MedienmitteilungHörgeräteversorgung: Gemeinsam für Qualität und Wirksamkeit2010-12-21T10:00:00Bern/Zürich (ots) - Gemeinsame Medienmitteilung von:
Kein Kahlschlag auf Kosten der Betroffenen: Hörbehinderte, Ärzte und Hörgerätebranche wehren sich gemeinsam gegen den Abbau von Qualität in der Hörgeräteversorgung und gegen die Einladung zum Missbrauch auf Kosten der IV. Am vergangenen Freitag informierte das BSV über das ab 1. Juli 2011 geplante System für die Hörgeräteversorgung in IV und AHV. Das BSV will den Versicherten gegen Vorweisung einer Rechnung eine Pauschale für Gerät, Anpassung und Service entrichten. Es ist den Versicherten überlassen, wie und wo sie die Pauschale einsetzen. Betroffene, Ohrenärzte und Hörgerätebranche wurden über die Details des neuen Systems informiert. Während in bisherigen Aussprachen das System der Pauschalen evaluiert und grundsätzlich akzeptiert wurde, alle Parteien auch dem Sparwillen des BSV entgegenkommen wollten, sind wir nun völlig überrascht und tief besorgt, dass durch das neue System nun die über viele Jahre gewachsenen Qualitätsnormen in der Hörgeräteversorgung abgeschafft werden sollen. Unverantwortlicher Verzicht auf Qualität Das BSV stellt neu keine Mindestanforderungen an das finanzierte Hilfsmittel und die Personen, welche die Dienstleistung erbringen. Das BSV will auch technisch minderwertige Hörhilfen bezahlen - und zwar unbesehen von deren Preis mit bis zu 1650.- Franken. Damit leistet das geplante System neuem Missbrauch auf Kosten der IV Vorschub. "Es ist unverantwortlich, dass Menschen mit einem medizinischen Problem von der IV einfach irgendwelchen Leuten ohne Fachwissen und nachfolgende Qualitätskontrolle ausgesetzt werden", meint Ohrenärztin Dr. med. Claudine Gysin, Präsidentin der SGORL. Nach den Vorstellungen des BSV werden mit IV-Geldern Hilfsmittel bezahlt, deren Nutzen für die Integration fraglich ist. Die Leidtragenden sind die hochgradig Hörbehinderten und jene Betroffenen, die danach sechs Jahre lang keine Versorgung mehr erhalten. Keine Fachpersonen mehr: Gefahr für die Gesundheit In ganz Europa gilt die Anpassung von Hörgeräten als "gefahrengeneigtes Handwerk". Sie darf nur von Fachpersonen ausgeführt werden, die eine je nach Land 3- bis 4-jährige Ausbildung hinter sich haben. Das stellt die fachmännisch richtige und für die Gesundheit ungefährliche Anpassung der Geräte sicher. Ein Hörgerät ist keine Sehbrille, sondern ein aktives System, das individuell programmiert und auch gegen zu hohe Schallpegel abgesichert werden muss. Das BSV will, dass künftig jedermann Hörgeräteanpassungen vornehmen kann - unbesehen seiner Ausbildung und ohne Anforderungen an die Qualität der Gehörmessung oder der audiologischen Einrichtung. Bei falscher Untersuchung oder Anpassung durch Laien besteht jedoch die Gefahr, das Gehör irreparabel zu beschädigen oder einen bleibenden Tinnitus auszulösen. Das BSV drückt sich um seine Verantwortung für die Versicherten. Bei jedem anderen Gewerbe oder Dienstleistung (Apotheker, Drogerist, Physiotherapeut, etc.) gibt es zum Schutz der Konsumenten minimale Anforderungen hinsichtlich der Ausbildung. Ausgerechnet beim Kauf eines Gerätes zur Wiedererlangung eines der wichtigsten Sinnesorgane und der Integration ins Berufsleben, können sich die Kunden nach den Plänen des BSV zukünftig nicht mehr sicher sein, dass sie von einer Fachperson korrekt beraten und betreut werden. "Qualitätsabbau auf Kosten der Betroffenen" Eine derartige "Marktfreigabe" wird die Anzahl über IV und AHV bezogener Hörgeräte weiter steigern - und damit den erhofften Spareffekt für die IV verfehlen. Werden dazu minderwertige Hörverstärker zugelassen, wird die Wiedereingliederung der Betroffenen gefährdet. Für Barbara Wenk, Zentralpräsidentin von pro audito schweiz ist klar: "Dieser Qualitätsabbau geht auf Kosten der Menschen mit hochgradigem Hörproblem, da sie von niemandem mehr fachkundig kontrolliert werden, beziehungsweise die Mehrkosten selber übernehmen müssen. Die Finanzierung von Billighörhilfen führt zu einem Leistungsabbau auf dem Buckel jener Betroffenen, welche ohne qualitativ hochstehende Versorgung nicht in Beruf und Gesellschaft integriert werden können." Gemeinsame Anstrengung für Qualität und Gesundheit Ein Pauschalen-System bringt mehr Wettbewerb und damit tiefere Preise. Der nun vom BSV vorgeschlagene Weg ist weder im Sinne der Versicherten noch der Beitragszahler der IV. Die Betroffenenorganisation pro audito schweiz, die Gesellschaft der Hals-, Nasen- und Ohrenärzte und die Verbände der Hörgerätebranchen wollen in den nächsten Monaten mit dem BSV diese problematischen Auswirkungen besprechen und minimale Anforderungen für Gerät und Dienstleistung in der geplanten Verordnung verankern. Kontakt: pro audito schweiz Permalink:
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