MedienmitteilungSchweizer Jugendliche vermissten während des Lockdowns den Kontakt zu Gleichaltrigen2021-04-13T09:05:39Medienmitteilung vom 13. April 2021 ZHAW Departement Angewandte Psychologie in Kooperation mit Swisscom Schweizer Jugendliche vermissten während des Lockdowns den Kontakt zu Gleichaltrigen Besonders die sozialen Einschränkungen machten den Jugendlichen während des ersten Lockdowns im Frühling 2020 zu schaffen. Viele erlebten auch die Situation mit dem Fernunterricht als belastend. Dies zeigt der neuste JAMESfocus-Bericht der ZHAW und Swisscom. Die Massnahmen rund um den ersten Corona-Lockdown hatten weitreichende Auswirkungen auf das Leben der 12- bis 19-jährigen Jugendlichen in der Schweiz. Die meisten (66 Prozent) belastete besonders der fehlende Kontakt zu Freundinnen und Freunden. Ausserdem wurde als schwierig empfunden, nicht wie gewohnt den Hobbys nachgehen zu können und in der Freizeitgestaltung eingeschränkt zu sein. Dies zeigt der aktuelle JAMESfocus-Bericht der ZHAW-Fachgruppe Medienpsychologie und Swisscom zum psychischen Wohlbefinden und Informationsverhalten von Schweizer Jugendlichen während der Zeit des ersten Corona-Lockdowns im Frühling 2020. «Die Resultate sind aus entwicklungspsychologischer Sicht wenig überraschend», sagt Gregor Waller, der die Studie zusammen mit seinem Team durchgeführt hat. «Für junge Menschen sind Kontakte zu Gleichaltrigen und Freiheiten ausserhalb des Elternhauses essenziell für die eigene Persönlichkeitsentwicklung.» Neu-Entdeckung des Fernsehens Zwei von fünf Jugendlichen benutzten während des untersuchten Zeitraumes zum ersten Mal Videochats, um mit Verwandten in Kontakt zu bleiben. Einige gaben an, in dieser Zeit ein Netflix- oder Disney+-Abo gelöst zu haben, was mit der vermehrten Freizeit, die zuhause verbracht werden musste, zu erklären ist. Fernsehbeiträge haben während des ersten Lockdowns bei den Jugendlichen stark an Bedeutung gewonnen. Für 61 Prozent der Jugendlichen gehörte das Fernsehen zu den wichtigsten Quellen, um sich Informationen rund um Corona zu beschaffen, während vor der Pandemie (2018) Fernsehbeiträge lediglich für 33 Prozent eine wichtige Informationsquelle darstellten. «Dies ist wahrscheinlich mit einem gesteigerten Bedürfnis nach transparenten und vertrauenswürdigen Informationen zu erklären», sagt Studienmitautorin Jael Bernath. Denn Schweizer Jugendliche schreiben öffentlich-rechtlichem Fernsehen eine besonders hohe Glaubwürdigkeit zu. Neben den Fernsehbeiträgen waren Gespräche mit Familie und Freunden für Jugendliche die wichtigsten Informationsquellen. Ausserdem war zu beobachten, dass ein erhöhter Konsum von medialen Berichten mit verstärkten Ängsten in Bezug auf Corona zusammenhängt. Möglicherweise führte die erhöhte Beschäftigung mit coronabezogenen Informationen zu verstärkten Ängsten. Denkbar ist aber auch, dass bei generell ängstlicheren Jugendlichen ein grösseres Bedürfnis nach Informationen bestand. Sozioökonomischer Status spielt eine Rolle Jugendliche ausländischer Herkunft berichteten häufiger von Schwierigkeiten mit den neuen Umständen in der Schule und bei der Arbeit (56 Prozent) als Schweizer Jugendliche (38 Prozent). Ähnliches zeigt sich beim sozioökonomischen Status der Jugendlichen. Zum einen kann hier die technische Ausstattung der Haushalte eine Rolle spielen. Da Familien mit tiefem sozioökonomischem Status tendenziell weniger Bildschirmgeräte zur Verfügung haben, könnte dies den schulischen Fernunterricht erschwert haben. Zum anderen wurden Jugendliche aus sozial schlechter gestellten und bildungsfernen Familien möglicherweise weniger bei den Schularbeiten unterstützt und waren stärker auf sich allein gestellt. Auch Realschülerinnen und Realschüler hatten vermehrt Probleme mit der Situation. «Wir vermuten, dass die elterliche Unterstützung zu Hause nicht immer gewährleistet werden konnte und dass Realschülerinnen und Realschüler mehr auf die Strukturen eines schulischen Umfelds angewiesen sind», sagt der ZHAW-Medienpsychologe Daniel Süss. Positives Denken als Bewältigungsstrategie Mehr als die Hälfte der Jugendlichen fürchtete am meisten, dass eine ihnen nahestehende Person erkranken könnte. Über eine eigene Ansteckung machten sich hingegen nur 17 Prozent Gedanken. In Bezug auf das Geschlecht und die drei Landesteile gibt es hier deutliche Unterschiede: Mädchen machten sich mehr Sorgen als Jungen und Jugendliche in der Romandie sowie dem Tessin waren stärker von Ängsten betroffen als Gleichaltrige aus der Deutschschweiz. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die verschiedenen Landesteile unterschiedlich stark mit Nachrichten und konkreten Fällen von Erkrankten konfrontiert waren. Um die Situation zu bewältigen haben die Jugendlichen sowohl problemfokussierte wie auch emotionsfokussierte Strategien angewandt. Bei den problemfokussierten Verhaltensweisen gaben Mädchen etwas öfter an, auf Expertinnen und Experten zu hören und sich via Medien über die Situation zu informieren. Bei den emotionalen Bewältigungs-Strategien gaben beide Geschlechter zu fast gleichen Teilen den Versuch an, etwas Positives an der Situation zu sehen. Kontakt Tanja von Rotz, Leiterin Kommunikation, ZHAW Departement Angewandte Psychologie, +41 58 934 84 08, tanja.vonrotz@zhaw.ch Swisscom Mediendienst, Swisscom AG, 3050 Bern, +41 58 221 98 04, media@swisscom.com Tipps für ein gesundes Informationsverhalten in Krisenzeiten
JAMES-Studie und JAMESfocus-Bericht Seit 2010 werden in der JAMES-Studie von der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Auftrag von Swisscom alle zwei Jahre über 1000 Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren in den drei grossen Sprachregionen der Schweiz zu ihrem Medienverhalten befragt. Die JAMESfocus-Reihe nutzt die Daten der JAMES-Studie und analysiert vertieft weitere Aspekte. Die diesjährige JAMES-Befragung fand im Zeitraum des Corona-bedingten Lockdowns statt und musste aufgrund der Schulschliessungen auf eine Online-Befragung umgestellt werden. Die Ergebnisse sind in diesem Zusammenhang zu interpretieren. www.zhaw.ch/psychologie/jamesfocus In diesem Jahr erscheinen nebst diesem Bericht eine Jubiläumsausgabe der JAMES-Studie mit den Trends und Ergebnissen zur Mediennutzung der letzten 10 Jahre sowie ein Bericht zum Thema «Hatespeech». ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Corporate Communications Gertrudstrasse 15 Postfach CH-8401 Winterthur Tel. +41 58 934 75 75 medien@zhaw.ch www.zhaw.ch/medien Permalink:
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