Medienmitteilung"Die Pandemie als föderale Lernkurve. Eine Zwischenbilanz zum kantonalen Umgang mit der Covid-19-Krise" - Neue Publikation von Avenir Suisse2021-12-15T06:00:00Zürich (ots) - Welche Kantone waren am erfolgreichsten mit ihren Antworten auf die Herausforderungen der Coronakrise? Das neuste Avenir-Suisse-Kantonsmonitoring bietet eine Vielzahl von Lehren aus den bald zweijährigen Erfahrungen mit der Pandemie. Um für künftige Krisen besser gerüstet zu sein, sind etwa eine gewissenhaftere Vorsorge, klarere Verantwortlichkeiten und Entflechtungen im föderalistischen Staatsaufbau angezeigt. Die Schweizer Kantone geniessen dank dem föderalen System einen im internationalen Vergleich hohen Autonomiegrad. Das Pandemiemanagement bildet (nach Beendigung der "ausserordentlichen Lage") keine Ausnahme. Avenir Suisse nahm dies zum Anlass für ein neues "Kantonsmonitoring". Ziel des umfangreichen Berichts mit Primärdatenerhebung war für Studienautor Lukas Schmid die Suche nach den Lehren für zukünftige Krisenlagen - und punktuell auch für die grassierende fünfte Covid-19-Welle. Mehr Tests - bessere Kontrolle Um eine Pandemie unter Kontrolle zu halten, führt in der Praxis kein Weg an umfangreichen Tests in Kombination mit Contact-Tracing (CT) vorbei. Der Vergleich der Kantone zeigt hier klar: Ein hoher Einsatz bei dieser Aufgabe machte sich bezahlt: BS, BL, ZG und GR hielten das Infektionsgeschehen am besten unter Kontrolle, während JU, NE, OW, AG, SG, LU und SZ durch ihre zurückhaltendere Gangart mit höheren Inzidenzen konfrontiert wurden. Eine weitere Schlussfolgerung der Studie: Den wenigsten Kantonen gelang es, eine weitreichende dezentrale Testinfrastruktur aufzubauen. Mager ist die Bilanz besonders mit Blick auf das repetitive Testen in den Betrieben, das nur in GR funktionierte. Erschwerend kam hinzu, dass der Informationsfluss zwischen den Kantonen aufgrund unterschiedlicher CT-Systeme nicht gewährleistet werden konnte. Es braucht dringend ein bundesweites CT-System. Riskanter Kapazitätsschwund auf den Intensivstationen Eine vollkommene Überlastung des Schweizer Gesundheitswesens konnte bis dato knapp vermieden werden. Kantonal zeigten sich aber beträchtliche Unterschiede bei der Auslastung der Intensivstationen (IPS). Unterschiedlich verliefen auch die Auswirkungen auf die anderen Bereiche des Gesundheitssystems. Der Verdrängungseffekt (in Form der Verschiebung planbarer Eingriffe) blieb im Tessin und - trotz hoher Auslastung - auch in LU, GE und VD tief. Jedoch deuten die verfügbaren Daten mit Ausnahme von BS, SO und GR auf eine bisweilen vorkommende "stille Triage" in Spitälern auf dem Höhepunkt der Pandemie hin. Dass viele Kantone in der Krise die Kapazitäten auf den Intensivstationen nicht aufrechterhalten konnten, ist für den weiteren Pandemieverlauf wenig vorteilhaft. Suboptimale Impfkampagnen Die Impfung der Bevölkerung bietet den wichtigsten Hebel in der Pandemiebekämpfung. Bereits bei den ältesten Bevölkerungsgruppen, bei denen von einer hohen Impfbereitschaft ausgegangen werden kann, legten die Kantone unterschiedliche Geschwindigkeiten an den Tag. Am schnellsten impften die Kantone TI, ZG und FR, während die Kampagnen in OW und AI tiefe Impfquoten ergaben. Im Gleichschritt agierten die Kantone hingegen bei der Erhöhung der Impfbereitschaft und den damit unmittelbar zusammenhängenden Informationspflichten: Diese wurden schweizweit zu lange vernachlässigt. Der zögerliche Eindruck bleibt auch mit Blick auf das mangelhafte Tempo bei der Booster-Kampagne haften. Stark unterschiedliche kantonale Handhabung der Härtefallhilfen Mit den Härtefallhilfen zimmerten die eidgenössischen Räte ein flächendeckendes Unterstützungsprogramm zuhanden betroffener Unternehmen, wobei den Kantonen die Ausgestaltung der Entschädigungen für Betriebe mit weniger als 5 Mio. Fr. zukam, der Bund aber 70% der Finanzierung übernahm. Neben der Tatsache, dass À-fonds-perdu-Beiträge die dominante Form der Unterstützung wurden, ist die Verknüpfung der Unterstützungen mit der Dauer der Betriebseinschränkungen (anstatt mit den wirtschaftlichen Einbussen) in vielen Kantonen zu hinterfragen. Nur BS, GR, SO, VD und VS berechneten die Entschädigungen strikt nach wirtschaftlichen Kriterien. Da die Härtefallhilfen als Kriseninstrument für künftige Notlagen erhalten bleiben dürften, sind die Zielsetzung des Instruments und die Aufgabenteilung zwingend zu überdenken. Der beste Umgang mit offenen Schulen Der Entscheid über Öffnung bzw. Schliessung der Schulen liegt in der Kompetenz der Kantone. Nach der ersten Welle blieben die Schulen in den meisten Kantonen geöffnet - aus gutem Grund, war doch der Fernunterricht eine ausserordentlich grosse Belastung für das gesamte schulische Umfeld. Der Entscheid zu offenen Schulen wurde begleitet von Testregimes, die aber - in Abhängigkeit der eingesetzten finanziellen und personellen Ressourcen - sehr unterschiedliche Umfänge aufwiesen. Im Umfeld hoher Fallzahlen im Herbst 2021 testeten ZG und GR als einzige Kantone zwei Mal pro Woche. Solange die Pandemie fortdauert, wird Hybrid- bzw. Fernunterricht Realität bleiben - zumindest für jene Schüler, die sich für eine bestimmte Dauer in Quarantäne befinden. Fazit: Kantonale Verantwortung stärken Der Föderalismus hat den Lackmustest Pandemie überstanden. Das zeigt sich an den Vorreiterkantonen GR, TI und ZG, die bereichsübergreifend gut abschneiden. Die vergleichende Analyse belegt aber auch, dass die Herausforderungen in manchen Bereichen an der Grenze des Handhabbaren waren. Die Versäumnisse waren sowohl selbstverschuldet wie auch das Resultat institutioneller Mängel im heutigen föderalen System. Die zentralen Lehren aus der Krise sind:
Link zur Publikation von Avenir Suisse Pressekontakt: Lukas Schmid, lukas.schmid@avenir-suisse.ch, Tel. +44 445 90 08 / +41 79 288 15 00. Permalink:
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