MedienmitteilungDas Tram-Museum ist Museum des Monats Mai2010-05-11T15:00:00Zürich (ots) - Zuerst sollte das Tram in der Zürcher Innenstadt als Tiefbahn verkehren. Und dann wurde eine U-Bahn von Kloten über den Hauptbahnhof nach Dietikon entworfen. Eine spannende Ausstellung erinnert an die hochfliegenden Träume. Die aufwändige Aufarbeitung eines wichtigen Stücks Zürcher Verkehrsgeschichte veranlasste den Verein Zürcher Museen, das Zürcher Tram-Museum zum Museum des Monats Mai zu erküren. 1863 fuhr die erste Bahn durch Londons Untergrund (mit Dampf!). Die Weltpremiere weckte Wünsche. Schon am 11. März 1864 machte die "Züricherische Freitagszeitung" die Vision einer Dampfbahn publik, die durch die Kloake des Fröschengrabens vom Zürcher Bahnhof zum See fahren sollte. Statt der russigen Dampflok wurde 1882 das idyllische Rösslitram realisiert. Die U-Bahn blieb Gesprächsstoff. Der Tages-Anzeiger titelte: "Zürich erhält eine U-Bahn", finanziert von einem reichen Auslandschweizer. Die Meldung datiert vom 1. April 1925. Keine Witze, sondern Vorstellungen für eine moderne Zukunft entwickelten Professoren der ETH. Adolf Weber kämpfte unermüdlich für eine U-Bahn. Kurt Wiesinger plante, seiner Zeit weit voraus, eine entgleisungssichere Ultraschnellbahn, die Passagiere mit 300 Stundenkilometern in zwei Minuten vom Hauptbahnhof nach Oerlikon befördert hätte. Eduard Umbeck entwarf einen Durchgangsbahnhof für die SBB samt U-Bahn und schnurgerader Schnellbahn nach Konstanz. In der Ausstellung ist sein prächtiger Plan zu sehen, und auch der Professor selbst, mit wallendem Haar und weissem Bart geradezu das Inbild eines Visionärs. Die U-Bahn war für den Physiker, Erfinder, Maschinenbauer und Rennfahrer allerdings bloss eine Episode - im Alter wandte er sich der Parapsychologie zu. Weitere Zürcher Pläne muten machbarer an: Der Zürichberg sollte mit einer Seilbahn erschlossen und das Rigiblickbähnli bis zum Bahnhof verlängert werden - beide unterirdisch. Die sehenswerte Sonderausstellung im einstigen Tramdepot Burgwies macht chronologisch mit den kühnen Vorhaben und Visionären bekannt: In Form von Fotos, Dokumenten, Plänen, Zeitungsberichten, Plakaten und einem Film. Sie ist in zwei "Karpfen" untergebracht. So werden die Tramwagen genannt, die für die Tiefbahn gebaut wurden. Grossstadtträume Die Tiefbahn sollte auf normalen Tramschienen von der City bis in die nördlichen Aussenquartiere im Untergrund verkehren und die verstopften Strassen frei machen. Die Autofahrer freuten sich auf freie Fahrt, andere lehnten das "Kellertram", diesen "Massenschüttelbecher" heftig ab. Das Projekt hatte 1962 an der Urne keine Chance. Elf Jahre später wurde dem Volk ein kombiniertes U- und S-Bahn-Projekt vorgelegt. Die 27 Kilometer lange U-Bahn hätte von Kloten über den Hauptbahnhof nach Dietikon führen sollen. Mit Billetten für Freifahrten wurde im Abstimmungskampf für ein Ja geworben. Sie konnten nach dem klaren Nein von 1973 für die U-Bahn bis heute nicht eingelöst werden. Aber der Tramtunnel nach Schwamendingen und der Endbahnhof der Uetliberg- und Sihltalbahn unter dem Shopville sind aus den damaligen Plänen hervorgegangen. Diese Bauten erinnern an die Jahre, als die Verkehrsplaner ein ungebrochenes Wachstum Zürichs vor Augen hatten: Auch die Limmatstadt sollte bekommen, worauf Metropolen wie London, Paris und Berlin mit vier und mehr Millionen Bewohnern setzen und stolz sind: eine effiziente U-Bahn. Ein grosses Modell und die originalen "Karpfen" für die Tiefbahn vermitteln den Besuchern anschauliche Eindrücke, wie es sich angefühlt hätte, im Untergrund unterwegs zu sein. Und damit die Kinder dies auch erleben, rollt ihr Kindertram Cobralino im Museum derzeit auch durch einen Tunnel. Für die Kleinen ist das Museum übrigens ein wunderbarer Spielplatz: Für einmal dürfen sie alle Klingeln und Glocken in den Trams nach Lust und Laune betätigen - das fröhliche Geläute erfüllt die ganze Halle. Die Sonderausstellung "U-Bahn in Zürich" dauert bis 31. Oktober.Öffentliche Führungen: Jeweils am ersten Sonntag im Monat von 14-15 Uhr. Kontakt: Ester Germann Permalink:
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