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Osteuropa-Tag von HEKS und G2W: „Spannungsfelder zwischen Tradition und Aufbruch"/19.1.02/Zentrum Bürenpark/Bern

19.01.2002 – 20:24 

Zürich (ots) -

Not bedroht den Demokratisierungsprozess
Mehr als ein Jahrzehnt ist seit der Wende schon
vergangen, doch die Staaten Osteuropas befinden sich immer noch in
einem Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne. Am Osteuropa-Tag
von HEKS und G2W wurde deutlich, dass hoffnungsvolle Ansätze von
Demokratisierung und Gleichberechtigung durch die Wirtschaftskrise
bedroht werden.
Fabiola Laço-Egro, Mitgründerin der Organisation „Useful to
Albanian Women", war froh, endlich wieder einmal in der Wärme zu
sein. Die Versorgungslage in ihrer Heimat Albanien ist zur Zeit
prekär: Immer wieder fällt tagelang der Strom aus, Wasser,
Lebensmittel und Medikamente sind knapp. Der Versorgungsmangel trifft
die Frauen besonders hart, denn neben Hausarbeit und Kindererziehung
sorgen die meisten auch für den Lebensunterhalt der Familie - im
unverändert sehr patriarchalischen Albanien bekommen sie dabei wenig
Unterstützung von ihren Ehemännern.
Fabiola Laço-Egro war zusammen mit anderen VetreterInnen von
Hilfsorganisationen zu Gast am Osteuropa-Tag von HEKS. Das Hilfswerk
der Evangelischen Kirchen Schweiz arbeitet seit vielen Jahren mit
Partnerorganisationen wie „Useful to Albanian Women" zusammen, die
sich für Gleichberechtigung und Demokratisierungsprozesse einsetzen.
In der Wirtschaftskrise regiert der Überlebenskampf
Schon die beiden Morgenreferate verdeutlichten, was die rund 200
Interessierten ahnten: Arbeitslosigkeit und Rezession sind ein
schlechter Nährboden für Demokratisierungsprozesse. „ Wir Frauen
wären bereit, aber die Rezession bindet uns an den Herd zurück",
sagte Svenka Savic', Psycholinguistin an der Universität Novi Sad.
Sie ist eine der ganz grossen Ausnahmen: Nur ganz wenige Frauen in
Osteuropa sitzen an wichtigen Schnittstellen in Politik und
Wirtschaft. „Impulse für Reformen kommen vor allem von den Frauen",
so die Erfahrung von Lidija Basta Fleiner, Dozentin an der
Universität Fribourg, „ zur Zeit fehlt ihnen aber die Kraft dazu,
weil sie sich im alltäglichen Überlebenskampf aufreiben."
Den Teufelskreis durchbrechen
Was vor mehr als zehn Jahren so hoffnungsvoll begann, droht durch
wirtschaftliche Zwänge wieder erstickt zu werden - ein Teufelskreis,
der auch von anderen Gästen aus Osteuropa eindrücklich beschrieben
wurde. Hamide Latifi etwa, Leiterin des Hilfswerks „Women for Women"
in Prishtina, schilderte, wie viele Kriegswitwen aus Tradition in
Abhängigkeit von der Familie ihres verstorbenen Mannes getrieben
werden und sich so nie eine eigene Existenz aufbauen können. „Wir
haben zwar ein neues Gesetz, das die Stellung der Kriegswitwen
verbessern würde, aber es wird nie angewendet", sagte die engagierte
Frauenrechtlerin Latifi.
„Wir können die Entwicklung in Osteuropa nicht beeinflussen", so
das Fazit von Franz Schüle, Zentralsekretär von HEKS, „ aber wir
können mithelfen, Spannungen abzubauen, indem wir unseren
Partnerorganisationen vor Ort den Rücken stärken und sie unterstützen
in ihren Bemühungen für mehr Demokratie und Gleichberechtigung."

Kontakt:

Kurt Sommerhalder
Mobile: +41/79/469'92'21