung ins Auge. Die Sonderausstellung blendet das im Alltag allgegenwärtige visuelle Erleben aus. Und lässt die Besucher umso entspannter die Welt des Geschmacks erkunden. Mit Mund, Nase, Ohr und Hand. Eine sehr sinnliche und erhellende Erfahrung. Peter P. Schneider Informationen: Die Sonderausstellung "Geschmack" dauert bis 31. Oktober. Öffnungszeiten Mühlerama: Di bis Sa 14-17 Uhr, So 10-17 Uhr, Mo geschlossen. Feiertage: siehe www.muehlerama.ch Eintritt: Erwachsene 9 Fr., Kinder (6-16 Jahre) 5 Fr.; Erwachsenengruppen (mind. 10 Personen) 6 Fr. pro Person, Kindergruppen 3 Fr. pro Kind. Begleitprogramm Führungen durch die Mühle: Jeden ersten So im Monat 14-15 Uhr. Mühle in Betrieb: Di bis Fr und am So jeweils um 15.30 Uhr.Führungen durch die Ausstellung Geschmack: Jeden letzten Sonntag im Monat von 14-15 Uhr. Workshops und Veranstaltungen: Mmmh, das schmeckt! Geschmacks-Workshop für Kinder und Erwachsene, So 14. März 14-14.45 und 15-15.45 Uhr. Schoggihasen giessen und Eier färben am So 28. März 10-17 Uhr. Anmeldung 044 422 76 60, Preis pro Hase 20 Fr., pro Ei 1.50 Fr. plus Museumseintritt. Weitere Workshops für Erwachsene, Schulen und Geburtstagsprogramme für Kinder. Adresse: Mühlerama Seefeldstr. 231 8008 Zürich Tel. 044/422'76'60 E-Mail: info@muehlerama.ch Internet: www.museumdesmonats.ch Kontakt: Franzika Rütimann Permalink:
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